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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wäre.«
    »Ja«, sagte Alan.
    »Aber solche Spekulationen erübrigen sich, wenn Sie den Jungen finden können. Sie können ihn doch finden, oder?«
    »Da bin ich ziemlich sicher. Wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich warten, bis die Schule aus ist. Wie Sie sagten – ihm Angst einzujagen, bringt uns nicht weiter.«
    »Ist mir recht; die beiden Damen gehen sowieso nirgendwo anders hin als in die Erde. Die Reporter schwirren hier herum, aber sie sind nur lästig – ich klatsche sie weg wie Fliegen.«
    Alan schaute gerade noch rechtzeitig aus dem Fenster, um zu sehen, wie ein Übertragungswagen von WMTM-TV langsam vorbeifuhr, wahrscheinlich zum Haupteingang des Gerichts um die Ecke herum.
    »Ja, hier sind sie auch«, sagte er.
    »Können Sie mich bis fünf anrufen?«
    »Bis vier«, sagte Alan. »Danke, Henry.«
    »Nichts zu danken«, sagte Henry Payton und legte auf.
    Alans erster Gedanke war, zu Norris Ridgewick zu gehen und ihm alles zu erzählen – Norris war, wenn schon nichts anderes, ein verdammt guter Resonanzboden. Doch dann fiel ihm ein, daß Norris vermutlich mit seiner neuen Angelrute in der Hand irgendwo am Castle Lake saß.
    Er ließ noch ein paar Schattentiere über die Wand wandern, dann stand er auf. Er spürte ein seltsames Unbehagen. Es würde nicht schaden, einmal um den Block zu fahren, in dem sich die Morde ereignet hatten. Vielleicht würden ihm, wenn er die Häuser betrachtete, noch weitere Familien mit Jungen in der entsprechenden Altersgruppe einfallen. Und vielleicht traf das, was Henry über Jungen gesagt hatte, auch auf Polinnen mittleren Alters zu, die ihre Kleider bei Lane Bryant kauften. Jill Mislaburski würde sich vielleicht besser erinnern können, wenn sie von jemandem mit einem vertrauten Gesicht befragt wurde.
    Er schickte sich an, seinen Uniformhut vom Kleiderständer neben der Tür zu holen, dann ließ er ihn, wo er war. Vielleicht ist es besser, dachte er, wenn ich nicht ganz so amtlich aussehe. Und was das betraf, wäre es vielleicht kein schlechter Gedanke, mit dem Kombi zu fahren.
    Er verließ sein Büro und blieb dann im Dienstraum verblüfft stehen. John LaPointe hatte seinen Schreibtisch und den Raum um ihn herum in etwas verwandelt, das aussah, als erforderte es den Einsatz der Katastrophenhilfe des Roten Kreuzes. Überall waren Papiere gestapelt. Die Schubladen waren übereinander geschichtet und bildeten auf Johns Schreibtischunterlage einen Babylonischen Turm, der den Eindruck machte, als könnte er jede Sekunde einstürzen. Und John, normalerweise der fröhlichste Polizist, den man sich vorstellen konnte, hatte ein rotes Gesicht und fluchte.
    »Ich muß Ihnen den Mund mit Seife auswaschen, Johnny«, sagte Alan lächelnd.
    John fuhr zusammen, dann drehte er sich um. Er erwiderte Alans Lächeln mit einem eigenen, das schamhaft und verzweifelt zugleich war. »Tut mir leid, Alan. Ich...«
    Dann bewegte sich Alan. Er durchquerte den Raum mit derselben lautlosen, geschmeidigen Schnelligkeit, die Polly Chalmers am Freitagabend so verblüfft hatte. John LaPointes Mund öffnete sich. Dann sah er aus dem Augenwinkel heraus, was Alan vorhatte – die obersten Schubladen des Turms, den er gebaut hatte, kippten herunter.
    Alan war nicht schnell genug, um die erste Schublade zu erwischen. Sie landete auf seinen Füßen und verstreute Papiere, Kugelschreiber und jede Menge Heftklammern. Zwei weitere Schubladen hielt er mit den Handflächen an der Seite von Johns Schreibtisch fest.
    »Heiliger Gott, Alan! Das war eine Meisterleistung!« rief John.
    »Danke, John«, sagte Alan mit einem gequältem Lächeln. Die Schubladen begannen abzurutschen. Fester zuzudrükken hatte keinen Sinn; dann verschob sich nur der Schreibtisch. Außerdem taten ihm die Zehen weh. »Machen Sie mir soviel Komplimente, wie Sie wollen. Aber zwischendurch könnten Sie vielleicht die verdammte Schublade von meinen Füßen herunterholen.«
    »Oh! Scheiße! Natürlich!« John beeilte sich, es zu tun. In seinem Eifer, die Schublade aufzuheben, stieß er Alan an. Alan verlor den unsicheren Halt über die beiden Schubladen, die er aufgefangen hatte. Sie landeten gleichfalls auf seinen Füßen.
    »Au!« brüllte Alan. Er wollte nach seinem rechten Fuß greifen und kam dann zu dem Schluß, daß der linke noch mehr weh tat. »Verdammter Mist!«
    »Herrgott, Alan, es tut mir leid!«
    »Was haben Sie da drin?« fragte Alan und hüpfte mit dem linken Fuß in der Hand beiseite. »Den halben Steinbruch von Castle

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