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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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dem angespannten Interesse von Zuschauern bei einem Tennismatsch in Wimbledon beobachteten.
    »Das«, sagte er, »wird sich finden.« Seine Stimme klang immer noch freundlich, aber jetzt war sie außerdem auch ein wenig herausfordernd.
    Diesmal betrachtete Cyndi Rose die Vase eingehender. Steffie Bonsaint flüsterte ihr etwas ins Ohr. Cyndi Rose nickte.
    »Siebzehn Dollar«, sagte sie. Die Vase sah aus, als wäre sie fünfzig Dollar wert; ein Bostoner Antiquitätengeschäft würde sie vermutlich mit hundertachtzig Dollar auszeichnen.
    Gaunt legte die Fingerspitzen unter dem Kinn zusammen – eine Geste, die Brian Rusk wiedererkannt hätte. »Ich glaube, ich müßte mindestens fünfundvierzig haben«, erklärte er mit leichtem Bedauern.
    Cyndi Roses Augen leuchteten auf; da lagen Möglichkeiten. Anfangs hatte sie in der Lalique-Vase nicht mehr gesehen als einen Gegenstand flüchtigen Interesses, kaum mehr als ein weiteres Unterhaltungs-Brecheisen, das man bei einem mysteriösen Mr. Gaunt ansetzen konnte. Jetzt betrachtete sie sie eingehender und sah, daß es wirklich ein schönes Stück war, das in ihrem Wohnzimmer genau am rechten Ort stehen würde. Die Blumengirlande, die den langen Hals der Vase umgab, paßte genau zur Farbe ihrer Tapete. Bis Gaunt auf ihr Angebot mit einem Preis reagiert hatte, der nur ein Fingerbreit außerhalb ihrer Reichweite lag, war ihr nicht bewußt gewesen, daß ihr an der Vase soviel lag, wie sie jetzt glaubte.
    Sie beriet sich mit ihren Freundinnen.
    Gaunt beobachtete sie, sanft lächelnd.
    Das Glöckchen über der Tür bimmelte, und zwei weitere Damen kamen herein.
    Der erste reguläre Geschäftstag von Needful Things hatte begonnen.

6
     
    Als der Ash Street Bridge Club zehn Minuten später Needful Things verließ, trug Cyndi Rose Martin einen Plastikbeutel. Darin befand sich, in Seidenpapier eingewickelt, die Lalique-Vase. Sie hatte sie für einunddreißig Dollar plus Mehrwertsteuer erworben, fast ihr gesamtes Nadelgeld, aber sie war so glücklich darüber, daß sie fast schnurrte.
    Gewöhnlich überkamen sie nach einem derartigen Impulskauf Zweifel und ein Anflug von Scham, die Gewißheit, daß sie, wenn schon nicht regelrecht betrogen, so doch ein wenig übers Ohr gehauen worden war; aber heute nicht. Dies war ein Handel, bei dem sie voll auf ihre Kosten gekommen war. Mr. Gaunt hatte sie sogar aufgefordert, wiederzukommen, hatte gesagt, er hätte ein Gegenstück zu dieser Vase, das mit einer Sendung im Laufe der Woche eintreffen würde – vielleicht schon morgen! Die, die sie gekauft hatte, würde auf dem kleinen Tisch in ihrem Wohnzimmer wunderbar aussehen, aber wenn sie zwei hatte, dann würde sie sie an beiden Enden des Kaminsims aufstellen, und das wäre eine Wucht.
    Auch ihre drei Freundinnen waren der Ansicht, daß sie ein gutes Geschäft gemacht hätte, und obwohl sie ein wenig enttäuscht waren, weil sie so wenig über Mr. Gaunts Herkunft erfahren hatten, hatten sie doch, aufs Ganze gesehen, eine recht gute Meinung von ihm.
    »Er hatte wunderschöne grüne Augen«, sagte Francie Pelletier ein wenig verträumt.
    »Waren sie grün?« fragte Cyndi Rose leicht verblüfft. Sie selbst hatte gedacht, sie wären grau. »Ist mir nicht aufgefallen.«

7
     
    Am späten Nachmittag erschien Rosalie Drake von You Sew and Sew in ihrer Kaffeepause in Needful Things, begleitet von Pollys Haushälterin Nettie Cobb. Im Laden waren mehrere Frauen, die sich umschauten, und in der hinteren Ecke durchstöberten zwei Jungen von der Castle County High School einen Pappkarton mit Comic-Heften und tauschten aufgeregt murmelnd Bemerkungen aus – es war erstaunlich, wie viele der Stücke, die sie zum Vervollständigen ihrer Sammlungen brauchten, hier vorhanden waren; darin waren sie sich völlig einig. Sie hofften nur, daß sich die Preise als nicht zu hoch erweisen würden. Aber um das zu erfahren, mußten sie fragen, denn an den Kunststoffhüllen, in denen die Hefte steckten, klebten keine Preisschilder.
    Rosalie und Nellie begrüßten Mr. Gaunt, und Gaunt bat Rosalie, Polly nochmals für die Torte zu danken. Sein Blick folgte Nettie, die sich nach dem Bekanntmachen entfernt hatte und nun etwas sehnsüchtig eine kleine Kollektion von Buntglas betrachtete. Er ließ Rosalie stehen, die das Foto von Elvis neben dem VERSTEINERTEN HOLZ AUS DEM HEILIGEN LAND betrachtete, und trat zu Nettie.
    »Mögen Sie Buntglas, Miss Cobb?« fragte er leise.
    Nettie fuhr ein wenig zusammen – sie hatte das Gesicht und

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