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In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Beinen winzig ist, nicht größer als mein kleiner Finger.
    Aber das ist kein Grund zur Freude. Wenn ein schwitzender impotenter Kerl auf dir rumhampelt und schnauft, ein Zentner faules, altes Fleisch, möchtest du am liebsten krepieren. Wenn V. nicht wäre, hätte ich schon längst Pillen geschluckt, mit Wodka runtergespült, und keiner hätte mich hinterher wieder wachgekriegt.
    Daran denke ich übrigens oft. Besonders, wenn ich nachts auf den Balkon gehe. Es zieht mich richtig runter, im Ernst!
    Willst du wissen, warum ich Nick in den Klub mitgeschleppt habe, zum Konzert? Willst du es wirklich wissen, liebes Tagebuch? Dann hör zu.
    Erstens musste ich auf die Weise in der Nacht nicht mit ihm vögeln. Wir haben uns einfach getroffen, uns kulturvoll unterhalten und nichts weiter.
    Zweitens wollte ich meinem teuren V. zeigen, dass ich kein kleines Dummchen bin, wie manche denken. Ich habe Beziehungen, zum Beispiel einen Italiener, einen Professor, über den könnte ich V. in Italien promoten.
    Ich glaube, Nick war sauer. Hat mir Vorträge gehalten, dass solche Orte gefährlich sind. Die ganze Fahrt über hat er rumgenölt. Aber ich war trotzdem zufrieden. Nach V.s Konzert hatte ich echt keinen Bock, mit Nick ins Bett zu steigen.
    Eigentlich komisch. Manchmal ist mir jeder andere Kunde lieber als Nick. Seit ich begriffen habe, dass ich V. liebe, und vor allem, seit ich weiß, dass ich schwanger bin, finde ich Nick einfach ekelhaft.
    Bei den anderen Kunden ist die Sache klar. Ich bediene sie, kriege mein Geld und Good bye, Kleines. Aber das zwischen Nick und mir ist irgendwie sogar Liebe. Natürlich nehme ich ihn aus, ich bin ja nicht blöd und schlafe ganz umsonst mit so einem alten Knacker, aus purem Mitleid.
    Trotzdem ist der schlimmste, dreckigste Kunde besser als Nick. Weil er nicht lügt. Er macht sich nichts vor und tut nicht so, als wäre es die große Liebe. Bei Nick ist das anders. Und das Schlimmste ist, dass ich da mitmache. Ich möchte gern glauben, dass der alte Mann, mit dem ich seit fast zwei Jahren schlafe, mich wirklich liebt. Dabei ist unsere Beziehung in Wirklichkeit schmutziger als schmutzig.
    Das Kind in mir ist noch ganz klein und an nichts schuld. Ich schwöre, der Impotente ist der Letzte! Ika sagt, Impotente seien oft Sadisten. Könnte stimmen. Außerdem sagt Ika, wenn V. und ich heiraten, würde es mir eines Tages genauso gehen wie meiner Mutter. Weil so viele Mädchen um V. rumschwirren. Ika meint, V. braucht mich nur, um wieder mal Aufsehen zu erregen. Ein Verhältnis mit einer Minderjährigen, noch dazu mit der Tochter seines Erzfeindes – ein gefundenes Fressen für die Klatschpresse. Sie glaubt, er wird mich nur für eine PR-Kampagne benutzen und mich dann verlassen.
    Blödsinn! Ika ist bloß neidisch. Sie war noch schlimmer dran als ich. Ihre Eltern wurden vor ihren Augen getötet, mit zehn stand sie ganz allein da, mit einer bösartigen Tante, bei der sie beinahe verrückt geworden wäre. Vielleicht ist sie das sogar – nur eine Verrückte kann Mark lieben.
    Ich habe nur viermal mit V. geschlafen. Es ist übrigens ganz anders, wenn man mit jemandem schläft, den man liebt. Ich bin hinterher rumgelaufen wie in Trance, beinahe hätte ich mich vor Glück in Luft aufgelöst. Was wird er wohl sagen, wenn er
von dem Kind erfährt? Er hat ja noch keine Kinder. Dabei ist er schon über vierzig.
    Es ist toll, das geheim zu halten! Ich rede gern mit ihm. Draußen ist nur Schmutz, eine fremde Welt, aber in mir drin sitzt mein Sonnenschein, hat es ruhig und gemütlich. Ich weiß, dass es ein Junge wird. Ich gehe jetzt ins Bett und singe ihm ein Schlaflied.
     
    Rodezki blätterte die Seite um, stand auf und lief durch das Zimmer.
    Als wir uns getroffen haben, hat Shenja als Erstes nach dem Aufsatz gefragt. Jetzt ist mir klar, was sie so beunruhigt hat. Es stimmt also. Ich habe mich nicht geirrt, dachte er, nervös hin und her tigernd. Was soll ich nur tun? Shenja anrufen, ihr das Tagebuch zurückgeben und noch einmal mit ihr reden? Und Karina? Ob sie Bescheid weiß? Oder verlässt sich Shenja auf ihre Ehrlichkeit, darauf, dass die Freundin das Tagebuch nicht lesen wird? Ach was – Karina ist kurzsichtig, sie könnte hier kaum ein paar Zeilen entziffern. Selbst ich habe damit Mühe.
    Rodezki nahm einen alten Strickschal seiner Frau aus dem Schrank und steckte seine Nase in die verwaschene Wolle. In diesem Schal hatte sich Nadjas Geruch am längsten gehalten, doch nun war er weg.
    Vor ihm lagen

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