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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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steckte Block und Stift mit einer schnellen Bewegung in ihre hintere Hosentasche und setzte sich drauf.
    „Was glauben Sie, was das hier ist?“, fauchte Nelli.
    „Genau das frage ich mich auch. Warum haben Sie mich hier herunter geschleppt?“
    „Weil Sie nicht selbst laufen konnten.“
    „Sie wollten sich und mich verstecken.“
    „Was ja vom Instinkt her richtig war, wie sich gezeigt hat.“
    „Wir sitzen in der Falle.“
    „Aber wir leben noch.“
    „Darum geht es nicht. Sie konnten nicht wissen, wer die zwei Burschen sind. Sie wollten mich vor denen verstecken, Sie wollten mich entführen, stimmt’s? Die beiden waren eigentlich meine Rettung, sonst läge ich längst gefesselt und geknebelt in einem Kofferraum.“
    „Blödsinn!“
    „Und jetzt ist alles völlig durcheinander geraten.“
    „Was haben Sie da aufgeschrieben?“
    „Bloß ein paar Gedanken zu unserer Lage.“
    „Wozu?“
    „Wieso kümmert Sie das überhaupt? Ich kann doch in meinem Haus schreiben, was ich will!“
    „Zeigen Sie mir den Block!“
    Die Herolder hockte mit verschränkten Armen vor Nelli und lächelte.
    „Na, meinetwegen.“
    Sie holte den Block aus ihrer Hosentasche und gab ihn Nelli. Die blätterte das kleine Heftchen auf, betrachtete das Geschriebene und schüttelte den Kopf.
    „Was?“, fragte Monika und reckte neugierig den Kopf.
    „Kannst du Steno?“, fragte Nelli.
    „Nein.“
    „Ich auch nicht.“
    „Na, so was“, ätzte Fiona Herolder und streckte die Hand aus. Nelli gab ihr den Block zurück.
    „Sie haben wohl immer Schreibzeug in der Tasche?“
    „Ist mein Job.“
    „Ein Handy auch?“
    „Schön wär’s. Das liegt oben im Vestibül.“
    „Wo?“, fragte Monika verständnislos.
    „Ist auf den Boden gefallen, als du mit ihr zusammengeprallt bist“, antwortete Nelli.
    „Aber Sie bringen mich da auf was.“
    Die Herolder stand auf, ging zielstrebig auf eines der Laptops im hinteren Bereich der Regalreihen zu und nahm es hervor.
    „Hat zwar schon ein paar Jährchen auf dem Buckel, aber müsste bereits mit drahtlosem Internetzugang ausgestattet sein.“
    „Nehmen Sie doch das iPad.“
    „Geht nicht, kein Vertrag.“
    „Wozu haben Sie das Ding dann überhaupt?“
    „Nur zur Vervollständigung der Sammlung. Ich hasse diese tastaturlosen Dinger. Aber das hier liebe ich.“
    Sie stellte das Laptop auf den Tisch, klappte es auf und schloss es an eine Steckdose unter der Eckbank an.
    „Mit dem Ding hab ich ein paar verdammt spannende Geschichten zusammengehämmert“, kommentierte sie leise und in einem Ton als spreche sie mit dem Gerät selbst. Sie drückte die Betriebstaste.
    „Soll das heißen, dass Sie alle Geräte hier unten auch wirklich mal benutzt haben?“, fragte Nelli ungläubig.
    „Die mit Tastatur, ja. Von der kleinen Reiseschreibmaschine da vorne angefangen.“
    Sie deutete auf einen kompakten grauen abgewetzten Koffer im Regal direkt neben der Tür.
    „Habe ich mit zwölf von meiner Patin bekommen. Damit schrieb ich meinen ersten Artikel für die Schülerzeitung. Kaum zu glauben, welche Möglichkeiten man in meinem Beruf heute hat verglichen mit damals.“
    Mit einer leisen Begrüßungsmelodie meldete sich das Laptop als betriebsbereit.
    „Shit!“, fluchte Monika.
    Nelli schaute sie an und neigte fragend den Kopf.
    „Was ist?“
    Die Herolder deutete auf ein rotes X im rechten unteren Eck des Bildschirms.
    „Kein Empfang hier unten. Diesen Ausweg können wir schon mal vergessen.“
     
    Nelli wünschte sich, sie hätte auch einen Schreibblock gehabt. Oder wenigstens einen Zettel mit Stift.
    Es kam ihr vor, als habe das Leben sie aufgepickt und in einen Sack gesteckt. Sack zu, und plötzlich war alles anders. Jetzt zeig mal, wie du wieder rauskommst!
    Sie konnte es nicht ohne Papier und Stift. Unlösbare Probleme löste man am besten schriftlich. Ohne ihr Tagebuch hätte ihre Reise vielleicht nicht mal ein paar Monate gedauert.
    Neidisch starrte Nelli, mit dem Rücken an die Tür gelehnt auf dem Boden hockend, hoch zu Fiona Herolder, die mit zitternder Faust auf ihren Block schrieb.
    „Ich muss aufs Klo“, sagte Monika, die Nelli gegenüber in der anderen Ecke des acht Quadratmeter großen Kellerverlieses hockte.
    „Nimm den Eimer, Nörgelchen“, murmelte die Herolder, ohne ihre Schreiberei zu unterbrechen.
    „Das hätten Sie wohl gern“, antwortete Monika zum wiederholten Mal.
    Das war es, was Nelli so irritierte. Eine solche Situation, einfach so, aus heiterem Himmel. Da

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