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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zurück, ganz langsam, zu einer häßlichen Grimasse.
    Er stand auf und sah den Markierungsstein, der mit der Erdseite nach oben dalag. Er war beiseite geworfen worden. Jemand war vor ihm dagewesen – und so, wie es aussah, vor gar nicht langer Zeit. Jemand war ihm zuvorgekommen.
    »Nein«, flüsterte er. Das Wort fiel aus seinem verzerrten Mund wie ein Tropfen krankes Blut. »Nein!«
    Nicht weit von der Schaufel und dem umgedrehten Stein entfernt entdeckte Ace ein Häufchen loser Erde, die gleichgültig in ein Loch zurückgeschaufelt worden war. Sowohl sein eigenes Werkzeug als auch die Schaufel, die der Dieb zurückgelassen hatte, ignorierend, fiel Ace wieder auf die Knie und scharrte Erde aus dem Loch. Im Handumdrehen hatte er die Crisco-Dose gefunden.
    Er holte sie heraus und hebelte den Deckel ab.
    Es war nichts darin – außer einem weißen Umschlag.
    Ace holte ihn heraus und riß ihn auf. Zwei Dinge flatterten heraus: ein zusammengefaltetes Blatt Papier und ein kleinerer Umschlag. Ace ließ den zweiten Umschlag fürs erste außer acht und entfaltete das Papier. Sein Unterkiefer sackte herab, als er oben auf dem Blatt seinen eigenen Namen las.
    Ace, alter Freund,
    natürlich bin ich nicht sicher, ob Sie dies finden werden, aber es gibt kein Gesetz, das Hoffen verbietet. Sie nach Shawshank zu schicken, hat Spaß gemacht, aber dies war sogar noch besser. Ich wollte, ich könnte Ihr Gesicht sehen, wenn Sie dies gelesen haben!
    Kurz nachdem ich Sie eingebuchtet hatte, stattete ich Pop einen Besuch ab. Das habe ich ziemlich oft getan – allmonatlich, um genau zu sein. Wir hatten eine Abmachung; er gab mir hundert im Monat, und ich ließ ihn mit seinem ungesetzlichen Geldverleih weitermachen. Alles sehr zivilisiert. Im Laufe dieser Zusammenkunft entschuldigte er sich, um auf die Toilette zu gehen – >was Falsches gegessen<, sagte er. Ha-ha! Ich nutzte die Gelegenheit, um einen Blick in seinen Schreibtisch zu werfen, den er unverschlossen gelassen hatte. Eine derartige Sorglosigkeit sah ihm gar nicht ähnlich, aber ich glaube, er hat gefürchtet, es könnte in die Hose gehen, wenn er nicht sofort sein >stilles Örtchen< aufsuchte.
    Ich fand nur einen Gegenstand von Interesse, aber das war eine Wucht. Es sah aus wie eine Karte. Es waren eine Menge Kreuze darauf, aber eines dieser Kreuze – dasjenige, das diese Stelle kennzeichnete – war rot umrandet. Ich legte die Karte zurück, bevor Pop wieder auftauchte. Er hat nie erfahren, daß ich sie gesehen hatte. Nachdem er gestorben war, bin ich hergekommen und habe diese Crisco-Dose ausgegraben. Es waren mehr als zweihunderttausend Dollar darin, Ace. Aber lassen Sie sich deshalb keine grauen Haare wachsen – ich habe beschlossen, das Geld gerecht zu teilen, und lasse ihnen genau das zukommen, was Sie verdienen.
    Willkommen in der Stadt, Ace-Loch!
    Ihr ergebener
Alan Pangborn
Sheriff von Castle County
     
    PS. Noch ein Wort an den Klugen: jetzt, da Sie Bescheid wissen, tragen Sie’s mit Fassung und vergessen Sie das Ganze. Sie wissen doch, wer etwas findet, der darf es auch behalten. Und wenn Sie je versuchen sollten, mir wegen des Geldes Ihres Onkel in die Quere zu kommen, dann reiße ich Ihnen ein neues Arschloch auf und stopfe Ihren Kopf hinein.
    Darauf können Sie sich verlassen.
    A. P.
    Ace ließ das Blatt Papier aus seinen tauben Fingern gleiten und öffnete den zweiten Umschlag.
    Eine einzelne Dollarnote fiel heraus.
    Ich habe beschlossen, das Geld gerecht zu teilen, und lasse Ihnen genau das zukommen, was Sie verdienen.
    »Du verlauster Bastard!« flüsterte Ace und ergriff die Dollarnote mit zitternden Fingern.
    Willkommen in der Stadt, Ace-Loch!
    »Du HURENSOHN!« kreischte Ace so laut, daß er spürte, wie sich etwas in seiner Kehle verzerrte und beinahe zerriß. Das Echo kam undeutlich zurück:... sohn... sohn... sohn...
    Er wollte den Dollar zerreißen, dann zwang er seine Finger, sich zu entspannen.
    Nein. Lieber nicht.
    Er würde ihn aufbewahren. Der Hurensohn hatte Pops Geld gewollt, richtig? Hatte gestohlen, was von Rechts wegen Pops einzigem noch lebendem Verwandten gehörte, richtig? Na schön. Aber er sollte alles bekommen. Ace hatte vor, dafür zu sorgen, daß der Sheriff genau das bekam. Und deshalb würde er, nachdem er dem Schwein mit seinem Taschenmesser die Hoden abgesäbelt hatte, diese Dollarnote in das blutige Loch stopfen, in dem sie gesessen hatten.
    »Du willst das Geld, Daddy-O?« fragte Ace mit leiser, nachdenklicher Stimme.

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