In eisigen Kerkern (German Edition)
rufen gar nicht nach ihr“, flüsterte Monika.
„Was?“
„Die benehmen sich nicht wie Besucher, sondern eher wie Einbrecher.“
Das war doch Unsinn, dachte Nelli, und lauschte, so flach wie möglich atmend, in völliger Finsternis an der Tür. Monika hatte versucht, der Herolder den Mund zuzuhalten, aber das hatte aus dem Brabbeln ein sirenenartiges Stöhnen werden lassen, so dass sie es sofort wieder gelassen hatte.
Einbrecher unterhalten sich nicht laut, während sie durch ein Haus schleichen. Aber genau das taten die beiden Burschen. Nelli konnte nicht verstehen, was sie redeten, während sie die Kellertreppe herunterkamen und sich ihrem Versteck näherten, aber die Art, wie sie redeten, klang nicht danach als seien sie um Diskretion bemüht. Einbrecher fahren doch auch nicht durchs Haupttor und parken vor dem Eingang.
Die Stimmen waren da, die Tür wurde aufgestoßen.
Schattenrisse im Gegenlicht des Ganges.
Das Licht ging an. Nelli war mit zwei hastigen Schritten ins Innere des Raumes ausgewichen, war dabei auf irgendwas getreten, das zum Körper der Herolder gehören musste, denn die stöhnte auf, ohne aber wach zu werden.
Wie die beiden schauten, sahen sie aus als hätten sie ihrerseits Einbrecher entdeckt. Waren das die Hausherren und die Herolder nur hier zur Miete?
Für Hausherren waren sie viel zu jung.
Der Dicke, ein rosarotes Mastschwein auf zwei Beinen, schüttelte träge den massigen Kopf und schaute ungläubig von der bewusstlos-halberwachenden Fiona Herolder hoch zu Nelli und halb hinunter zu Monika, die neben der Langgelegten kauerte in einer Stellung als sei sie im Begriff gewesen sich irgendwo zu verkriechen.
Banklehrlinge, etwas seltsame, aber harmlose junge Burschen, dachte Nelli noch, atmete auf, sah die Merkwürdigkeit ihrer Situation schon zurückschnappen in eine Realität, die nach Logik und gewohnheitsmäßigen Mustern funktionierte, da fragte der Dicke den etwas Kleineren neben sich:
„Was soll das denn jetzt? Wer sind die?“
„Keine Ahnung“, meinte der Kleinere und schüttelte den Kopf. „Und welche sollen wir holen?“
Er war schmächtig, sein magerer Körper steckte in einem beigefarbenen Dreiteiler. Teigige Kopfhaut leuchtete großflächig durch flaumiges Haupthaar.
„Okay, das müssen wir erst mal checken.“
Und noch ehe Nelli entschieden hatte, ob sie sich zu Wort melden, sich vorstellen und die Situation klären sollte, hatte der Dicke den Schlüssel, der innen gesteckt hatte, abgezogen, von außen wieder ins Schlüsselloch geschoben, die Tür zugezogen und abgeschlossen.
Sie waren eingesperrt!
„He!“
Viel zu spät kam Nellis Protest.
„Was war das denn jetzt?“, fragte Monika. Sie kauerte in der Hocke neben Fiona Herolder, die kopfzuckend erwachte und dabei Spucke absonderte. Sie hatten das Licht angelassen.
„He!“, rief Nelli noch einmal laut, war mit zwei Schritten an der Tür und hämmerte mit der flachen Hand dagegen.
Keine Reaktion. Sie legte ihr Ohr an das glatte kalte Metall und lauschte.
„Sie unterhalten sich. Nein, warte, es klingt, als telefoniert der eine.“
„Mensch!“, grunzte die Herolder vom Boden aus, riss den Kopf hoch und starrte Nelli aus großen Glubschaugen an.
„Was? Ihr!“
Sie schien schlagartig zu Sinnen gekommen zu sein, richtete den Oberkörper auf und stützte sich mit den Armen ab. Verdutzt schaute sie sich um.
„Warum sind wir hier unten?“
„Wir sind eingesperrt worden“, antwortete Nelli kühl. „Zwei junge Burschen in Anzügen. Hatten Sie Besuch erwartet?“
Die Herolder schüttelte verständnislos den Kopf. Sie kroch zu einer Art Eckbank-Garnitur, zog sich hoch und hockte sich auf die Kante.
„Oh, Mann.“
„Sie sind auf den Hinterkopf geknallt“, sagte Monika und klang ein bisschen mitleidig.
„Du hast mich umgenietet“, antwortet Fiona Herolder giftig, „denk bloß nicht, ich hab das vergessen!“
„Das spielt doch jetzt keine Rolle mehr“, zischte Nelli. Sie hatte nach wie vor ihr Ohr an die Tür gepresst, lauschte und sprach dann ins Leere: „...aber was zum Teufel machen wir jetzt?“
„Wie meinen?“, fragte die Herolder irritiert.
„Die streiten“, flüsterte Nelli. „Klingt, als seien sie völlig aus dem Konzept geraten. Jetzt: ...nein, Tote sehen anders aus. Scheint aber, als hätten die sie überfallen.“
„Ganz richtig eingeschätzt.“
„Sie haben mir zuerst eine geschmiert“, fauchte Monika zurück.
„Was sollen wir denn jetzt machen?“,
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