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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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dann wieder drei Tage hier, dann ein Wochenende in Berlin, wo unser zweiter Hauptsitz ist, weiter nach Paris...“
    Nelli verdrehte die Augen.
    „Was?“
    „Nichts. Wir müssen irgendwie durch diese Tür.“
    Sie klopfte mit dem Fingerknöchel gegen das Metall.
    „Keine Chance.“
    „Was schlagen Sie vor?“
    „Gar nichts. Abwarten. Die kommen schon irgendwann zurück und lassen uns raus.“
    „Und wenn nicht?“
    „Dann eben nicht. Jedenfalls müssen wir uns beschäftigen, sonst drehen wir noch durch.“
    „Und was schlagen Sie als Beschäftigung vor?“
    Fiona Herolder machte eine Geste der Ratlosigkeit, aber antwortete sehr bestimmt: „Das, was ich am besten kann.“
    „Und das wäre?“
    „Die Situation aufschlüsseln, Fakten und Stimmungen zusammenschmeißen und eine Story draus basteln.“
    „Bei Ihnen piept’s ja wohl!“
    „Wie fühlt man sich ein einer solchen Situation?“
    „Fragen Sie sich das doch selbst.“
    „Hab ich schon. Was meine Sie, was ich die ganze Zeit geschrieben habe.“
    „Man will jedenfalls in einer solchen Situation nicht auch noch blöde Fragen gestellt bekommen.“
    „Und was will man? Was wünscht man sich, was vermisst man am meisten?“
    Die Herolder hatte eine Spur kindlicher Neugier im Blick, als sie beim Fragen zwischen Nelli und Monika hin und her schaute, den Stift gezückt. Statt einer Antwort schnappte sich Monika den Eimer und zog sich damit ins hinterste Eck unter eine der Regalreihen zurück.
    Nelli begann, um sich selbst und Fiona Herolder von ihr abzulenken, mit aller Kraft gegen die Metalltür zu schlagen und in das höllische Gewummere hinein nach Hilfe zu schreien.
     
    Sie erwachte durch ihr eigenes Zittern.
    Sie lag auf dem Tisch des Kellerraumes zusammengekauert, fühlte sich steif, verkrampft, übermüdet. Der Hunger war noch schlimmer als das Zittern.
    Und dann dieser Gestank! Sie hatten den Eimer gegen den Protest Fiona Herolders mit einem ihrer Laptops abgedeckt, etwas anderes Flaches in ausreichender Größe existierte in dem Keller-Gefängnis nicht. Aber Laptop und Eimer schlossen natürlich nicht fugendicht, und die Nase gewöhnte sich einfach nicht an den Fäkalgeruch, es stank und stank immer schlimmer.
    Unter Nelli auf der Eckbank lagen, Füße an Füße, im rechten Winkel die beiden anderen Frauen. Die Herolder starrte Nelli an, und die fragte sich, ob sie auch gerade erst erwacht war oder die ganze Zeit schon zu ihr her glotzte. Monika schnarchte leise und fröstelte dabei.
    „Ganz schön kalt“, flüsterte Nelli, um dem Starren etwas entgegenzusetzen.
    „Was haben Sie geträumt, Nelli?“, fragte die Herolder. Sie klang sanft und freundlich-interessiert.
    „Wieso?“
    „Sie haben sich heftig bewegt, unverständliches Zeug geblubbert und nach Luft geschnappt.“
    „Ist ja kein Wunder, wenn man unter solchen Bedingungen die Nacht verbringt.“
    „Ging es um Andi?“
    „Keine Ahnung“, flüsterte Nelli und hockte sich, die Beine baumelnd, auf den Tisch. „Ist überhaupt schon Morgen?“
    „Schwer zu sagen. Kommt Ihnen das hier schlimmer vor als Ihre Erlebnisse am Gletscher?“
    „Das lässt sich doch überhaupt nicht vergleichen. Haben Sie sonst keine Sorgen als mich zu interviewen?“
    „Ich bin das erste Mal in einer solchen Lage. Ich frage mich, ob man Gefahr und Entbehrungen immer gleich empfindet. Oder stumpft man ab, wenn einem so was immer wieder passiert?“
    „So lange wir noch einigermaßen klar denken können, sollten wir an einer Lösung arbeiten.“
    „Es gibt keine Lösung, Nelli. Entweder lassen die uns raus oder nicht. Unser Schicksal hängt vom Zufall ab. Wie damals Ihr Schicksal in Andis Gewalt. Wie empfinden Sie dabei?“
    Nelli schaute über die Schulter hinter sich in ein erwartungsvolles Gesicht. Die Herolder hatte sich halb aufgerichtet und lag, auf die Ellenbogen gestützt, auf der Eckbank. Unberührt vom geflüsterten Gerede schnarchte Monika sich durch eine andere Welt. Nelli beneidete sie um ihren Zustand. Und sie tat ihr jetzt schon leid beim Gedanken an ihr Erwachen.
    „Ich mache mir keine Gedanken darüber, wie ich mich fühle“, sagte Nelli leise und schaute halb an der anderen vorbei. „Ich denke einzig und allein daran, wie wir hier herauskommen.“
    „Und war das auch so, als Sie in Andis Gewalt waren?“
    Nelli zuckte mit den Schultern.
    „Meistens, schätze ich.“
    „Sonst hätten Sie bestimmt nicht überlebt. Was meinen Sie?“
    „Keine Ahnung. Da war auch viel Glück

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