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In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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hinzukommen.
     
    Am Abend, nach Erfüllung seiner ehelichen Pflichten, hatte Sazepa gewartet, bis seine Frau eingeschlafen war, und das Handy auf Vibrationsalarm umgestellt.
    Jetzt schnarrte der Apparat unter seinem Kopfkissen. Sazepa glitt aus dem Bett und ging auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer.
    »Wir müssen uns dringend treffen«, sagte Groschew mit gedämpfter Stimme.
    »Ist etwas passiert?«, fragte Sazepa nervös. »Ist er in seiner Wohnung aufgetaucht?«
    »Nein. Ist er nicht und wird er wohl auch nicht.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Ich erwarte dich in zwanzig Minuten in dem Café gegenüber von deinem Haus.«
    »Wo willst du hin so früh?«, fragte die verschlafene Soja, als er nach dem Duschen auf Zehenspitzen durch das Schlafzimmer zum Ankleideraum ging.
    »Ein Anruf aus dem Büro. Schlaf weiter.«
    »Nicht zu fassen!« Soja setzte sich abrupt auf. »Es ist zehn vor acht, brennt’s bei euch, oder was?«
    »Die Wahlkampagne für Lawrentjew.« Sazepa streifte den Bademantel ab und mühte sich, auf einem Bein hüpfend, seine Hose anzuziehen.
    »Lawrentjew? Du promotest dieses Schwein?«
    »Wieso Schwein? Ein ganz normaler Politiker, genau wie alle.« Sazepa hatte die Hose endlich an, aber der Reißverschluss klemmte.
    Soja kam aus dem Bett, um ihm zu helfen.
    »Klar sind alle Politiker Schurken, aber Lawrentjew – der ist pädophil.«
    Sazepa streifte einen Pullover über und fragte gleichgültig: »Wie kommst du darauf, dass Lawrentjew pädophil ist, Häschen?«
    »Valja hat’s mir erzählt. Wir haben uns vorgestern im Kosmetiksalon getroffen und anschließend zusammen gegessen.«
    Valja, eine enge Freundin von Soja, eine bekannte Politikerin, leitete eine Dumafraktion und hatte sich erst vor kurzem um die Verschärfung der Strafen für die Verbreitung von Pornographie und für Verführung Minderjähriger bemüht. In einem Interview in einem Media-Prim-Magazin hatte sie relativ nebulös erklärt, warum die Duma mit so klarer Mehrheit gegen ihre Vorschläge gewesen war, und erzählt, man habe sie bedroht und versucht, ihr Auto in die Luft zu sprengen.
    »Hast du denn ihr Interview nicht gelesen?« Soja gähnte, küsste Sazepa auf die Wange und ging wieder ins Bett.
    »Doch. Aber was hat Lawrentjew damit zu tun? Sie hat keinen einzigen Namen genannt, sie hat sich sehr allgemein ausgedrückt.«
    »Logisch. Alles andere wäre Selbstmord. He, krieg ich keinen Abschiedskuss?«
    Er musste noch einmal umkehren. Als er sich zu Soja hinunterbeugte, umschlang sie seinen Hals und zog ihn an sich.
    »Sei mir nicht böse, Häschen, aber ich habe es furchtbar eilig!«
    Er versuchte sich loszumachen, aber seine Frau hatte einen eisernen Griff.
    Zwanzig Minuten später schlüpfte er erneut in seine Hose,streifte den Pullover über und murmelte entschuldigend: »Du weißt doch, Häschen, morgens kann ich nicht, besonders, wenn ich es eilig habe.«
     
    Groschew war der einzige Gast in dem Café. Sazepa bestellte einen Kaffee und Toast mit Butter. Groschew trank frischgepressten Orangensaft.
    »Ich glaube, wir haben ihn gefunden«, erklärte er mit einem breiten, klaren Lächeln.
    »Wo?«
    »Im Irrenhaus. Wir müssen das natürlich noch mal checken, aber wahrscheinlich ist er es. Du hast richtig gelegen mit den besonderen Vorkommnissen im Kulturpark. Es passt alles. Meine Leute, die du Idioten genannt hast, haben jeden seiner Schritte verfolgt.« Groschew verstummte plötzlich und schaute aus dem Fenster.
    »Los, spuck’s aus, red schon«, flüsterte Sazepa.
    »Du bist doch ein erwachsener Mann, noch dazu Diplomat – wie konntest du so reinrasseln?«
    »Hör mal, geht’s nicht auch ohne blöde Andeutungen?«, erwiderte Sazepa ärgerlich. »Ich weiß selber, dass ich reingerasselt bin, darum hab ich dich ja um Hilfe gebeten.«
    »Reden wir nicht lange drumherum, erzähl mir ganz offen, was wirklich passiert ist.«
    »Ich habe dir schon alles erzählt.«
    »Du kannst auch dein Geld zurückkriegen, jetzt gleich. Ich habe es dabei.«
    »Ich verstehe nicht – du willst mehr, ja? Dann sag das doch gleich.«
    Die Kellnerin brachte Kaffee und den Toast für Sazepa und noch einen Saft für Groschew. Als sie weg war, redete Groschew, langsam und so leise, dass Sazepa sich über den Tisch zu ihm beugen musste.
    »Du hast gesagt, du hättest mit einem Mädchen geschlafen und hinterher erfahren, dass sie noch minderjährig ist.Und dabei furchtbares Pech gehabt. Diese Minderjährige hätte dich Ärmsten quasi gewaltsam ins Bett

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