In eisigen Kerkern (German Edition)
ob sie das ernst meinte.
„Haben Sie schon mal gegen einen Mann gekämpft?“
Die Herolder schüttelte kaum merklich den Kopf.
„Aus dem Liegen heraus hätten wir sowieso keine Chance. Der Dreh- und Angelpunkt ist diese Tür. Diese Scheiß-Tür, warum muss die aus Metall sein, verdammt noch mal!“
Nelli spürte eine verzweifelte Wut auf diese absurde Sackgassen-Situation. Eine Verkettung unglücklicher Zufälle und blöder Ausraster, und schon steckte man rettungslos fest. Am liebsten hätte sie auf die Tür eingedroschen, mit einem schweren Gegenstand auf sie eingeschlagen. Aber die Tür hatte dem Wutanfall der Kerle von außen standgehalten, und da sie nach innen aufging, würde eine Attacke von innen schon gar nichts bringen, nicht mal mit einem Rammbock.
Nelli blieb bei dem Bild hängen, stellte sich vor, wie es wäre, ein schweres Rammgerät zu haben, damit Anlauf zu nehmen.
„Was ist?“, fragte die Herolder und schaute Nelli stirnrunzelnd zu, wie sie eine angedeutete Rammbewegung Richtung Tür machte.
„Ich überlege nur“, murmelte Nelli. „Wie bekommt man eine Tür ohne Schlüssel auf?“
„Dagegen rennen hilft nur, wenn sie zur anderen Seite aufgeht.“
„Schon klar. Mir geht es darum, wie Kräfte wirken. Wie kann man Kräfte verstärken?“
„Zum Beispiel durch einen Hebel.“
Nellis Gesicht strahlte auf.
„Das ist gut.“
„Das wäre gut, wenn wir einen Hebel hätten, ein Stemmeisen oder so was. Der Falz, mit dem die Tür an der Wand schließt, wäre ideal zum Ansetzen.“
„Wir haben aber kein Stemmeisen“, mischte sich Monika ein. „Verflucht noch mal!“
Sie machte eine Armbewegung als scheuche sie Fliegen und stieß dazu eine Kanonade kaum verständlicher Schimpfwörter aus.
„Nur die Ruhe“, sagte Nelli.
„Ich halte das nicht mehr länger aus“, zischte Monika, riss den Kopf hoch zur Decke und schrie: „Ihr Scheiß-Arschlöcher, lasst und endlich hier rauuuuuuus!“
Nelli wollte ihr die Hand auf die Schulter legen, aber Monika wehrte sie heftig ab. Sie fuhr herum, baute sich frontal vor ihr auf und fauchte:
„Alles wegen dir!“
Nelli schüttelte den Kopf.
„Also Monika, in dem Fall...“
„Du ahnst überhaupt nicht...“
Monika unterbrach sich, schaute zur Seite, holte tief Luft und schrie: „... was ich mitgemacht habe! In dem Fall willst du nicht schuld gewesen sein, hä? Aber ich sag dir was: Du bist die Ursache von überhaupt allem, was bei mir schief gegangen ist. Mein ganzes Leben war ein einziger Fehlschlag, von vorne bis hinten, und warum? Wenn es dich nicht gegeben hätte, wenn mein Vater dich nie getroffen hätte...“
„Monika.“
Nelli hob die Hände in einer beschwichtigenden Geste, überrumpelt von dem plötzlichen Ausbruch. Was sie all die Monate in Monikas Gegenwart geahnt hatte, was schon während ihrer Kindheit in ihr geschlummert hatte, dass unter der Oberfläche von Normalität ein Vulkan unberechenbarer Wut kochte, es schien sich nun zu bewahrheiten.
„Hör mal, Nörgelchen, wenn ich da als neutrale Beobachterin mal was dazu sagen dürfte“, mischte sich die Herolder von ihrer Eckbank aus ein. Noch immer hielt sie Stift und Block gezückt und wirkte so konzentriert und zugleich unbeteiligt als sei dies eine Theaterszene und sie die Regisseurin.
„Wenn Sie mich noch einmal so nennen, ich schwöre es Ihnen, dann bring ich Sie um!“, brüllte Monika mit überschnappender Stimme in ihre Richtung. „Aber vorher lass ich alles auffliegen. Ich habe das so satt! Ich hasse es! So wollte ich das nicht! Ich – will – hier – rauuuuuus!“
Sie machte einen Satz in Richtung Fiona Herolder, als wolle sie sich auf sie stürzen, ließ sich in der Bewegung aber zu Boden fallen und warf sich auf die Knie, vergrub den Kopf unter ihren Armen und fauchte, heulte und schrie wie eine haltlose Irre.
Die Reporterin entfaltete ihre Beine aus dem Schneidersitz, legte ihr Schreibzeug beiseite und stand auf.
„Sie dreht durch“, stellte sie fest und wollte sich zu Monika hinunter beugen.
„Lieber nicht“, flüsterte Nelli eindringlich. „Sie hatte das als Kind ziemlich oft. Am besten, man lässt sie sich austoben.“
Die Herolder zog sich sofort zurück und trat an Nellis Seite. Die nahm sie fest ins Visier und fragte:
„Was hat sie damit gemeint?“
„Womit?“
„Sie lässt alles auffliegen – schon der Kerl da draußen hat so eine Andeutung gemacht als sei das alles hier kein Zufall.“
Die Reporterin schüttelte den Kopf und
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