In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)
und Länder in einem unkenntlichen Regenbogen verschwammen.
Schließlich versenkte er den Globus in dem Papierkorb unter seinem Schreibtisch und bedeckte ihn mit zusammengeknüllten Drucksachen, damit er ganz normal entsorgt wurde.
Paula Cioffi hätte als Komikerin auftreten können. Als Graham sie bat, ihren Namen und ihre Adresse sowie ihren Beruf zu nennen, erklärte sie, das Paradestück einer Familienmutter zu sein und außerdem würde sie liebend gern in allen weiteren anstehenden Verhandlungen aussagen, weil sie auf diese Weise endlich mal von ihren Kindern weg käme.
Sie trug ein schrilles, mit lila Blumen bedrucktes Volantkleid und thronte wie eine Königin im Zeugenstand. Immer wieder blickte sie auf die Geschworenen oder starrte voller Mitgefühl zu Jamie hinüber.
Graham spielte mit dem Gedanken, sie einzustellen.
»Mrs. Cioffi«, begann er, »seit wann kannten Sie Maggie?«
Sie verdrehte die Augen nach oben. »Mal sehen. Das war vor Alexandra und Justin; aber die Zwillinge hatte ich schon und mit Chris war ich schwanger.« Jetzt strahlte sie. »Seit acht Jahren.«
»Wie haben Sie sich kennengelernt?«
»Wir waren zusammen in einem Aerobic-Kurs, der in unserer Kirche stattfand. Wie gesagt, ich war schwanger, also habe ich versucht, mich möglichst weit hinten zu halten, wo keiner sehen konnte, wie dämlich ich in meinem Schwangerschafts-Dreß aussah. Maggie blieb ebenfalls hinten, weil sie meinte, sie leide an motorischer Legasthenie und setze immer das rechte Bein vor, wenn bei allen anderen das linke dran war. Wir haben uns köstlich amüsiert und sind gleich nach der ersten Stunde zusammen Kaffee trinken gegangen.« Sie blinzelte zu den Geschworenen hin. »Natürlich nahm ich koffeinfreien!«
»Wie oft haben Sie sich gesehen?«
»Anfangs zweimal die Woche; nach jeder Aerobic-Stunde. Dann hatte ich irgendwann zu viele Kinder, als daß sich noch ein Babysitter auftreiben ließ; deshalb bin ich nicht mehr hingegangen. Danach kam Maggie mich ein paarmal in der Woche besuchen, manchmal auch am Wochenende.«
»Wußten Sie von Maggies Krankheit?«
Pauline nickte. »Aber ja. Eindeutig kam sie nicht mehr so gut zurecht wie früher. Ständig hat sie Schmerzmittel geschluckt, und man konnte sehen, wie ihre Augen manchmal glasig wurden, als wäre da ein Leiden, gegen das die Medikamente nichts ausrichten konnten. Sie wurde eine ganz andere Frau als die, die ich vor acht Jahren kennengelernt habe.« Pauline schöpfte Luft. »Oft hat sie mit mir über ihren Krebs gesprochen. Bei irgendwem mußte sie sich ja die Sache vom Herzen reden, und Jamie wollte sie keine Angst einjagen.«
»Können Sie uns Maggies Ehe beschreiben?«
Audra hob die Hand. »Sie ist keine Therapeutin, Euer Ehren.«
»Nein«, bestätigte Pauline fröhlich. »Nur ein Haushaltsguru. Ich schlage Therapien vor, aber die sind wahnsinnig billig.«
»Ich möchte die Frage anders stellen.« Graham räusperte sich. »Wie haben sich Jamie und Maggie in Ihrer Anwesenheit verhalten?«
Pauline wurde nüchtern. »Jamie hat sehr an ihr gehangen, und sie liebte ihn. Sie haben zu den Paaren gehört, die ganze Gespräche führen können, indem sie sich bloß anschauen, die Brauen lüften und mit den Achseln zucken, verstehen Sie? Wenn man mit ihnen zusammen war, hatte man immer das Gefühl, daß man irgendwie stört.« Sie lächelte. »Ich war unglaublich eifersüchtig. Mein Mann ist der Meinung, es reicht, seine Liebe dadurch zu zeigen, daß er seine Unterwäsche vom Fußboden aufhebt.« Die Geschworenen lachten, und Richter Roarke schoß Pauline einen giftigen Blick zu. »Jedenfalls«, fuhr sie fort, »kann ich mich nicht daran erinnern, daß sie einmal nicht über ihn gesprochen hätte, wenn sie bei mir war. Sie hat gesagt, das Schlimmste am Sterben wäre für sie, ihn zurücklassen zu müssen.«
»Wußte Maggie, daß sie sterben würde?«
›Ja, aber sie wußte nicht wann. Einmal hat sie zu mir gesagt, sie hätte das wirklich gern unter Kontrolle. Und am gleichen Tag hat sie mir verraten, daß sie Jamie bitten würde, sie zu töten.«
Graham sah zu Audra hinüber und überlegte, wie er einen Einspruch umgehen konnte. »Soweit Sie das beurteilen können, Mrs. Cioffi … hatten Sie damals, als Maggie das sagte, das Gefühl, Jamie wäre dazu fähig?«
Audra blieb still. Pauline ebenfalls, wenigstens einen Moment. Sie sah Jamie an, als würde sie, wie früher seine Frau, nur durch ihren Blick zu ihm sprechen. »Ich weiß nicht«, sagte sie
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