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In Einer Zaertlichen Winternacht

In Einer Zaertlichen Winternacht

Titel: In Einer Zaertlichen Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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dann fiel ihr ein, dass sie einmal
etwas über Erfrierungen gelesen hatte. Es war wichtig, dass er sich langsam
aufwärmte.
    Seine
Kleider waren steif gefroren. Sie rannte ins Schlafzimmer, sammelte alle
Decken zusammen, die sie finden konnte, und eilte zurück in die Küche.
    Lincoln
stand noch immer dort, wo sie ihn zurückgelassen hatte. Seine Lippen waren
blau, er klapperte mit den Zähnen. »Whiskey«, flüsterte er heiser.
    Juliana
lief in die Speisekammer, nahm die Flasche aus dem Regal, goss etwas davon in
eine Tasse und hob sie an seine Lippen.
    Lincoln
erschauerte, doch nun fühlte er sich nicht mehr so steif an, und etwas Farbe
kehrte in sein Gesicht zurück.
    »Hilf mir
aus diesen Klamotten«, stieß er hervor. »Meine Finger funktionieren nicht.«
    Als Erstes
zog sie ihm die Handschuhe aus und stellte erleichtert fest, dass es keine
Anzeichen von Erfrierungen gab. Allerdings konnten seine Zehen in
Mitleidenschaft gezogen worden sein, außerdem geisterte das Schreckgespenst
einer Lungenentzündung durch ihre Gedanken.
    Sie knöpfte
sein Hemd aus und zog es ihm zusammen mit dem Wollunterhemd über den Kopf.
Danach hüllte sie ihn in eine der Decken ein. Als er sich auf einen Stuhl
sinken ließ, kniete sie sich auf den Boden, um ihm Stiefel und Socken
auszuziehen.
    Seine Zehen
waren wie seine Finger intakt, obwohl er sagte, dass er sie nicht spürte.
    Allein das
Ausziehen hatte ihn so erschöpft, dass Juliana ihm noch eine Ration Whiskey
einflößte, bevor sie ihm die Hose auszog und weitere Decken über ihn legte.
    »Wie bist
du hierhergekommen?«, fragte sie ihn. »Gütiger Gott, Lincoln, du musst ja
stundenlang draußen in der Kälte gewesen sein.«
    Erstaunlicherweise
hob sich sein rechter Mundwinkel. »Ich bin auf Wes' Esel hergeritten«,
antwortete er langsam. »Gut, dass das Viech Heu und einen warmen Stall schon
aus meilenweiter Entfernung riechen kann.«
    »Du bist
auf Wes' Esel geritten?« Wäre sie nicht so glücklich über seine Heimkehr
gewesen, hätte sie jetzt einen Wutanfall bekommen. »Lincoln Creed, bist du
wahnsinnig? Nachdem du es nach Stillwater Springs geschafft hast – und Gott
weiß, wie –, hättest du dortbleiben sollen!«
    »Du bist
hier«, sagte er. »Gracie, Bill und Daisy sind hier. Und hierher gehöre ich
auch.«
    »Du hättest
erfrieren können! Was hätten wir dann tun sollen?«
    Auf diese
Frage antwortete er nicht. Stattdessen sagte er: »Du solltest meine Hände und
Füße besser in Schnee packen, sonst könnte ich ein paar Finger oder Zehen
verlieren.«
    Zwar
widersprach diese Behandlung all ihren Instinkten, doch sie wusste, wie recht
er hatte. Also ging sie mit dem Milcheimer nach draußen und füllte ihn mit
Schnee.
    Die
nächsten Stunden verliefen für Lincoln äußerst schmerzvoll. Es war nach zwei
Uhr, als er sagte, dass die Schneepackungen nun reichten. Juliana führte ihn
in ihr Zimmer, brachte ihn ins Bett wie ein Kind und stapelte eine Decke nach
der anderen auf ihn.
    Er zitterte
noch immer.
    Sie schürte
das Feuer, bis es laut prasselte.
    Unter
seinen Decken lachte Lincoln leise. »Juliana, kein Holz mehr, sonst zündest du
noch das ganze Haus an.«
    Es blieb
ihr nichts anderes mehr zu tun, als in ihr Nachthemd zu schlüpfen und sich
neben ihn zu legen. Er zitterte so heftig, dass das ganze Bett wankte, seine
Haut war kalt wie Eis.
    Juliana
schmiegte sich eng an ihn und wärmte ihn mit ihrem Körper. Als er endlich
schlief, wachte sie neben ihm, so müde sie auch war, aus Angst, er könnte
sterben.
    Einige
Stunden hielt sie durch, bis sie schließlich die Augen keinen Moment mehr
länger offen halten konnte und wegdöste.
    Als sie
aufwachte, hatte er eine Hand unter ihr Nachthemd geschoben.
    »Es gibt da
eine Möglichkeit, wie du mich aufwärmen könntest«, erklärte er mit funkelnden
Augen.
    Er war in
Sicherheit.
    Er war
gesund.
    Und Juliana
war glücklich, sich ihm hingeben zu können.

Epilog
    Juni 1911
    Juliana Creed stand in Willands
Gemischtwarenladen unübersehbar schwanger – und las zum zweiten Mal strahlend
den neuesten Brief von Theresa. Dann faltete sie ihn sorgfältig zusammen und
steckte ihn in ihre Handtasche. Theresa und Joseph besuchten seit ihrer
Rückkehr nach North Dakota eine kleine Schule im Reservat und hatten jetzt den
ganzen Sommer frei. Joseph hatte auf einer nahe gelegenen Farm eine Arbeit als
Melker gefunden, während Theresa ihrer Großmutter bei der Gartenarbeit half.
    Juliana
blickte sich in dem Laden nach ihren Kindern

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