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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schwere Probleme!«
    Das Kreischen stieg wieder in die Luft. Auf der Lower Main Street scharten sich Leute zusammen. Norris schaute zu ihnen hin, dann sah er Alan an. Seine Augen waren wieder klar geworden. Alan nahm es erleichtert zur Kenntnis; Norris sah wieder aus wie er selbst. Mehr oder weniger.
    »Was ist los, Alan? Hat es etwas mit ihm zu tun?« Er deutete mit einer Kinnbewegung auf den Cadillac. Buster stand dort, musterte sie wütend und zerrte mit der freien Hand an der Handschelle an seinem Handgelenk. Das Kreischen schien er überhaupt nicht gehört zu haben.
    »Nein«, sagte Alan. »Nicht das mindeste. Haben Sie Ihre Waffe?«
    Norris schüttelte den Kopf.
    Alan öffnete sein Holster, zog seinen 38er Dienstrevolver und händigte ihn Norris aus.
    »Was ist mit Ihnen, Alan?« fragte Norris.
    »Ich möchte die Hände frei haben. Kommen Sie, gehen wir. Hugh Priest ist im Büro, und er ist übergeschnappt.«

20
     
    Hugh Priest war tatsächlich übergeschnappt – daran war kaum zu zweifeln -, aber er war gute drei Meilen vom Gebäude der Stadtverwaltung von Castle Rock entfernt.
    »Reden wir über...« setzte er an, und das war der Augenblick, in dem Henry Beaufort wie ein Schachtelmännchen hinter der Theke emporschnellte. Die rechte Seite seines Hemdes war von Blut durchtränkt, und er hatte die Schrotflinte erhoben.
    Henry und Hugh feuerten gleichzeitig. Das Knallen der automatischen Pistole ging im diffusen Aufbrüllen der Schrotflinte unter. Rauch und Feuer sprangen aus dem verstümmelten Lauf. Hugh wurde emporgehoben und durch den Raum geschleudert; seine nackten Füße schleiften, seine Brust war nur noch ein zerfallender Sumpf aus rotem Unrat. Die Pistole flog ihm aus der Hand. Die Enden des Fuchsschwanzes brannten.
    Henry wurde gegen das Regal hinter der Theke geschleudert, als Hughs Geschoß seine rechte Lunge durchbohrte. Rings um ihn herum stürzten Flaschen herab und zerbrachen. Eine große Taubheit ergriff von seiner Brust Besitz. Er ließ die Schrotflinte fallen und taumelte zum Telefon. Die Luft war voll von irren Gerüchen; ausgelaufener Alkohol und glimmendes Fuchshaar. Henry versuchte, den Atem einzuziehen, und obwohl sich sein Brustkorb hob, bekam er keine Luft. Es gab ein dünnes, pfeifendes Geräusch, als das Loch in seiner Brust Wind einsaugte.
    Das Telefon schien tausend Pfund zu wiegen, aber er schaffte es schließlich, den Hörer ans Ohr zu bekommen und auf den Knopf zu drücken, der automatisch die Nummer des Sheriffbüros wählte.
    Das Telefon läutete – läutete – läutete.
    »Was zum Teufel ist los mit euch?« keuchte Henry mühsam. »Ich sterbe hier! Geht doch endlich ans Telefon!«
    Aber das Telefon läutete einfach weiter.

21
     
    Norris holte Alan auf halber Höhe der Gasse ein, und sie betraten gemeinsam den kleinen Parkplatz der Stadtverwaltung. Norris hielt Alans Dienstrevolver mit dem gestreckten Finger am Abzugsbügel; der kurze Lauf zeigte in den heißen Oktoberhimmel. Auf dem Parkplatz stand Sheila Brighams Saab neben Wagen Vier, John LaPointes Streifenwagen, aber das war alles. Alan fragte sich, wo Hughs Wagen sein mochte, und dann wurde die Seitentür des Sheriffbüros aufgerissen. Jemand schoß heraus, der die Schrotflinte aus Alans Büro in blutigen Händen hielt. Norris senkte die kurzläufige 38er und legte den Finger auf den Abzug.
    Alan registrierte zwei Dinge auf einmal. Das erste war, daß Norris schießen würde. Das zweite war, daß die kreischende Person mit der Flinte nicht Hugh Priest war, sondern Sheila Brigham.
    Alan Pangborns geschulte Reflexe retteten Sheila an diesem Nachmittag das Leben, aber es war eine Sache von Sekunden. Er versuchte nicht einmal, zu schreien oder auch nur den Pistolenlauf mit der Hand beiseite zu schieben. Beides hätte wenig Aussicht auf Erfolg gehabt. Statt dessen schob er den Ellenbogen vor und riß ihn dann hoch wie ein Mann, der bei einem ländlichen Vergnügen einen wilden Tanz aufführt. Er traf Norris’ Hand einen Augenblick, bevor Norris feuerte, und schlug den Lauf nach oben. Der Pistolenschuß hörte sich in dem umschlossenen Hof an wie ein verstärkter Peitschenknall. Im Büro der Versorgungsbetriebe im ersten Stock zerklirrte ein Fenster. Dann ließ Sheila die Schrotflinte fallen, mit der sie Lester Priest erschlagen hatte, und rannte schreiend und weinend auf sie zu.
    »Jesus«, sagte Norris mit einer kleinen, schockierten Stimme. Sein Gesicht war so weiß wie Papier, als er Alan die Waffe mit dem Kolben

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