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In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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sagte Solowjow leise. »Ich bin mir sicher, dass Shenja dieses Tagebuch selbst geschrieben hat.«
    »Wir müssen ihn festnehmen! In der Zelle wird er schon gestehen«, blaffte Sawidow, »der feine Herr Lehrer!«
    Der Fernseher stand im Wohnzimmer auf einer kleinen Kommode. In der untersten Schublade lag unter einem Stapel alter Zeitungen und Zeitschriften eine flache Holzschatulle.
    »Das gehört mir nicht«, flüsterte Rodezki. »Er war kurz allein im Zimmer, ich habe in der Küche Tee gekocht. Er hatte eine kleine schwarze Aktentasche dabei, von der hat er sich nicht getrennt. Als er sich in diesen Sessel hier setzte, stellte er sie vor sich auf den Boden.«
    In der Schatulle lagen in Zigarettenpapier eingeschlagene Haarsträhnen. Eine lang, glatt und hell. Daneben ein Paar silberne Ohrringe mit Amethysten. Eine rot, zu einer Locke gedreht, und ein goldener Ring mit einem winzigen dunklen Rubin. Eine aschblond, kurz und hart und eine Silberkette mit Kreuz.
    Im Kofferraum von Rodezkis Wagen fanden sie eine Plastiktüte mit einer Schere, einer Flasche Babyöl und einer Packung dünner Gummihandschuhe.
     
    Marina Katschalowa rief Solowjow an und diktierte ihm die Adresse der Wohnung, die Mark gemietet hatte und in der er zusammen mit Irina Drosdowa wohnte. Marina sagte, sie habe versucht, Ika auf dem Handy zu erreichen und ihr mehrere SMS geschickt, aber sie habe sich nicht gemeldet.
    Solowjow übergab den Apparat an Anton. Er wollte die Vernehmung Rodezkis nicht Major Sawidow übernehmen lassen.
    »Noch etwas«, sagte Marina, »ich weiß, das spielt für Sie keine Rolle, aber Ikas Tante in Bykowo ist sehr krank, meineEltern wohnen gleich nebenan und unterstützen sie, so gut sie können. Die Tante hat sonst keine Angehörigen, nur Ika.«
    Anton fuhr zu der angegebenen Adresse.
    »Es ist nicht auszuschließen, dass dieser angebliche Schriftsteller Mark, mit dem sie zusammenlebt, tatsächlich der Pornograph Moloch ist, der Namensvetter unseres Täters«, gab Solowjow ihm mit auf den Weg. »Wenn sie dich nicht reinlassen und nicht mit dir reden wollen, setz dich mit dem zuständigen Revier in Verbindung. Hier ist der Durchsuchungsbeschluss. Aber das nur für den Notfall. Eigentlich müsste Irina kooperieren, Shenja war immerhin ihre Freundin.«
     
    Das Haus stand im hintersten Hof. Als Anton den richtigen Eingang gefunden hatte und seinen zerschrammten alten Shiguli hinter einem nagelneuen Volvo parkte, klingelte in seiner Tasche das Handy.
    Auf dem Display erschien das Gesicht eines hübschen dunkelhaarigen Mädchens. Große, weit auseinanderstehende grüne Augen, gewölbte reine Stirn, hohe Wangenknochen, schlanker Hals, spitze Schlüsselbeine. Kein Make-up. Sie sah aus wie vierzehn, fünfzehn. Marina hatte ihm eine MMS mit einem Foto von Ika geschickt. Dazu schrieb sie: »Es muss etwas passiert sein. Normalerweise ruft sie zurück. Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie etwas wissen. Ich mache mir Sorgen.«
    Anton stieg aus dem Auto und wollte an der Wechselsprechanlage klingeln, überlegte es sich aber anders, als er den eingekratzten Türcode entdeckte. Es war immer besser, gleich an der Wohnungstür zu klingeln.
    Der Fahrstuhl war besetzt, also stieg Anton zu Fuß in die fünfte Etage.
    Als er zwischen dritter und vierter Etage angelangt war, hörte er den Lift unten halten.
    »Ich sage noch einmal, ich habe nichts Böses im Sinn. Alles hängt von dir ab«, sagte eine tiefe Männerstimme. »Du bist doch ein kluges Mädchen.«
    »Matwej, Sazepa hat sich lange nicht gemeldet. Vielleicht sollten wir ihn doch mal anrufen?«, fragte eine Frauenstimme.
    »Dazu ist jetzt keine Zeit. Er wird sich schon melden. Na komm, Kleines, wieso bleibst du stehen?«
    »N-nein! W-warten Sie! Ich habe mein T-telefon vergessen!«, meldete sich eine dritte, sehr hohe, fast kindliche Stimme.
    Anton hörte nicht, was der Mann dem stotternden Mädchen erwiderte. Die Eingangstür klappte. Wie ein geölter Blitz rannte er die Treppen hinunter. Als er aus dem Haus stürmte, wurde gerade die Tür des Volvo zugeschlagen.
    Er konnte noch erkennen, dass am Steuer ein kriminell aussehender Gorilla saß, daneben ein seriös wirkender älterer Herr. Hinten saßen zwei Personen, eine stämmige Blondine um die dreißig und ein dunkelhaariges Mädchen.
    »Halt!«, rief Anton. »Anhalten! Miliz!«
    Der Volvo fuhr los. Der Gorilla am Steuer war ein As; rasch manövrierte er den Wagen durch die enge Gasse zwischen den Garagen und den am Rand geparkten Autos,

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