In einer Person
– von wegen, dass Rachel
sich an mich ranschmeißt. Aber Larry hat sich nie an mich rangeschmissen«,
sagte ich. (Elaine saß am Steuer; sie hatte einen aggressiven Fahrstil und
wurde beim Fahren auch sonst aggressiver.)
»Rachel schleimt sich bei dir ein, und du merkst es nicht mal«,
sagte Elaine. Als ich schwieg, fuhr sie fort: »Wenn du mich fragst, ich finde,
ich hab einen größeren Busen.«
»Größer als –«
»Rachels!«
»Oh!«
Elaine war noch nie sexuell auf jemanden, mit dem ich was hatte,
eifersüchtig gewesen, aber ihr gefiel nicht, dass ich mit einer Schriftsteller in zusammen war, noch dazu jünger als sie – wobei sie
vermutlich auch bei einem Schriftsteller so reagiert hätte.
»Rachel schreibt im Präsens – ›ich bin, sagt sie, er ist, finde
ich‹. Diese Sorte Schrott«, schimpfte Elaine.
[499] »Ja, also –«
»All dieses ›ich denke, wünsche, hoffe, frage mich‹ – Mist!«, rief
Elaine.
»Ja, ich weiß –«, setzte ich an.
»Ich kann nur hoffen, dass sie ihre Orgasmen nicht verbalisiert:
›Billy – ich komme!‹, oder so ’n Quatsch«, grummelte Elaine.
»Na ja, ich erinnere mich nicht daran!«
»Ich denke, Rachel ist eine dieser Professorinnen, die ihre
Studenten bemuttern.«
Elaine unterrichtete schon länger als ich; über pädagogische Fragen
diskutierte ich ebenso wenig mit ihr wie über Mrs. Kittredge. Grandpa Harry war
so großzügig, mir jedes Jahr zu Weihnachten etwas Geld zu schenken. Ich hatte
in Teilzeit an Colleges gelehrt und gelegentlich eine Gastprofessur bekommen,
wenn auch nie länger als ein Semester. Ich lehrte eigentlich ganz gern, ließ
mir aber davon nicht die Zeit zum Schreiben nehmen – wie es vielen befreundeten
Schriftstellern erging, nicht zuletzt Elaine.
»Nur damit du es weißt, Elaine – für mich gibt es mehr Liebenswertes
an Rachel als ihre kleinen Brüste«, sagte ich.
»Das will ich doch hoffen, Billy«, sagte Elaine.
»Bist du im Moment mit jemandem zusammen?«, fragte ich meine alte
Freundin.
»Kennst du den Typen, den Rachel fast geheiratet hätte?«, fragte
Elaine.
»Nicht persönlich«, sagte ich.
»Der hat sich an mich rangemacht«, sagte Elaine.
»Oh!«
[500] »Er hat mir erzählt, Rachel hätte einmal ins Bett gekackt – also
das hat er mir gesagt, Billy«, sagte Elaine.
»Bis jetzt ist so was bei uns noch nicht passiert«, versicherte ich
Elaine. »Aber ich werde mich in Acht nehmen.«
Danach fuhren wir eine Zeitlang schweigend weiter. Als wir den Staat
New York verließen und nach Vermont kamen, etwas westlich von Bennington, lagen
regelmäßig Tierkadaver auf der Straße. Die größeren hatte man an den
Straßenrand geschleift, wo wir sie aber immer noch sehen konnten. Ich erinnere
mich noch an ein paar größere Hirsche und die üblichen Waschbären und
Stachelschweine. Im nördlichen New England geraten massenhaft Tiere unter die
Räder.
»Möchtest du, dass ich fahre?«, fragte ich Elaine.
»Klar – gern«, antwortete Elaine ruhig. Sie fand eine Haltebucht,
und ich übernahm das Steuer. Kurz vor Bennington bogen wir wieder Richtung
Norden ab; es gab mehr Schnee in den Wäldern und mehr tote Tiere auf der Straße
und am Straßenrand.
Wir waren schon weit von New York City entfernt, als Elaine sagte:
»Der Typ wollte gar nichts von mir – die Geschichte mit Rachel, die ins Bett
gekackt hat, hab ich auch erfunden.«
»Schon okay«, sagte ich. »Wir sind schließlich Schriftsteller. Wir
denken uns alles Mögliche aus.«
»Aber ich hab wirklich eine frühere
Studienkollegin von dir getroffen – das ist jetzt eine wahre Geschichte«, sagte
Elaine.
»Wen? Wo hab ich mit ihr zusammen studiert?«, fragte ich.
[501] »Am Institut in Wien – sie hatte auch so ein Auslandsstipendium«,
sagte Elaine. »Als sie dich traf, hast du ihr erzählt, du würdest versuchen,
einer Freundin daheim in den Staaten treu zu bleiben.«
»Das hab ich einigen Frauen erzählt«, gab ich zu.
»Ich hab ihr gesagt, ich wär die Freundin,
der du damals in Wien treu bleiben wolltest«, sagte Elaine.
Darüber mussten wir beide herzlich lachen, aber dann fragte mich
Elaine, wieder ernst: »Weißt du, was diese Frau gesagt hat, Billy?«
»Nein, was denn?«, fragte ich.
»Sie hat gesagt: ›Sie Ärmste !‹ Das hat sie
gesagt – das ist eine wahre Geschichte, Billy«, berichtete mir Elaine.
Ich zweifelte nicht daran. Das Institut war entsetzlich klein; jeder Student dort wusste, dass ich was mit
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