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In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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essen, und sie schleckte beide Portionen.
    Er lud sie ins Kino ein, zu einer französischen Komödie. Sie bog sich vor Lachen und schlug ihm vor Aufregung mit der Faust aufs Knie. Sie wollte, dass er sie küsste. Er konnte nicht, er glaubte, dann müsse er augenblicklich sterben. Was ja im Grunde stimmte. Sie lockte ihn in eine Falle. Sie umgarnte ihn mit honigsüßen Blicken, dem frischen Duft ihrer Haut und sanften, warmen Berührungen. Sie war tückisch und hinterhältig. Die Gottesanbeterin frisst nach der Vereinigung ihren Partner. Die Hominidin wollte den kleinen Menschenjungen verschlingen.
    In seiner Generation spielten die Kinder Krieg, nicht nur die Jungen, auch die Mädchen. Auf Dachböden und in Kellern richteten sie Stabsquartiere ein. Sie lud ihn ein, ihr Stabsquartier zu besichtigen.
    Er begriff ihre wahren Absichten nicht gleich. Auf dem Dachboden waren sie zum ersten Mal allein. Da büßte er seine Wachsamkeit ein. Sein Puls raste, sein Herz hämmerte nicht nur in der Brust, sondern im ganzen Körper. Er vergaß, dass er anders war.
     
    Als er zur Welt kam, hatte die Hebamme den Säugling lange ratlos betrachtet, bevor sie ein wenig unsicher sagte: »Ein Junge.« Die Ärzte sprachen von einer seltenen, aber nicht gesundheitsgefährdenden Missbildung unbekannten Ursprungs. Eines Nachts hörte er seine Mutter und seine Großmutter darüber tuscheln. Die Großmutter tröstete die Mutter, das würde eines Tages schon noch wachsen. Die Nase sei bei Säuglingen doch auch winzig und wüchse dann.
    Als er acht war, riss eine angetrunkene junge Nachbarin aus Versehen die Tür auf, als er gerade duschte, und wollterasch wieder gehen, blieb aber verblüfft stehen, starrte den nackten Jungen erstaunt an und jammerte: »Ach, du Armer, wie willst du damit leben?«
    Später hörte er, wie sie einer anderen Nachbarin erzählte: »Stell dir vor, die Eier sind ganz normal, aber der Schwanz ist so winzig wie ein Spatzenschnabel und ganz blau.«
    Schließlich fragte er seine Mutter, warum er untenrum ganz anders aussehe als andere Jungen. Die Mutter antwortete, bei ihm sei alles richtig, bei den anderen stimme etwas nicht. Und überhaupt solle er sich nicht für solchen Unsinn interessieren. Das Ding da unten sei nur zum Pinkeln da. Und das funktioniere bei ihm doch, also sei alles in Ordnung.
    Bei der vierzehnjährigen Hominidin löste sein blaues Ding nicht Mitleid aus, wie bei der Nachbarin, sondern hässliches Lachen. Noch Jahre später hallte dieses Lachen in seinen Ohren nach, bis es zum deutlichen Weinen von Engeln wurde, die ihn zu Hilfe riefen, unterstützt von der inneren Stimme, die ihn ständig an seine große Mission erinnerte.
     
    »Ich habe ihn n-noch nie ohne B-bart gesehen, und schon g-gar nicht ohne Haare auf dem K-kopf«, sagte Ika, »aber es ist M-Mark, ja.«
    Der Körper wurde auf eine Trage gelegt und mit einem Laken zudeckt.
    »W-warten Sie. Darf ich noch von ihm Abschied nehmen?«
    Ika stotterte kaum noch. Das Laken wurde zurückgeschlagen. Ika strich über den kahlgeschorenen Kopf und glättete die zottigen Brauen.
    »Ach, M-mark, was hast du nur angerichtet? Ich hasse dich, du d-dreckiges Schwein, du hast ja keine Ahnung, wie sehr ich dich geliebt habe. Du bist ein Mörder, nein, schlimmer als ein Mörder. D-deinetwegen ist Shenja jetzt tot, du hast sie an einen P-psychopathen verkauft, d-du hast sie gezwungen, du Mistkerl. Warum habe ich dich bloß geliebt? Warum gerade dich? Warum? Mein Gott, warum?«
    »Ja, warum muss sie das alles durchmachen?«, flüsterte Solowjow Olga ins Ohr. »So jung und so unglücklich.«
    »Sie wird es schaffen«, flüsterte Olga zurück. »Es wird alles gut.«
    Sie standen dicht nebeneinander, ihre Schultern berührten sich. Sie hätten sich gern umarmt, aber das ging nicht. Es waren zu viele Leute um sie herum – Kriminalisten, Techniker, Einsatzkräfte.
    Der Chefarzt, puterrot und am ganzen Leib zitternd, nahm in Olgas Behandlungsraum Herztropfen, rief im Ministerium an, meldete den Vorfall und schrie Sina an, sie sei an allem schuld, denn sie habe den Mörder auf die Station gelassen und nicht aufgepasst, wo er die Pistole hingeworfen habe.
    Sina stand neben Olga und Solowjow und knurrte: »Ach, er ist ja so schlau! Klar, ich hätte diesen Banditen durchsuchen sollen, ihn röntgen und dann zu ihm sagen: Herr Killer, seien Sie so gut und werfen Sie Ihre Kanone nicht im Flur weg, hier laufen Patienten rum! Dann sollen sie doch Metalldetektoren installieren und

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