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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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wußte, schaffte er es, Mia Townsends Gesicht aus seinen Gedanken zu vertreiben; die mandelförmigen Augen, die Windungen ihres Ohrs. Auch sie hatte zu Jamie MacDonald gehalten, genau wie Allie, doch irgendwie verübelte er ihr das nicht.
    Cam senkte den Kopf, bis seine Stirn die Banklehne vor ihm berührte. Er wußte nicht einmal, was genau er eigentlich beichten sollte. War es Ehebruch, wenn man eine Frau küßte, die nicht die eigene war? War es Ehebruch, wenn man so oft an sie dachte, daß man ihre Stimme vernahm, sobald man die Augen schloß?
    Es erschien ihm nicht ausreichend, nur eine fleischliche Sünde zu beichten. Aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, Allie weniger dadurch betrogen zu haben, daß er Mia küßte, als dadurch, daß diese Frau ständig durch seinen Kopf zog wie eine atemberaubende Landschaft, die man von einem Zug aus betrachtet: Nach einer Weile schaut man gar nicht mehr nach draußen, in der Gewißheit, daß sie gleich hinter dem Fenster auf einen wartet.
    Und während Cam Mia auf jenem Bett gehalten hatte, das er mit Allie teilte, auf einer Tagesdecke, die Allie in einem Sommerkurs genäht hatte, in einem Zimmer, das Allie tapeziert und eingerichtet hatte, hatte er die ganze Zeit über kein einziges Mal an seine Frau gedacht.
    Er sah Pater Gillivrays runden, schwarzgekleideten Leib aus dem Vestibül zu den kleinen Beichtstühlen im Seitenschiff der Kirche schlurfen. Nachdem er dem Pater eine Minute Zeit gelassen hatte, es sich darin bequem zu machen, stand Cam auf, zog den Vorhang der Kabine beiseite und ließ sich dann auf dem Klappstuhl nieder. »Gott segne Euch, Vater«, begann er, »denn ich habe gesündigt. Seit meiner letzten Beichte sind vier Monate vergangen.«
    Hinter dem Gitterfenster des Beichtstuhls konnte er Vater Gillivrays Profil ausmachen. Aus einem Impuls heraus drückte Cam seine große Hand gegen das Lattenwerk, als bliebe er auf diese Weise anonymer. »Ich muß immerzu an diese eine Frau denken«, sagte er. »Sie will mir einfach nicht aus dem Kopf. Ich sehe mich … sehe mich ständig mit ihr. Sie ist nicht meine Gattin. Und ich habe sie geküßt. Ich habe eine Frau geküßt, die nicht meine Gattin ist.«
    Und würde es jederzeit wieder tun, gestand er sich stumm ein.
    »Denke darüber nach, was du dir da erlaubst«, mahnte Vater Gillivray. »Denke gut und gründlich darüber nach.«
    Er bekam seine Buße und kniete in einer anderen Kirchenbank nieder, um den Rosenkranz zu beten. Es war nicht das erste Mal, daß er den Lehren der katholischen Kirche nur halbherzig folgte. Schließlich betrieben er und Allie Geburtenkontrolle, und er besuchte auch nicht jede Woche eine Messe.
    Cam blickte zu dem Gipsgesicht der Muttergottes auf, sah Mia vor sich und wußte, daß er verdammt war.
    Als er aus der schweren Doppeltür ins schwindende Tageslicht trat, schwitzte er. Sein Rosenkranz war unvollendet geblieben. Eindeutig hatte er es nicht geschafft, über seine Taten nachzudenken. Cam ging die Straße zum Revier hinunter, wo sein Wagen stand, und spürte, wie sich der Wind um seinen Hals schlang. Erst auf dem Heimweg im Auto merkte er, daß er weder eine Kerze für Maggie MacDonald angezündet noch für Jamie gebetet hatte.
    Die zehn Angestellten, die für Jamie bei Techcellence gearbeitet hatten, setzten sich aus Computercracks, Philosophen und Genies zusammen. Zwei davon – Flanders und Rod – waren schon bei der Gründung der Gesellschaft vor über einem Jahrzehnt dabei gewesen. Wie Jamie erfanden auch sie mit ihren virtuellen Designs pausenlos neue Marksteine. Und wie Jamie verbrachten sie einen Großteil ihrer Freizeit im Labor, wo sie miteinander quatschten und beim Herumblödeln die Spielzeuge von morgen ersannen.
    Im Herbst 1991 schlossen sie ihren ersten großen Vertrag mit SEGA. Während Jamie mit einem der riesigen Grafikcomputer herumspielte, machte Rod sich auf, eine Kiste Bier zu besorgen. Die drei hatten das Bier zur Hälfte vernichtet und sich dabei zu ihrem Erfolg wie auch zu ihrer unzweifelhaften Brillanz gratuliert. »Hey«, sagte Rod mit einem Leuchten in den Augen, »gib mir mal einen Datenhelm.« Er faßte nach dem Hightech-Gerät, schaltete ein paar Computer an und lud ein Programm, das sie kürzlich für ein Architekturbüro in Neuschottland erstellt hatten – ein virtueller Spaziergang durch ein Krankenhaus, das erst erbaut werden sollte. »Warst du jemals blau in der VR?«
    Jamie blickte über die Schulter. »Wenn du mir das Programm abschießt,

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