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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sich fassungslos um. Der Raum sah aus, als hätte eine Punk-Gruppe – die Sex Pistols, vielleicht die Cramps – darin eine Party gefeiert, zusammen mit ihren Fans.
    »Was...«, begann er, und dann brachte er kein Wort mehr heraus. Er brauchte es auch nicht. Er wußte, was . Es war der Koks. Mußte es sein. Er hatte sich seit sechs Jahren beim Lehrkörper von Castle Rock High als Dealer betätigt (nicht alle Lehrer wußten das Zeug zu schätzen, das Ace manchmal Bolivianischen Bingo-Staub nannte, aber diejenigen, die es zu schätzen wußten, waren Großabnehmer), und er hatte eine halbe Unze fast reinen Kokains unter seiner Matratze versteckt. Es war der Koks, ganz bestimmt. Jemand hatte geredet, und ein anderer war scharf darauf gewesen. George war, als hätte er das bereits gewußt, als er in die Auffahrt einbog und das zerbrochene Küchenfenster sah.
    Er durchquerte das Zimmer und riß mit Händen, die sich völlig taub anfühlten, die Matratze hoch. Nichts darunter. Der Koks war fort. Koks im Wert von nahezu zweitausend Dollar – fort. Er ging wie ein Schlafwandler ins Badezimmer, um nachzusehen, ob sich sein eigener kleiner Vorrat noch in dem Anacin-Glas auf dem obersten Bord des Medizinschränkchens befand. Er hatte es noch nie so dringend gebraucht wie gerade jetzt.
    Er erreichte die Schwelle und blieb mit weit aufgerissenen Augen stehen. Es war nicht das Chaos, das seine Aufmerksamkeit auf sich lenkte, obwohl auch in diesem Raum das Unterste zuoberst gekehrt worden war. Es war die Toilette. Der Sitz war heruntergeklappt, und er war dünn mit weißem Pulver bestäubt.
    George hatte so eine Ahnung, daß es sich bei dem weißen Pulver nicht um Babypuder handelte.
    Er ging zur Toilette hinüber, feuchtete einen Finger an und tippte damit in den Staub. Dann steckte er den Finger in den Mund. Seine Zungenspitze wurde fast sofort taub. Auf dem Boden zwischen der Toilette und der Badewanne lag ein leerer Plastikbeutel. Das Bild war klar. Irre, aber klar. Jemand war hereingekommen, hatte den Koks gefunden – und dann in den Lokus geschüttelt und weggespült. Weshalb? Weshalb? Er wußte es nicht, aber wenn er die Person fand, die das getan hatte, dann würde er sie fragen. Kurz bevor er ihr den Kopf abriß. Das konnte auf keinen Fall schaden.
    Sein eigener Drei-Gramm-Vorrat war unversehrt. Er nahm ihn mit aus dem Badezimmer heraus und blieb dann wieder wie angewurzelt stehen, als ihn ein neuerlicher Schock traf. Als er von der Diele aus das Schlafzimmer durchquerte, hatte er diese spezielle Schandtat nicht entdeckt, aber aus diesem Blickwinkel war sie nicht zu übersehen.
    Er blieb einen langen Augenblick da stehen, wo er sich gerade befand, mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen und krampfhaft arbeitender Kehle. Das Nest aus Adern an seinen Schläfen begann rapide zu schlagen, wie die Flügel kleiner Vögel. Endlich brachte er ein einziges, ersticktes Wort heraus:
    »... Mom...!«
    Unten, hinter George T. Nelsons hafermehlfarbenem Sofa, schlief Frank Jewett.

30
     
    Die Zuschauer auf der Lower Main Street, auf den Gehsteig hinausgelockt durch das Gekreisch und den Schuß, wurden jetzt mit einem neuen Spektakel unterhalten: der Flucht des Vorsitzenden ihres Stadtrates.
    Buster beugte sich in seinen Cadillac, so weit er konnte, und drehte den Zündschalter in die EIN-Position. Dann drückte er auf den Knopf, der das Fenster an der Fahrerseite heruntergleiten ließ. Er schloß die Tür wieder und begann, sich durch das Fenster hineinzuwinden.
    Er steckte noch immer von den Knien abwärts draußen, wobei sein linker Arm von der Handschelle um den Türgriff in einem scharfen Winkel hinter ihm zurückgezogen war und die Kette auf seinem massigen linken Oberschenkel lag, als Scott Garson herankam.
    »Also, Danforth«, sagte der Bankier ein wenig zögerlich, »ich glaube nicht, daß Sie das tun sollten. Sie sind doch offensichtlich verhaftet.«
    Buster schaute unter der rechten Achselhöhle hindurch, roch sein eigenes Aroma – das inzwischen ziemlich pikant roch, wirklich ziemlich pikant – und sah Garson auf dem Kopf stehend. Er stand direkt hinter Buster, und er sah aus, als hätte er möglicherweise vor, Buster aus seinem eigenen Wagen herauszuzerren.
    Buster zog seine Beine so weit an, wie er konnte, und dann ließ er sie vorschnellen, kraftvoll wie ein Pony, das auf der Weide herumtollt und ausschlägt. Die Absätze seiner Schuhe trafen Garsons Gesicht mit einem Knall, den Buster als überaus befriedigend

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