In eisigen Kerkern (German Edition)
verzog die Mundwinkel.
„Keine Ahnung, was Sie mir da unterstellen. Aber vielleicht darf ich daran erinnern, dass ihr beide mein Grundstück widerrechtlich betreten habt und in mein Haus eingedrungen seid, dass ihr mich angegriffen, bewusstlos geschlagen und in diesen Keller geschleift habt. Dass wir hier in diesem Raum sind, ist ja wohl zuallerletzt meine Schuld.“
Nelli schaute sie an, prüfte ihren Gesichtsausdruck, fand nichts Verdächtiges darin und konnte schon gar nicht ihrer Argumentation widersprechen. Wenn überhaupt jemand schuld war, dann Monika. Nelli winkte ab.
„Schon gut.“
Sie schauten hinunter zu ihrer Stieftochter, die sich inzwischen auf der Seite liegend in Embryohaltung eingerollt hatte und wie ein Baby wimmerte.
„Wie lange dauert so ein Anfall?“
„Schwer zu sagen.“
„Hat sie schon mal jemanden verletzt?“
Fiona Herolder hockte wieder im Schneidersitz auf der Eckbank und kritzelte auf ihren Block.
„Ich will nur wissen, ob womöglich die größere Gefahr hier drin lauert und nicht da draußen.“
„Monika hat zumindest noch niemanden umgebracht“, antwortete Nelli hart.
„Das habe ich auch nicht“, gab die Reporterin unbeschwert zurück, ohne ihr Schreiben zu unterbrechen.
„Aber den Auftrag dazu gegeben. Und auf mich geschossen, zum Glück daneben. Ganz zu schweigen von all den Schweinereien, die seitdem noch passiert sind. Also spielen Sie hier nicht das unschuldige Opfer.“
Die Herolder lächelte beim Schreiben und machte keine Anstalten zu antworten. Nelli stand ratlos neben der am Boden zusammengekrümmten Monika und zwang sich, zum Wesentlichen zurückzukehren, den losen Faden wieder aufzunehmen. Vor dem Anfall, da war sie einer Idee auf der Spur gewesen.
„Und, wie geht es jetzt weiter?“
„Ich frage mich, welche von allen Möglichkeiten die wahrscheinlichste ist.“
„Nummer eins. Die Typen sind auf jeden Fall noch hier.“
„Das denke ich auch“, gab Nelli zu und war mit ihren Gedanken halb woanders. Die Schreibmaschine. Durch die Wucht des Aufpralls war nicht viel passiert, nur das schwarz-rote Farbband hing heraus.
„Und wenn sie noch hier sind, dann werden wir es noch einmal mit ihnen zu tun bekommen.“
„Auf jeden Fall.“
„Das heißt, sie kommen herein, sobald sie uns für reif halten.“
„Sehe ich auch so. Und genau der Moment ist unsere einzige Chance.“
Das Farbband. Die Lampe an der Decke. Nelli sah hoch, sah zur Tür, sah wieder zur Schreibmaschine.
„Kommt mir vor, als brüten Sie was aus.“
Nelli nickte.
„Ja. Ich hab da eine völlig bekloppte Idee.“
Boris hob den rechten Arm, knickte den Zeigefinger ein, machte eine Bewegung Richtung Tür, stoppte abrupt, räusperte sich, ließ den Arm wieder sinken.
Räuspern.
„Nun mach schon!“, forderte German laut flüsternd.
Die beiden standen nebeneinander vor der grauen Metalltür, Boris links am Schloss, German zu seiner Rechten. Der Schlüssel steckte.
„Nur nichts überstürzen“, flüsterte Boris zurück, räusperte sich abermals, ließ die Schulter kreisen und fixierte den Schlüssel wie ein Kaninchen die Schlange.
„Ich krieg langsam feuchte Hände.“
German hielt einen roten Miniatur-Feuerlöscher gepackt, den rechten Arm an der Schlauchspritze, breitbeinig und in Kampfbeuge wie vor einem Großbrand-Löscheinsatz. Als Boris weiter zögerte, ließ er den Schlauch los, wischte sich die rechte Hand an der Hose ab und wechselte den Griff, um sich die linke Hand abzuwischen.
„Wir haben doch alles besprochen. Was ist, soll ich reden?“
„Ich mach das schon. Aber ich will, dass es auf Anhieb klappt. Köpfchen, keine Gewalt.“
„Ja doch.“
Räuspern. Lauschen. Nicht der kleinste Mucks drang aus dem Kellerraum.
„Als wären die gar nicht mehr da“, flüsterte Boris.
„Die sind da. Wo sollen sie denn sonst sein?“
„Schon klar.“
Boris winkelte den rechen Arm an. Zeigefinger vorgeschoben und abgeknickt, holte er aus, hielt inne – und klopfte dann langsam und mit Bedacht dreimal an die Tür.
Lauschen. Kein Laut. Räuspern.
„Na los!“, forderte German.
„Frau Herolder?“, fragte Boris laut, aber mit sanfter Stimme. „Wir müssen reden. Hören Sie mich?“
Lauschen.
„Wir hören Sie“, erklang nach kurzem Zögern von drinnen leise eine Frauenstimme.
„Frau Herolder?“
„Was wollen Sie?“
„Aber, das wissen Sie doch.“
„Machen Sie erst mal die Tür auf.“
„Was soll das?“, zischte German und fuchtelte mit
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