Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
ihrem Gehege Platz zu nehmen, bot ihr jedoch keinen Kaffee an. Statt dessen setzte sie ein feuchtes, klebriges Baby in einen Laufstall, scheuchte das andere Gemüse aus dem Raum und hörte zu, wie Allie ihr die Umstände von Maggies Tod eröffnete.
    »Es überrascht Sie nicht, daß Jamie wegen Mordes vor Gericht steht?« fragte Allie. »Haben Sie ihn gut gekannt?«
    Pauline zuckte mit den Achseln. »Gut genug, um zu wissen, daß er Maggie töten würde, wenn sie ihn darum bat.«
    Allie beugte sich vor. »Sie haben gewußt, daß Maggie ihn darum bitten würde?«
    Pauline nickte, als wären die Gespräche, die sie damals mit Maggie geführt hatte, nichts weiter gewesen als Unterhaltungen über das Wetter oder Kaffeesorten. Vor Allies Augen begann sich alles zu drehen – was hätte es für Folgen, wenn Pauline als Zeugin aufträte? Würde ihre Geschichte das Geständnis bekräftigen, das Jamie für Cam unterschrieben hatte? Oder würde man sie als Aussage aus zweiter Hand abtun?
    »Jamie MacDonald ist ein Segen und ein Fluch«, seufzte Pauline.
    Allies Kopf fuhr hoch. »Wie meinen Sie das?« erkundigte sie sich.
    »Maggie sagt das ständig …«, antwortete sie und verbesserte sich »… sagte das ständig.« Im matten Nachmittagslicht konnte Allie den Tränenfilm über Paulines Augen erkennen. »Es tut mir leid. Eigentlich war ich darauf vorbereitet. Ich meine, ich habe gewußt, daß es dazu kommen würde – Maggie und ich haben darüber gesprochen; aber wenn es dann soweit ist, tut es trotzdem weh, egal, wie oft man es sich vergegenwärtigte.« Sie atmete tief durch und sah Allie wieder ins Gesicht. »Sagen Sie mir noch mal, weswegen Sie hier sind«, bat sie. »Ich werde Maggie helfen, soweit das noch geht.«
    »Sie haben gesagt, Jamie sei ein Segen und ein Fluch«, wiederholte Allie.
    »Ach ja«, nickte Pauline. »Maggie hat ihn mehr geliebt als ihr Leben.« Betroffen hielt sie inne, als ihr aufging, was sie da eben gesagt hatte. »Maggie hat ihn mehr geliebt als ihr Leben«, wiederholte sie dennoch. »Sie hat gewußt, daß Jamie alles für sie tun würde, deshalb hat sie sich gedacht, wenn sie nur genug Druck machte, würde er ihr den fälligen Abschied erleichtern.« Sie sah zu Allie auf. »Haben Sie sie gekannt? Maggie?«
    Allie schüttelte den Kopf. »Ich wünsche es nachträglich sehr.«
    Pauline trat an den Laufstall und holte ihr kleinstes Kind heraus, ein Mädchen, das an dem Zopf seiner Mutter zu kauen begann wie an einer langen Schnur. »Ich kann Ihnen einfach nicht erklären, wie Maggie war, ohne daß Sie sich Jamie an ihrer Seite vorstellen. Die beiden waren unzertrennlich, Ehrenwort! Aber nicht nur auf Maggies Betreiben. Ich habe immer gesagt, ich würde jederzeit mein Leben mit ihrem tauschen – ihr die ganzen schmutzigen Windeln und die Pausenbrote und die Kindertransporte überlassen, wenn ich dafür einen Mann bekäme, der so an meinen Lippen hängt; aber Maggie hat immer gesagt, das sei längst nicht so angenehm, wie es aussähe. Ich glaube, es hat ihr zu schaffen gemacht, daß Jamie nie loslassen konnte und sie diese enge Bindung nicht so wollte wie er.«
    Das Baby hüpfte in ihren Armen. »Sie hat mir gesagt, wenn es andersrum wäre – wenn Jamie Krebs hätte –, dann wäre sie nicht dazu fähig, ihn … Sie wissen schon. Sie hat gesagt, sie hätte zu viel Angst davor, was danach aus ihr würde. Für Jamie dagegen wäre das anders, der dächte an keine Zukunft, in der sie nicht vorkam.« Pauline sah auf. »Und dann hat Maggie noch gesagt – über ihren Tod –, daß sie keine Wahl mehr hätte. Sie hat gewußt, daß sie Jamie schrecklich ausnutzen würde, aber selbst das war ihr egal, wenn dadurch nur die Schmerzen aufhörten.«
    Allie beobachtete, wie Pauline einen Kuß auf das zerzauste Haar ihrer Tochter drückte, und schluckte schwer. Pauline wagte ein kleines Lächeln. »Wie geht es Jamie?«
    Allie atmete tief aus. »Er ist wütend. Und frustriert. Einsam. Ich glaube, er fühlt sich allmählich schuldig.«
    Pauline nickte. »Genau wie Maggie.« Sie schwenkte ihren freien Arm und schloß mit der Geste das Chaos im Zimmer und all die Meinungsverschiedenheiten ein, die eine Familie ausmachten. »Sie war neidisch auf mich. Auf mich! Oft bemerkte sie, ganz egal, was in meiner Ehe passiert, wenigstens ist es ausgewogen zwischen Frank und mir. Aber bei Jamie, egal, wie sehr er sich auch bemüht hat – egal, wieviel er ihr gegeben hat –, Maggie fühlte sich danach immer mies und hatte

Weitere Kostenlose Bücher