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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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sah die beiden so deutlich vor sich wie die bunten Muster des Rockes über ihren Beinen: Jamie und Maggie, die eben aus dem Haus gehen wollten, als Maggie sich plötzlich umdrehte, Jamies Hand packte und ihn wieder die Treppe hinaufzerrte, um ihm ein letztes Mal in ihrem eigenen Heim zu lieben.
    Sie legte sich in Maggie MacDonalds Kleidern auf das Bett, zog die Decke über ihren Kopf und weinte.
    Cams Gesicht drehte sich in die gleiche Richtung wie Mias, als sie sich küßten. Sie schlugen mit den Zähnen aufeinander und quetschten sich die Nasen, bevor sie es richtig hinbekamen; doch allein die Tatsache, daß sie erst zueinander finden mußten, statt irgendeiner Routine zu folgen, ließ ihn schwindlig werden. Fast jugendlich saßen sie auf der Couch und küßten sich, die Hände zwischen ihren Leibern gefangen wie Schwammspinner, die unter die Kleider krochen und mit ihren Flügeln gegen die Haut schlugen.
    Ein einziges Mal gestattete sich Cam zu denken, daß sie anders roch, sich anders anfühlte und anders schmeckte als Allie. Dann konzentrierte er sich auf ihre Handrücken; darauf, wie ihr Puls unter ihrer Schläfe schlug; wie sauber und betörend ihr Haar roch.
    Ganz langsam zog er Mia aus, immer darauf gefaßt, daß sie ihr Hemd festhielt oder sich anderweitig wehrte; doch nichts dergleichen geschah, und so machte er einfach weiter. Sie saß auf der Couch, inmitten ihres weißen, unordentlichen Hemds, das sich unter ihren Beinen ausbreitete wie die geöffnete Blüte einer Lilie. Dann stand er auf und begann, seine Uniform aufzuknöpfen.
    Als er sie wegschleuderte, traf seine Marke an der Tischkante auf, als wollte sie ihn daran erinnern, wer er war und warum er das hier nicht tun sollte; doch er schob die innere Warnung beiseite, schlüpfte aus seinen Schuhen und wand sich aus seiner Hose. Als er nackt vor Mia stand, streckte sie die Hand aus, um seinen Schenkel zu berühren. Sie stand auf und ging um ihn herum, die Finger hinter sich herziehend, so daß sie die ganze Zeit über an seiner Haut blieb. »Oje«, sagte sie leise, als sie wieder vor ihm stand, »wo ist der Fehler?«
    Da preßte er sie an sich und stellte sie dabei auf die Zehenspitzen, so daß ihre Schultern und Bäuche und Beine aufeinandertrafen. Er küßte eine Locke, die sich zu ihrem Mundwinkel vorgestohlen hatte, folgte ihr auf die Couch und drang mit Bedacht in sie ein.
    Sie sah Cams Schönheit nicht als Ganzes, sondern in Stücken und Ausschnitten wie bei einem langsamen Kameraschwenk. Ihr Blick wanderte vom Rotblond seines dichten Haares zu den Adern unter der weißen, ebenen Haut und von dort zu dem schlichten, festen V, wo sein Schultermuskel mit seinem Bizeps zusammentraf. Sie fuhr mit den Händen über seine Brust und seinen Bauch bis zu dem Punkt, wo ihre Leiber zusammentrafen, und spürte ihn erbeben.
    Etwas aus dem Takt, klopften ihre Herzen zwischen ihnen. Cam wußte, daß er sich nicht mehr halten konnte; deshalb vergrub er sein Gesicht an ihrem Hals und zog sich mit der größten Willensanstrengung, die er je in seinem Leben aufgebracht hatte, aus Mia zurück, um sie dann an sich zu pressen.
    Zwischen ihnen spürte er den milchigen, klebrigen Fleck, verbindend wie Schuld. »Ich habe nichts dabei«, sagte er zur Erklärung.
    Mia nickte. »Das nächste Mal mußt du etwas besorgen!« Cams Herz machte einen Satz. Sie wollte ihn wiedersehen, es wieder tun. Er rollte sich auf die Seite, hätte sie dabei um ein Haar von der schmalen Couch gestoßen und zog ihren Körper wie eine Decke über seinen. Erst jetzt merkte er, daß Mia weinte. Mit dem Finger wischte er eine Träne weg, die an ihrer Nasenspitze baumelte. »Warum?« fragte er, unschlüssig, ob er die Antwort hören wollte.
    Mia schauderte. »Ich habe gerade an meine Eltern gedacht«, flüsterte sie, »und gemerkt, daß ich viel zu lang auf dich warten mußte.«
    Cam rutschte unter ihr zur Seite, immer noch voller Angst, daß sie zerbrechen oder sich beim nächsten Blinzeln in eine kleine Wolke auflösen und verpuffen könnte. Blind tastete er hinter sich auf der Couchlehne herum und bekam schließlich den Basilikumzweig zu fassen. Er steckte ihn hinter Mias Ohr. »Wie war das mit dem Tee?« fragte er und genoß es, wie sie sich, einer Sonnenblume gleich, dem Licht und der Kraft seines Lächelns zuwandte.

8
     
    Im Jahr 1692 wurden in Glencoe, einem Ort keine fünf Meilen von Carrymuir entfernt, achtunddreißig MacDonalds von Soldaten der Campbells ermordet, die zwei Wochen lang

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