In einer Person
nur
Cruising.)
Wahrscheinlich entstand durch die Häufigkeit, mit der schwule Männer
einander in Arztpraxen begegneten, trotzdem eine Art Gemeinschaft (haha!); aber
ich hatte tatsächlich den Eindruck, dass wir überproportional häufig Gonorrhoe
abbekamen. Ein schwuler Arzt (der mich auf Tripper behandelte) sagte mir sogar
mal, bisexuelle Männer sollten unbedingt Kondome benutzen.
Ich weiß nicht mehr, ob mir der Tripperarzt einen Grund dafür nannte oder ob ich ihn danach fragte;
wahrscheinlich deutete ich seinen griesgrämigen Rat als weiteren Beleg für
Vorurteile gegen Bisexuelle, oder vielleicht kam mir dieser Arzt wie ein
schwuler Dr. Harlow vor. (1968 kannte ich etliche Schwule, deren Ärzte ihnen nicht sagten, sie sollten Kondome benutzen.)
Ich erinnere mich überhaupt nur deshalb daran, weil ich [479] kurz vor
der Veröffentlichung meines ersten Romans stand und gerade einer Frau begegnet
war, an der ich ein gewisses Interesse hatte; parallel traf ich mich auch
ständig mit schwulen Typen. Der Tripperarzt (mit seinem scheinbaren Vorurteil
gegenüber Bisexuellen) war allerdings nicht der Grund, warum ich anfing,
Kondome zu benutzen; sondern es lag an Esmeralda – dank ihr freundete ich mich
mit den Kondomen an. Esmeralda fehlte mir – sie fehlte mir sogar sehr.
Jedenfalls war ich das nächste Mal, als ich von Tom Atkins hörte,
bereits dazu übergegangen, Kondome zu benutzen, und der arme Tom war
verheiratet und hatte Kinder. Als ob das noch nicht schlimm genug wäre,
beschränkte sich unsere Korrespondenz mittlerweile auf Weihnachtskarten! Durch
ein beigelegtes Foto erfuhr ich überhaupt erst, dass er Familie hatte – einen
Sohn und ein Töchterchen. (Selbstredend hatte ich keine Hochzeitseinladung
bekommen.)
Im Winter 1969 erschien mein erster Roman. Die Frau, die ich in New
York etwa um die Zeit kennenlernte, als ich mich zur Kondombenutzung
durchgerungen hatte, lockte mich nach Los Angeles; sie hieß Alice und war
Drehbuchautorin. Irgendwie fand ich es beruhigend, als Alice mir sagte, sie
habe kein Interesse, meinen ersten Roman für den Film zu »bearbeiten«.
»Das überlasse ich gern anderen«, sagte Alice. »Unsere Beziehung
bedeutet mir mehr als die Arbeit.«
Ich hatte Larry die Geschichte erzählt, in der Hoffnung, er bekäme
dann eine bessere Meinung von ihr. (Er war Alice erst einmal begegnet und
mochte sie nicht.)
[480] »Vielleicht solltest du mal drüber nachdenken, Bill, was Alice
wirklich meint«, sagte Larry. »Was ist, wenn sie deinen Roman schon sämtlichen
Studios angeboten hat, und alle haben abgelehnt?«
So brachte mir mein alter Kumpel Larry als Erster bei, dass niemand
meinen ersten Roman je verfilmen würde; er prophezeite mir auch, dass mir das
Leben in L.A. nicht gefallen würde, auch wenn er
wohl in Wirklichkeit meinte (oder hoffte), dass das Zusammenleben mit Alice
nichts für mich wäre. »Sie ist nicht deine Sopran-Zweitbesetzung«, sagte er.
Aber ich wohnte gern mit Alice zusammen – sie war meine erste
Partnerin, die von meiner Bisexualität wusste. Und sagte, dass es ihr nichts
ausmachte. (Sie war selber bisexuell.)
Außerdem war Alice die erste Frau, mit der ich über das
Kinderkriegen redete – aber genau wie ich war sie kein Fan der Monogamie. Mit
dem progressiven Glauben an die dauerhafte Überlegenheit von Freundschaft waren
wir nach Los Angeles gezogen; Alice und ich waren in erster Linie Freunde und
hielten beide das Konzept einer festen Paarbeziehung für vorsintflutlich. Wir
gaben uns gegenseitig Freiraum für Seitensprünge, wenn auch in gewissen
Grenzen: Für Alice ging es in Ordnung, wenn ich was nebenher am Laufen hatte,
solange es nicht mit Frauen war, und ich sagte ihr, dass ich bei ihr nichts
dagegen hätte, solange es keine Männer seien.
»O weh«, hatte Elaine gesagt. »Ich glaub nicht, dass solche
Abmachungen funktionieren.«
Damals hielt ich Elaine für keine Expertin in Sachen [481] »Abmachungen«;
außerdem hatte sie noch 1969 immer wieder Interesse bekundet, mit mir
zusammenzuziehen. Aber auch sie hielt an ihrem Vorsatz fest, keine Kinder
kriegen zu wollen; sie fand Babyköpfe immer noch zu groß.
Zu allem Überfluss glaubten Alice und ich, naiv, wie wir waren, auch
an die dauerhafte Überlegenheit von Schriftstellern. Natürlich betrachteten wir
einander nicht als Rivalen; sie war Drehbuchautorin, ich Romancier. Was konnte
da schon schiefgehen? (»O weh«, wie Elaine sagen würde.)
Ich hatte vergessen, dass ich Alice
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