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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gespielt hatte wie Wilma.
    »Es ist halb vier«, sagte er. »Nicht die rechte Zeit, um über Dinge zu reden, die man vielleicht hätte tun können.« Er zögerte einen Moment, bevor er weitersprach. »Wie ich von John LaPointe hörte, hat Nettie heute morgen – inzwischen gestern morgen – etwas über Wilma zu dir gesagt. Was war es?«
    Polly überlegte. »Nun, ich wußte nicht, daß es etwas über Wilma war – jedenfalls da noch nicht. Nettie brachte mir eine Lasagne. Und meine Hände – meine Hände waren sehr schlimm. Sie sah es sofort. Nettie ist – war – in manchen Dingen etwas vernebelt, aber verbergen konnte ich nichts vor ihr.«
    »Sie hat dich sehr geliebt«, sagte Alan nachdrücklich, und das löste neuerliches Schluchzen aus. Er hatte gewußt, daß das der Fall sein würde, genau wie er wußte, daß manche Tränen geweint werden müssen, ohne Rücksicht auf die Stunde – solange das nicht geschieht, wüten und brennen sie innerlich.
    Nach einer Weile war Polly imstande, weiterzureden. Und während sie es tat, legten sich ihre Hände wieder um Alans Hals.
    »Sie schleppte diese blöden Heizhandschuhe an, und diesmal schienen sie wirklich zu helfen – auf jeden Fall scheint die Krise jetzt vorüber zu sein -, und dann machte sie Kaffee. Ich fragte sie, ob sie nicht zu Hause zu tun hätte, und sie sagte, das hätte sie nicht. Sie sagte, Raider hielte Wache, und dann sagte sie so etwas wie >Ich denke, sie wird mich jetzt in Ruhe lassen. Ich habe nichts von ihr gehört oder gesehen, also nehme ich an, sie hat es endlich begriffen. < Das ist nicht wörtlich, Alan, aber dem Sinne nach stimmt es.«
    »Wann ist sie gekommen?«
    »Ungefähr Viertel nach zehn. Vielleicht etwas früher oder später, aber nicht viel. Weshalb, Alan? Hat es etwas zu bedeuten?«
    Als Alan zwischen die Laken geglitten war, hatte er geglaubt, zehn Sekunden, nachdem sein Kopf das Kissen berührt hatte, schlafen zu können. Jetzt war er wieder hellwach und dachte angestrengt nach.
    »Nein«, sagte er nach kurzem Zögern. »Ich glaube nicht, daß es etwas zu bedeuten hat – außer daß sich Nettie in Gedanken mit Wilma beschäftigte.«
    »Ich kann es einfach nicht glauben. Ihr Zustand schien sich so sehr gebessert zu haben. Weißt du noch, daß ich dir erzählt habe, daß sie am Donnerstag sogar den Mut aufgebracht hat, allein zu Needful Things zu gehen?«
    »Ja.«
    Sie gab ihn frei und drehte sich auf den Rücken. Als sie es tat, hörte Alan ein leises, metallisches Klicken, und wieder dachte er sich nichts dabei. Sein Verstand untersuchte nach wie vor das, was Polly ihm gerade erzählt hatte, drehte es erst in die eine und dann die andere Richtung – wie ein Juwelier, der einen zweifelhaften Stein untersucht.
    »Um die Beerdigung werde ich mich kümmern müssen«, sagte sie. »Nettie hat Verwandte in Yarmouth – ein paar zumindest -, aber die wollten nichts mir ihr zu tun haben, als sie noch am Leben war. Jetzt, da sie tot ist, wollen sie vermutlich erst recht nichts mir ihr zu tun haben. Aber ich muß sie am Morgen anrufen. Darf ich in Netties Haus, Alan? Ich glaube, sie hatte ein Adreßbuch.«
    »Ich fahre mit dir hin. Du darfst nichts mitnehmen, jedenfalls nicht, bevor Dr. Ryan seinen Autopsiebericht abgegeben hat, aber ich glaube, niemand hat etwas dagegen, wenn du dir ein paar Telefonnummern notierst.«
    »Ich danke dir.«
    Plötzlich kam ihm ein Gedanke. »Polly, wann ist Nettie von hier fortgegangen?«
    »Viertel vor elf, glaube ich. Es könnte auch bereits elf gewesen sein. Ich glaube nicht, daß sie eine volle Stunde geblieben ist. Warum?«
    »Nichts«, sagte er. Ihm war nur etwas durch den Kopf geschossen. Wenn Nettie lange genug bei Polly geblieben wäre, hätte sie vielleicht nicht die Zeit gehabt, nach Hause zurückzukehren, ihren Hund tot vorzufinden, die Steine zu sammeln, die Zettel zu schreiben, sie an den Steinen zu befestigen, zu Wilmas Haus hinüberzugehen und die Fenster einzuwerfen. Aber wenn Nettie Polly um Viertel vor elf verlassen hatte, dann hätte sie mehr als zwei Stunden Zeit gehabt. Massenhaft Zeit.
    Hey, Alan! meldete sich die Stimme – die mit der falschen Fröhlichkeit, die ihre Bemerkungen normalerweise auf das Thema Annie und Todd beschränkte – zu Wort. Wie kommst du auf die Idee, dir diese Sache selbst zusammenreimen zu wollen, alter Freund?
    Und Alan wußte es nicht. Da war noch etwas, was er nicht wußte – wie hatte Nettie es überhaupt geschafft, die Ladung Steine zum Haus der Jerzycks

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