In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)
den Bauch und stützte sich auf die Ellbogen. Die Aussicht, diesen Alptraum schließlich doch noch zu kontrollieren, brachte ihre Augen zum Leuchten und ließ ihr Lächeln aufrichtig werden. »Tu es gleich«, bat sie. »Tu es, bevor du den Mut verlierst.«
Jamie drehte ihr den Rücken zu, so daß er sie nicht mehr sehen konnte. »Klar«, knurrte er. »Ich hole schnell mal mein Gewehr und puste dir das Hirn weg. Oder vielleicht lege ich meine Hände um deinen Hals und schüttle dich, bis dir das Genick bricht.«
Er war grausam; das wußte er. Doch er sah keinen anderen Weg als eine Schocktherapie, um sie in die Wirklichkeit zurückzuholen. Maggie schob die Arme unter seine und drückte ihn. »Ein Kissen«, flüsterte sie. »Das tut nicht weh.«
Er schwieg so lange, daß sie schon glaubte, er sei eingeschlafen. Der Morgen kündigte sich bereits an, als Jamie sich wieder umdrehte und sie an sich zog. »Ich möchte noch ein Wochenende mit dir«, erklärte er mit einem Ekelgefühl in der Magengrube angesichts dieses Handels. »Zeit und Ort wähle ich.«
Maggie war einverstanden. Jamie schubste sie weg, lief ins Bad und übergab sich.
Am Samstagvormittag holten sie alles Eßbare aus dem Kühlschrank und machten ein Picknick zum Frühstück. Sie kletterten auf das Dach ihres Hauses, hinten bei dem ausgebauten Giebel, dank dessen sie im obersten Stock keine schmalen, schrägen Decken hatten. Bud Spitlick sah sie, als er seine Zeitung hereinholte, und mahnte sie, bloß vorsichtig zu sein, sonst würden sie herunterfallen. Instinktiv hatte Jamie die Arme fester um Maggie geschlungen, die auf seinem Schoß saß. »Ich könnte mir den Hals brechen«, flüsterte sie ihm zu und fing an zu kichern. »Stell dir vor, wieviel Ärger ich dir dadurch ersparen würde.«
Beide lachten, bis ihnen dämmerte, worüber sie sich da eigentlich amüsierten, und engumschlungen verstummten sie.
Jamie fragte sie, was sie als nächstes unternehmen wollte. Maggie meinte, sie sollte ihre Kleider zusammenpacken; er widersprach, so dürfe sie ihre letzten Tage nicht vergeuden. »Dann machen wir was, was ich noch nie getan habe«, sagte sie, und er fragte sich, was das wohl war: einen Pornofilm ausleihen? Aus einem Flugzeug springen? Nach Florida fahren?
Sie wollte in ein Kino und es in der letzten Reihe mit ihm treiben wie ein Teenager. Jamie wußte nicht mehr, wie der Film hieß, den sie sich aussuchten; das spielte auch keine Rolle. Er knöpfte ihre Bluse auf, ließ seine Finger in ihren Hosenbund gleiten und kam schließlich in Maggies Hand, während der Film grün und blau auf ihrer Haut glühte.
Abends aßen sie in einem teuren Restaurant und fuhren dem Mond hinterher kreuz und quer durch Lenox. Auf eine Eingebung hin und da sie schick gekleidet waren, schmuggelten sie sich in die Hochzeitsfeier eines ihnen völlig unbekannten Paares. Lachend beobachtete Maggie, wie Jamie sich zehn Minuten lang mit dem Vater der Braut unterhielt. Sie tanzten Jitterbug, so wie sie es einmal im Sommer in einem Volkshochschulkurs gelernt hatten – Maggie war die Anstifterin dazu – und wirbelten dabei über die Tanzfläche, bis sich der Schweiß durch Maggies Kleid abzeichnete; erst dann merkten sie, daß die anderen Gäste applaudierten.
Sie fuhren im Auto zu einem Paß in den Berkshires, schliefen dort und erwachten, als sich die Sonne wie süffiger Roséwein in das Tal unter ihnen ergoß. Immer noch in Anzug und Seidenkleid zogen sie sich Schuhe, Socken und Strümpfe aus und spazierten über die Wiese unten am Hügel, suchten nach vierblättrigem Klee, leuchtenden Primeln und flachen glatten Steinen zum Springenlassen. Die Gesichter von der Sonne gerötet, fuhren sie heim und duschten zusammen. Dann setzten sie sich beide aufs Bett und beobachteten, wie die Sterne aufgingen.
Am Montag waren sie schon fast aus dem Haus, als Maggie Jamie am Arm packte und zurück ins Schlafzimmer zog, wo sie ihm die Kleider vom Leib riß, bis er rückwärts mit ihr auf die Matratze fiel und sie mit einer Inbrunst liebte, die zu jeder anderen Zeit der Anfang von mehr gewesen wäre.
Schließlich fuhr er sie nach Wheelock, hielt kurz vor dem Haus seines Cousins, dessen Adresse er aus dem Telefonbuch und dann auf einer Straßenkarte nachgeschlagen hatte. »Er wird sich um mich kümmern«, sagte er zu Maggie, während sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite in ihrem Auto saßen. »Er ist mit mir verwandt.«
Zum ersten Mal schien Maggie darüber nachzudenken, daß
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