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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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er Ihnen mißtraut hätte«, ergänzte er dann. »Er wollte nur sichergehen, daß Ihnen nichts passiert.«
    Cam starrte auf seine Hände, die er in seinem Schoß zu Fäusten geballt hatte. Er fragte sich, ob seine Mutter davon wußte. Welche Charakterschwächen hatte ihm sein Vater wohl zugetraut, daß er annahm, ihn kontrollieren zu müssen?
    Er war keineswegs überzeugt, daß Bally Beene der richtige Mann war, Mia zu finden.
    Schon wollte er aufstehen und gehen, als Ballys Stimme wieder losdröhnte: »Bevor Sie sagen, daß es ein Fehler war, herzukommen, möchte ich Sie daran erinnern, wie vertrauenswürdig ich bin. Schließlich ist es jetzt fünfzehn Jahre her, daß ich angefangen habe, Sie zu beobachten, und Sie haben nichts davon gemerkt.«
    Cam zwang sich, locker zu bleiben. Er atmete tief ein, Anis, frische Hefe und Zuckerguß. »Ich muß eine verschwundene Person finden«, erklärte er. »Das hat nichts mit meiner Polizeiarbeit zu tun.«
    »Eine persönliche Angelegenheit«, sagte Bally, zückte einen Stift aus seiner Hemdtasche und begann, etwas auf die Rückseite einer Dunkin' Donuts -Serviette zu kritzeln.
    »Sehr persönlich«, bekräftigte Cam.
    »Hat sie Sie bestohlen?«
    »Nein«, antwortete Cam und stutzte. »Woher wissen Sie, daß es sich um eine Sie handelt?«
    »Ich habe geraten«, sagte Bally, ohne aufzusehen.
    Während der nächsten Stunde beantwortete Cam so viele Fragen über Mia, daß sie vor seinen Augen Gestalt anzunehmen begann, fast als kauere sie vor ihm auf dem Schreibtisch. Er starrte auf das V ihrer blassen Haut, das sich über ihrem Baumwollsweater erhob, auf den gertengleichen Schwung ihres Halses.
    »Kein Bild?«
    »Keins, an dem Sie sich orientieren könnten«, murmelte Cam, und nun sah Bally ihn neugierig an. »Vergessen Sie das«, sagte der Chief schnell.
    Bally wollte ihm nichts versprechen, doch er versicherte ihm, sein Bestes zu tun. Irgendeine Spur würde sie bestimmt hinterlassen haben – Rechnungen, Arbeitsverträge, Führerschein –, und da sie nicht wirklich weggelaufen war, würde sie sich kaum die Mühe machen, ihren Namen zu ändern. Er sagte, er würde Cam anrufen, nicht zu Hause natürlich, und sich als Albert Prince melden.
    »Prince Albert? Wie der Gemahl von Königin Victoria?« Cam lachte.
    Bally zuckte mit den Achseln. »Na«, sagte er, »egal!«
    Er begleitete Cam die drei Schritte zur Tür und riet ihm, vor der Heimfahrt unbedingt die Napoleons aus der Bäckerei unten zu probieren. »Komisch«, sagte Bally, wie um ihre Unterredung zu einem Abschluß zu bringen. »Es dreht sich doch alles im Kreis. Bei dem ersten Fall, den ich für Ihren Vater übernommen habe, ging es auch um eine Frau, die ihm davongelaufen war.«
    »Eine Polizeisache?« Cam knöpfte sich den Mantel zu.
    »Eine persönliche Angelegenheit. Wie haben Sie noch gesagt? Ach ja – sehr persönlich.«
    Cam sah auf. Das Bild, das er von seinem Vater hatte, zerbröckelte in lauter winzige Einzelteile. Der Mann hatte ihn quer durch Europa, Afrika und Rußland beschatten lassen. Der Mann hatte etwas mit einer Frau zu tun gehabt, die ihm davongelaufen war.
    »Haben Sie sie gefunden?«
    Bally lachte. »Glauben Sie, Ihr Dad hätte mich andernfalls ein zweites Mal beauftragt? Natürlich habe ich sie gefunden.«
    Cam starrte Bally an. Natürlich wußte Bally nicht, wie Ian MacDonald dann weiter vorgegangen war, nachdem er ihm die Adresse dieser Frau ausgehändigt hatte. Brachte sein Vater sie irgendwo unter, weit weg von dem Haus, in dem Cam aufgewachsen war? Hatte er nur existiert, wenn er bei Cam und seiner Mutter zu Hause war, und war erst mit einer anderen zum Leben erwacht?
    »Es würde mich interessieren, ob er die Verbindung mit ihr aufrechterhalten hat«, meinte Cam ruhig.
    Bally zog die Brauen hoch. »Das will ich doch meinen«, sagte er. »Sie ist Ihre Mutter.«
    Der Außenkamin des Hauses, in dem Cam aufwuchs, war von unten bis oben mit Efeu überwuchert und schon aus weiter Ferne so eindeutig auszumachen, daß Cam als Kind geglaubt hatte, er sei ein pelziges Schlaftier. Er fand Ellen im Garten hinter dem Haus, vor dem Kaminfundament, in den Händen zwei L-förmige, teure Kupferruten, die sie langsam in Richtung Rasen schwingen ließ. »Brauchst du einen neuen Brunnen?« Cam war in der Schiebetür stehen geblieben.
    »Ich richte mein inneres Auge aus«, rief Ellen ihm zu. Seit dem Tod von Cams Vater hatte sie angefangen, mit der Wünschelrute umzugehen, war dann der amerikanischen

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