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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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rufe Sie an. Halten Sie sich bis dahin in der Nähe bereit. Telefonieren sollten Sie damit übrigens nur in Notfällen, auf der Karte ist nicht mehr viel drauf. Vom Akku ganz zu schweigen.“
    Nelli starrte das Handy an, blieb wieder stehen und sorgte mit einem schnellen Griff zur Handtasche der Reporterin dafür, dass diesmal auch sie nicht einfach weiterstöckelte.
    „He! Loslassen!“, schrie die Herolder, geriet unversehens in Rage, zerrte an ihrer Tasche und riss sich los.
    „Machen Sie das nicht noch mal!“
    „Was machen Sie denn mit mir!? Sie schieben mich einfach ab!“
    „Gar nicht.“
    „Oh doch!“
    Der Fotograf stand betreten daneben, wusste nicht, ob er irgendwas sagen, eingreifen oder zumindest mal die Last seiner Ausrüstung abstellen sollte. Er ließ das Stativ sinken und lehnte es gegen seinen Bauch.
    „Was wollen Sie eigentlich?“, fragte die Herolder, wieder ruhig und freundlich geworden. Sie hatte sich kurz geschüttelt, ihre Handtasche zurechtgerückt, an der Zigarette gesogen und schaute Nelli jetzt erwartungsvoll an.
    „Was ich will? Auf jeden Fall Geld, ich muss doch irgendwie über die Runden kommen.“
    „Geld gibt’s nach erfolgreichem Erscheinen des Serienstarts. Wie es im Vertrag steht.“
    „Und wann ist das?“
    „Die Von Frau zu Frau – die Anspruchsvolle erscheint immer donnerstags...“
    „Die Anspruchsvolle?“
    „Ganz genau.“
    „Das wäre dann übermorgen.“
    „Schön wär’s, aber das ist wohl nicht mehr zu schaffen. Donnerstag in einer Woche also.“
    „In einer Woche erst!“, rief Nelli empört dazwischen. Die Herolder redete unbeeindruckt weiter.
    „Folglich können Sie Ihren Scheck über die ersten 10.000 am Freitag abholen. Mit etwas Glück haben wir da auch schon die ersten Verkaufszahlen, und wenn sie gestiegen sind, ist der Scheck am folgenden Montagmorgen gedeckt und einlösbar.“
    „Wie bitte? Sie meinen, das Geld bekomme ich in frühestens zehn Tagen?“
    „In 13 Tagen, wenn man’s genau nimmt. Aber wenn es Ihnen so eilig ist, vielleicht kriegen wir es schon am Freitag hin.“
    „Aber so lange kann ich nicht warten. Ich bin nach wie vor am Limit! Ich kann mir ja nicht mal mehr genug zu essen kaufen bis dahin.“
    „Tsts, jetzt übertreiben Sie aber bestimmt ein bisschen.“
    „Ich habe Ihnen einen Tag lang Rede und Antwort gestanden, verdammt noch mal!“
    „Aber was ist denn aus dem Vorschuss geworden?“, fragte die Herolder betroffen, und Nelli war nicht klar, ob ihre Anteilnahme gespielt oder echt war.
    „Fahrtkosten, neue Klamotten sollte ich mir kaufen, das haben Sie doch ausdrücklich verlangt. Schuhe, Unterwäsche, dann Trinkgeld, ein bisschen hier was und da was...“
    „Schon gut. Ich will sehen, was ich machen kann.“
    „Ich wusste ja nicht, dass es so lange dauern würde, bis...“
    „Ja, ja. Ich rufe Sie an. Immer schön das Handy eingeschaltet lassen.“
    „Aber ich dachte, der Akku sei fast leer!“
    „Auch wahr. Dann schick ich eben ne SMS.“
    „Eine was?“
    „Oh Mann, Sie waren wirklich lange weg, Schätzchen. Einfach einmal am Tag das Handy kurz einschalten, dann kommen wir schon zusammen. Geheimzahl ist 2237, merken!“
    Die Herolder drehte sich um, stolzierte davon, und der Fotograf trottete ihr zögernd hinterher. Als er sah, dass Nelli nicht folgte, winkte er unbeholfen und verschwand hinter der nächsten Wegbiegung.
    Nelli starrte ins Leere und lauschte ihrem Herzschlag. Was, wenn die Verkaufszahlen nicht für eine Ausbezahlung der ersten Rate reichten? Was, wenn sie reichten, aber man log ihr einen Misserfolg vor, um nicht zahlen zu müssen? Wie sollte sie das nachprüfen und zu ihrem Recht kommen? Wie sollte sie zu ihrem Geld kommen? Wie sollte sie überhaupt zu Geld kommen? Jeder konnte mit ihr machen, was er wollte, denn in ihrer Lage hatte sie keine Möglichkeit, sich zu wehren.
    So also fühlte sie sich an, die Panik vor dem drohenden Untergang.
     
    Erst später, viel später dämmerte es Nelli, dass sie doch etwas in der Hand hatte.
    Ziellos war sie den halben Tag durch den Industriewald gefahren und hatte nachgedacht. Als es auf Abend zuging, beschloss sie, gleich hier, irgendwo mittendrin am Rande einer Rodungslichtung zu campieren. Sie breitete ihre Zeltunterlage aus und holte ihr neues Kleid hervor, das sie für den Fototermin angezogen hatte und dann so hastig wieder hatte wechseln müssen. Sie breitete es auf der Zeltunterlage aus, um es noch einmal sorgfältiger zusammenzufalten.
    Ein

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