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In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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fuhr auf die Straße hinaus und verschwand.
     
    »Sag mal, bist du völlig verrückt geworden?« Major Sawidow war mit Solowjow auf den Balkon gegangen und flüsterte ihm laut ins Ohr. »Von wegen Erklärung unterschreiben! Spinnst du? Wir müssen ihn sofort verhaften!«
    »Beruhige dich. Er läuft uns schon nicht weg. Ich bin sicher, er ist der Falsche.«
    »Warum? Wieso bist du dir so sicher? Weil er gebildet ist und Bücher liest? Deine verehrte Filippowa hat doch gesagt, Moloch sei ein Intellektueller, ein Missionar.«
    »Ein bisschen zu viel des Guten.« Solowjow zündete sich eine Zigarette an. »Die Haarspange, der Anhänger, und nun noch die Schatulle, das Babyöl und die Schere.«
    »Genau, sämtliche Indizien. Wir müssen ihn verhaften, statt hier chinesische Höflichkeitszeremonien zu exerzieren.«
    Solowjow schüttelte den Kopf.
    »Der Mann, der gewartet und gehupt hat, wusste von Shenja, dass sie sich mit ihrem Lehrer getroffen hat.«
    »Unsinn, keiner hat auf sie gewartet!« Sawidow schlug mit der Faust wütend auf die Balkonbrüstung. »Er selber hat sie unter irgendeinem Vorwand in sein Auto gelockt.«
    »Ausgeschlossen«, sagte eine heisere, erkältete Stimme hinter ihnen.
    Die Kriminaltechnikerin Vera Sergun kam auf den Balkon und bat Solowjow um eine Zigarette. Die dreißigjährige, spindeldürre und lange Vera mit den kurzen, pechschwarz gefärbten Haaren war mit Fieber zur Arbeit erschienen; sie hatte Halsschmerzen und konnte kaum sprechen.
    »Halt du dich da raus!«, blaffte Sawidow sie an. »Klar kann er sie ins Auto gelockt haben und mit ihr sonstwohin gefahren sein. Sie hat ihm vertraut, er war ihr Lehrer! Da war kein mysteriöser Dritter, der gehupt hat, das hat er sich alles ausgedacht, der saubere Literat!«
    »Kann schon sein.« Vera blies Rauch aus und hustete. »Aber sein Auto hat er seit mindestens drei Monaten nicht benutzt, sein Führerschein ist abgelaufen, und zur Inspektion war die Klapperkiste seit hundert Jahren nicht mehr. Außerdem wurde der Wagen eindeutig aufgebrochen, am Schloss sind frische Kratzer.
    »Also hat er noch ein anderes Auto!« Sawidow blieb stur. »Das ist doch alles nebensächlich. Die Hauptsache sind die entscheidenden Indizien.«
    »Das denkt er sich auch«, sagte Solowjow.
    »Wer?«
    »Moloch.«
    »Na schön, mal angenommen.« Sawidow verzog das Gesicht und kniff die Lippen zusammen. »Und woher wusste er die Telefonnummer des Lehrers?«
    »Ganz einfach – aus dem Internet. Oder, noch einfacher, Shenja hat sie ihm gegeben«, sagte Solowjow.
    »Wieso?«
    »Weil sie ein Kind ist«, meldete sich Vera erneut. »Nach dem Gespräch mit dem Lehrer hat sie Angst bekommen und war sehr nervös, sie musste unbedingt mit jemandem reden, egal, mit wem. Und ihr Kunde wollte natürlich wissen, mit wem sie sich getroffen und worüber sie mit demjenigen gesprochen hat. Er kann bestimmt gut mit Kindern umgehen«, sagte Vera und drückte die Zigarette aus.
    Solowjow sah sie dankbar an. Er hatte keine Lust mehr, sich mit Sawidow zu streiten. Zum Glück hatte Ermittlungsleiter Solowjow zu entscheiden, welche Sicherheitsmaßnahmen in diesem konkreten Fall zu treffen waren. Solowjow, nicht Sawidow.
    »Entschuldige, aber du verhältst dich seltsam. Du hast endlich den ersten Verdächtigen, und wenn wir das sauber durchziehen, spricht das Gericht ihn garantiert schuldig.«
    Genauso läuft es immer, dachte Solowjow erschöpft. Wenn ich wollte, könnte ich ihm die Sache mühelos anhängen. Und den Alten damit im Grunde zum Tode verurteilen. Sperr ihn in eine Zelle, zu den Kriminellen, liefere ihn so einem eifrigen Sawidow aus, und in ein, zwei Wochen gesteht er, was immer man will.
    Solowjows Telefon klingelte.
    »Sie haben sie weggebracht!«, brüllte Anton so laut, dass Solowjow die Ohren dröhnten. »Und ich bin ausgerechnet mit dem alten Shiguli meines Vaters hier, damit kann ich eine Verfolgung vergessen!«
    »Wer sie? Wen sie?«
    Anton erklärte es ihm hastig und verworren. Solowjow hörte schweigend zu. Sawidow und Vera sahen ihn neugierig an. Wahrscheinlich machte er ein abweisendes Gesicht, das noch abweisender wurde, als Anton den Namen Matwej erwähnte und hinzufügte, in dem kurzen Gespräch sei der Name Sazepa gefallen.

Dreißigstes Kapitel
    Nun muss ich wohl mucksmäuschenstill hier sitzenbleiben, dachte Mark. Sie wissen also von der Wohnung in der Poleshajewskaja und sind jetzt dort. Sie werden Kassetten und DVDs finden. Aber nicht alle. Nein, nicht alle. An den

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