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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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so: Nelli betrat das Büro ohne anzuklopfen, die Herolder saß in ihren üblichen Tarnklamotten schreibend an ihrem PC, sah überrascht zur Tür, unterdrückte einen ersten Anflug von Ärger über die Störung, bat Nelli freundlichst herein, und Nelli sprach kein Wort, legte nur die Illustrierte mit der Titelseite nach oben und der Herolder zugewandt auf den Schreibtisch und setzte sich auf den Besucherstuhl.
    Die Reporterin nahm die Zeitung in beide Hände, betrachtete den Titel als sehe sie ihn zum ersten Mal und fragte ohne Nelli anzuschauen:
    „Gefällt’s Ihnen?“
    Nelli sog laut hörbar die Luft ein, schüttelte den Kopf und räusperte sich.
    „Kann man so nicht sagen.“
    „Was gefällt Ihnen denn nicht daran?“
    „Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Vielleicht die Tatsache, dass der ganze Mist erst nächste Woche hätte erscheinen sollen?!“
    Nelli war laut geworden, ohne es zu wollen.
    „Mist nennen Sie das? Gibt es an irgendeiner Stelle ein Detail, das nicht der Wahrheit entspricht?“
    „Das ist nicht der Punkt.“
    „Hab ich irgendwo übertrieben, ausgeschmückt, dazugedichtet?“
    „Sie haben mich bloßgestellt!“
    „Ich hab Ihnen den Spiegel vorgehalten.“
    „Sie deuten zwischen den Zeilen an, dass ich Andi aus bloßer Mordlust umgebracht habe. Es war aber Notwehr.“
    „Nein, nein, Nelli, jetzt dichten Sie was zusammen. Was ich andeute, und da können Sie mich auch nicht widerlegen, ist die Tatsache, dass diese ganze Konfrontation nicht hätte sein müssen.“
    „Sie haben doch keine Ahnung!“
    „Ach nein? Sie haben sich da oben am Vormittag des besagten Tages stundenlang aufgehalten, sind dann aufgebrochen und schon im Tal gewesen, aber wieder umgekehrt, obwohl der Kerl Ihnen nicht geheuer war, sind nachts mit ihm ins Haus, ganz allein in kilometerweiter Einsamkeit, haben sich dort ausgezogen und ein Bad von ihm richten lassen. Das haben Sie mir doch selbst so erzählt, oder?“
    „Es ging um mein Tagebuch, und außerdem war ich so ausgelaugt.“
    Die Herolder schloss die Augen und hob theatralisch die Hand.
    „Augenblick mal – was denn für ein Tagebuch?“
    „Mein Reisetagebuch, nur deswegen bin ich doch umgekehrt. Er hatte es gestohlen, und...“
    Die Herolder sprang auf und beugte sich über den Schreibtisch so nah an Nelli heran, dass die ihre Nikotinfahne riechen konnte.
    „Von einem Tagebuch haben Sie verdammt noch mal bisher kein einziges Scheißwort erzählt! Gibt es etwa ein Tagebuch, in dem alles drinsteht, auch der Showdown am Gletscher?“
    „Nein, nur meine Reiseerlebnisse.“
    „Nur? Die vollen sieben Jahre?“
    Nelli nickte.
    „Wo ist das Ding? Her damit!“
    „Wie bitte?“
    „Ich will es lesen.“
    „Keinesfalls!“
    „Sie haben einen Vertrag unterschrieben, schon vergessen?“
    „Also erstens ist das Tagebuch nicht Vertragsgegenstand, zweitens hab ich Ihnen nicht meine Seele verkauft, und drittens haben Sie ja noch überhaupt nichts geleistet.“
    „Sie vergessen den Vorschuss.“
    „Diesen absolut lächerlichen Vorschuss können Sie sich an den Hut stecken. Ich will von Ihnen den Scheck für den ersten Teil, dann sind wir quitt, und ich bin hier verschwunden.“
    „Sie träumen wohl! Jetzt geht’s erst richtig los. Sie bekommen Ihren Scheck, Moment.“
    Die Herolder griff zum Telefon, wollte wählen, aber Nelli drückte umgehend auf Auflegen.
    „Diese ganzen Leute, mit denen Sie da gesprochen haben, das war überhaupt nicht ausgemacht.“
    „Dass ich recherchiere, muss ich mit Ihnen doch nicht extra ausmachen. Sie sind vielleicht gut! Haben Sie gedacht, Sie diktieren mir die Geschichte in den Block, und ich drucke sie ungeprüft so ab?“
    „Und außerdem haben Sie mir gestern ganz unverschämt ins Gesicht gelogen, was den Erscheinungstermin betrifft.“
    „Ich wollte Ihnen keine falschen Hoffnungen machen, weil ich gestern Vormittag schlicht nicht ganz sicher war, ob wir das noch hinkriegen. Die Chancen standen fifty-fifty.“
    „Hoffnungen, ts!“
    „Jetzt lassen wir das einfach, okay, das führt doch zu nichts. Ich könnte genauso ein Theater machen wegen des verheimlichten Tagebuches. Ziehen wir einen Schlussstrich unter den Ärger. Sie wissen jetzt, wie die Geschichte läuft...“
    „Allerdings!“
    „...und dass Sie hier weder geschont noch in die Pfanne gehauen werden. Sie bekommen jetzt gleich Ihren ersten Scheck, und wenn Sie mir heute noch mal Rede und Antwort stehen, dann ist er morgen gedeckt. Was sagen

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