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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Notarabschrift des Hauskaufs und ihre Versicherungsurkunden vor sich zu haben. Kurz entschlossen nahm sie einen braunen Umschlag aus dem Schreibtisch, entleerte ihn und stopfte alles hinein. Dann zog sie das Foto aus ihrer Tasche und ließ es vorsichtig zu den anderen Dokumenten gleiten.
    Wenn sie in der Jury säße, würde sie genau wissen, was sie am ehesten überzeugte.
    Allie ging nach oben ins Schlafzimmer und öffnete die drei Türen, hinter denen sie zwei begehbare Schränke und ein Bad entdeckte. Im Wäscheschrank gab es ein ganzes Regalfach voller sorgsam aufgestapelter Eisprung-Bestimmungstests. Sie zog einen heraus und betrachtete das verschwommene Bild einer Mutter und ihres Kindes auf der Packung. Maggie und Jamie hatten keinen Nachwuchs, genau wie Allie und Cam. Der Unterschied bestand darin, daß Maggie und Jamie sich ein Baby gewünscht hatten. Allie auch – schon seit dem Augenblick, als sie das erste Mal mit Cam ausgegangen war –, doch selbst jetzt, nach fünf Jahren, behauptete er steif und fest, noch nicht bereit zu sein. Und wie in allen Dingen richtete sie sich auch darin nach ihm.
    Allie schloß den begehbaren Schrank und begab sich ans andere Ende des Schlafzimmers. Sie setzte sich vor Maggies Frisierkommode und sprühte ein wenig Parfüm aus einem Zerstäuber auf ihren Hals. Joy. Sie kannte den Duft, hatte ihn sich aber nie leisten können. Links davon stand ein Deodorant. Rechts eine Armee bernsteinfarbener Plastikdöschen mit Demerol, Valium und einer Unzahl anderer Medikamente, die Allie nicht kannte.
    Ach, Maggie, dachte sie und blickte in den Spiegel, ich hätte sie weggeschlossen. Ich hätte sie nicht ausgerechnet da aufbewahrt, wo ich sie jedesmal sehen muß, wenn ich in den Spiegel schaue.
    Mit der Akribie eines Forschers notierte Allie vorne auf dem braunen Umschlag die Namen der verschriebenen Arzneien und ihre Dosierung.
    Im Rückblick war Allie nicht mehr in der Lage zu sagen, was sie dazu getrieben hatte-, doch sie begann, sich ganz systematisch auszuziehen. Sie schob ihre Schuhe unter den Frisiertisch, hängte Bluse und Jeans über den Stuhl und trat in Maggie MacDonalds begehbaren Schrank.
    Sie kleidete sich in ein hauchdünnes apricotfarbenes Jäckchen und einen knöchellangen Rock aus Ripsseide in allen Schattierungen eines Sonnenuntergangs. Er war ihr in der Taille zu weit, deshalb schnürte sie ihn mit einem indianischen Perlengürtel enger. Dann entdeckte sie einen großen blauen Rollkragenpullover, der ihr bis zu den Knien reichte und sie bei lebendigem Leibe zu verschlingen schien.
    Maggie war größer gewesen.
    In einer Hutschachtel oben auf dem Regal entdeckte sie eine Perücke in der Farbe von Maggies Haar. Sie glaubte nicht, daß Maggie eine Perücke getragen hatte; das wäre doch gewiß bei der Obduktion festgestellt worden. Diese hier stammte vielleicht vom letzten Jahr, als Maggie sich einer Chemotherapie unterzog, die nicht angeschlagen hatte.
    Allie hockte sich vor den Frisiertisch und zupfte und stopfte ihre mittelbraune Mähne unter das enge Haarnetz, bis sich zwei dicke Strähnen künstlicher Haare an einem Punkt unterhalb ihres Kinns trafen.
    Sie durchsuchte die Schubladen in der Wäschekommode und zog lange halterlose Strümpfe und darüber Baumwollsocken und Tennisschuhe an. Ein mit exotischen Früchten bedrucktes Tuch schlang sie sich um ihren Hals und ein längeres, transparenteres um ihre Hüften. In der obersten Schublade stieß sie auf Maggies alte BHs, zart und durchsichtig wie eine Erinnerung und begraben unter den matronenhaften medizinischen Baumwollbüstenhaltern für Brustamputations-Patientinnen.
    Allie wurde übel, und sie preßte sich die Hand auf den Mund, um gleich ins Bad zu laufen; doch als sie sich umdrehte, blickte sie auf das Bett. Erst jetzt fiel ihr auf, daß es nicht gemacht war. In diesem Haus, wo alles an seinem Platz stand, wo sich kein Staubkorn niederzulassen wagte, wirkten die zerwühlten blauen Laken und die zusammengerollte, verwurstelte Daunendecke wie ein Frevel. Ganz langsam trat sie näher, ließ sich auf der Bettkante nieder und faßte nach einem Kissen. Sie hielt es sich vors Gesicht, roch Jamies Aftershave und Joy.
    Möglicherweise hatte sich Maggie zu elend gefühlt, um am Tag ihrer Abreise noch das Bett zu machen, oder Jamie war als letzter aufgestanden. Sie wußte nicht einmal, ob Maggie überhaupt noch oben geschlafen hatte oder ob sie zu schwach gewesen war, die Treppe hinauf und hinab zu steigen. Doch Allie

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