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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Platten stand. Sah aus, als hätte sie jemand mit einem Messer zerfetzt.« Clut hatte die Achseln gezuckt und das Trümmerfeld betrachtet, das einmal ein aufgeräumtes Sheriffbüro gewesen war. »Vielleicht hat er gedacht, Henry Beaufort hätte es getan.«
    Ja, dachte Alan jetzt. Vielleicht war es so. Es war verrückt. Aber war es verrückter als Wilma Jerzycks Überzeugung, daß Nettie Cobb zuerst ihre Laken mit Schlamm beworfen und dann Steine durch die Fenster ihres Hauses geschleudert hätte? Verrückter als Netties Überzeugung, daß Wilma ihren Hund umgebracht hätte?
    Bevor er Gelegenheit gehabt hatte, Clut weitere Fragen zu stellen, war Henry Payton hereingekommen und hatte Alan so freundlich, wie er konnte, informiert, daß er den Fall übernähme. Alan hatte genickt. »Da ist etwas, das Sie so bald wie möglich herausfinden müssen, Henry.«
    »Und das wäre?« hatte Henry gefragt, aber Alan registrierte beklommen, daß Henry ihm nur mit halbem Ohr zuhörte. Sein alter Freund – der erste wahre Freund, den Alan im größeren Kollegenkreis gewonnen hatte, nachdem er zum Sheriff gewählt worden war, und, wie sich im Laufe der Zeit herausstellte, ein sehr wertvoller Freund – konzentrierte sich bereits auf andere Dinge. Unter denen vermutlich die Überlegung, wie er angesichts der weit auseinanderliegenden Ereignisse seine Truppen verteilen sollte, an erster Stelle stand.
    »Sie müssen herausfinden, ob Henry Beaufort ebenso wütend auf Hugh Priest war wie Hugh offensichtlich auf ihn. Sie können ihn jetzt nicht fragen, soweit ich weiß, ist er bewußtlos, aber wenn er aufwacht...«
    »Wird gemacht«, sagte Henry und klopfte Alan auf die Schulter. »Wird gemacht.« Dann, mit erhobener Stimme: »Brooks! Morrison! Zu mir!«
    Alan beobachtete, wie er abzog, und dachte daran, hinter ihm herzugehen. Ihn bei der Schulter zu packen und ihn zu zwingen, ihm zuzuhören. Er tat es nicht, weil Henry und Hugh und Lester und John – und sogar Wilma und Nettie – ihm im Grunde nicht mehr als so wichtig erschienen. Die Toten waren tot; die Verletzten wurden versorgt; die Verbrechen waren begangen worden.
    Alan hatte den grauenhaften, schleichenden Verdacht, daß das eigentliche Verbrechen noch immer begangen wurde.
    Als Henry hinausgegangen war, um seine Männer zu instruieren, hatte Alan Clut wieder zu sich gerufen. Der Deputy kam mit den Händen in den Hosentaschen und einem verdrossenen Ausdruck im Gesicht. »Wir sind abgelöst, Alan«, sagte er. »Aufs Abstellgleis geschoben. Verdammter Mist!«
    »Nicht vollständig«, sagte Alan und hoffte, daß er sich anhörte, als glaubte er das wirklich. »Sie bleiben hier als mein Verbindungsmann, Clut.«
    »Wo wollen Sie hin?«
    »Zum Haus der Rusks.«
    Doch als er dort ankam, waren Brian und Sean Rusk schon nicht mehr da. Die Ambulanz, die sich um den unglücklichen Scott Garson gekümmert hatte, war vorbeigekommen, um Sean mitzunehmen; jetzt war sie unterwegs zum Northern Cumberland Hospital. Harry Samuels zweiter Leichenwagen, ein umgebauter alter Lincoln, hatte Brian Rusk abgeholt und würde ihn zur Autopsie nach Oxford bringen. Harrys besserer Wagen – der, den er als >Firmenwagen< bezeichnete – war bereits mit Hugh und Billy Tupper zum gleichen Bestimmungsort unterwegs.
    Sie werden die Toten in der winzigen Leichenhalle stapeln müssen wie Holzscheite, dachte Alan.
    Erst als er sich im Haus der Rusks befand, wurde Alan bewußt, wie vollständig man ihn beiseitegeschoben hatte. Zwei von Henrys Kriminalbeamte waren vor ihm eingetroffen, und sie ließen keinen Zweifel daran, daß Alan nur bleiben durfte, wenn er nicht versuchte, einen Riemen einzutauchen und ihnen beim Rudern zu helfen. Er hatten einen Moment auf der Schwelle zur Küche gestanden und sie beobachtet, und er war sich dabei so nützlich vorgekommen wie ein drittes Rad an einem Motorroller. Cora Rusks Reaktionen waren langsam, fast wie betäubt. Alan dachte, daß sie vielleicht unter Schock stand oder daß die Krankenpfleger, die ihren überlebenden Sohn ins Krankenhaus transportierten, ihr ein Beruhigungsmittel gegeben hatten, bevor sie abfuhren. Sie erinnerte ihn fatal daran, wie Norris ausgesehen hatte, als er aus dem Fenster seines umgekippten VW herausgeklettert war. Aber ob es nun an einem Sedativum lag oder am Schock – die Detektive konnten nicht viel aus ihr herausholen. Sie weinte nicht eigentlich, aber sie war ganz offensichtlich nicht imstande, sich hinreichend auf ihre Fragen zu konzentrieren,

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