In Ewigkeit, Amen
Handtasche ziehen.
Die blutige Metzgerschürze würde jetzt den Verdacht vollkommen von mir ablenken. Wenn das mal keine gute Nachricht war. Ich schüttete noch ein letztes Glas Wasser in die Maschine. Wieso diese Pingeligkeit? Ich würde eben einen Cappuccino mit Kaffeebröseln trinken.
»Und was war nun beim Pfarrer in der Mülltonne?«, fragte ich ergeben und schaltete die Kaffeemaschine ein. »Doch wohl nicht das Messer, mit dem der . . . du weißt schon . . .«
»Geh, Mädl«, antwortete Großmutter resigniert. »Des is doch g’steckt.«
Richtig. So war das. Ich schaltete die Kaffeemaschine wieder aus. Kaffee war bestimmt zu sauer für so ein empfindliches Mägelchen wie meins.
»Und weißt, was sie beim Pfarrer g’funden haben?« Sie legte eine dramatische Pause ein, die ankündigte, dass jetzt erst der eigentliche Höhepunkt der Erzählung kam. »So Fertigtütenzeugs.«
»Fertigtüten? Zeugs?«, echote ich. Na klar. Blutige Schürzen in Bets Mülltonne konnte man gut verwinden. Ob der Metzger oder die Bet oder wer auch immer aus unserer Gemeinde ein Mörder war, war im Grunde egal. Aber Fertigtütenzeugs in der Mülltonne, das war der Gipfel.
»Pfannkuchen aus der Tüte!«, stieß Großmutter mit Abscheu in der Stimme hervor. »Aus der Tüte!« Es klang so, als hätte er Plutonium in seinem Abfalleimer entsorgt. »Beim nächsten Gemeindeabend werd ich des ansprechen. Das kann doch wohl nicht wahr sein, dass wir Fertigpfannkuchen bezahlen. Vielleicht mit meiner letzten Spende . . .«
Also, wenn der Daschner die Spende für somalische Kinder in Fertigpfannkuchen investierte, war das wirklich eine Sauerei.
»Bloß weil die Schnepfn zu faul zum Kochen ist.«
»Geht halt schneller«, sagte ich nur. Die Schnepfn, das war die Pfarrersköchin. Und seit Neuestem machte sie montags und donnerstags immer Tai Chi. Und dann konnte sie am Abend eben nicht kochen.
Großmutter tat so, als hätte sie mich nicht gehört. »Ah geh. Schneller wird des gehen. Eier und Milch tust sowieso selber rein. Was ist dann in der Tüten? Mehl? Mehl und Zucker? Des wird s’ doch wohl selber zamkriegen.«
Sie motterte weiter vor sich hin, während ich mir überlegte, ob ich nicht doch einen Kaffee vertragen könnte.
»Und wieso ist des dann so teuer, wenn nur Mehl und Zucker drin ist?«, bohrte Großmutter nach. »Des kann doch ned so teuer sein.«
»Da ist noch mehr drinnen«, beruhigte ich sie. »Aromastoffe zum Beispiel.«
»Zu was braucht man denn Aromastoffe im Pfannkuchen. So ein neumodisches Zeugs, so ein neumodisches.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Vielleicht schmeckt’s sonst nicht künstlich genug. Ist der Metzger jetzt verdächtig?«, fragte ich nach. Aber Großmutter summte wieder nur vor sich hin.
Vielleicht sollte ich auch losgehen und Mülltonnen durchwühlen. So wie ich den Schorsch kannte, hatte er schon längst die Lust verloren und saß wieder im Warmen. Und die ganzen wertvollen Indizien, die man noch beim Metzger in der Tonne hätte finden können, landeten in der Müllverbrennungsanlage. Gut, dass wenigstens ich daran denke, lobte ich mich ein bisschen. Gleich morgen würde ich nachschauen.
Ausgerechnet der Metzger. Das wäre ein schwerer Schlag für unsere Gemeinde. Der Metzger ist nämlich eine lokale Berühmtheit bei uns im Dorf. Zumindest die Rosenkranztanten und Großmutter behaupten, dass nach ihm eine Straße benannt ist. Inzwischen glaube ich zwar, dass es mehr Johann Meiers gibt, als wir zählen können, und die Straße nach einem großen Dichter, Maler und sonst was benannt ist. Aber trotzdem. War schon ein tolles Gefühl. Man konnte immer sagen, also der Metzger, bei dem ich einkaufe, nach dem ist sogar eine Straße benannt. Johann-Meier-Straße. Die Wiener sind zwar fad, aber der Hersteller ist sehr berühmt. Und vielleicht sogar ein Mörder.
4
Zum Mülltonnenwühlen war der Tag bestens geeignet. Die Metzgerin und ihr Mann standen hinter der Theke und verkauften Beinscheiben, der Pfarrer Daschner saß wahrscheinlich am Schreibtisch und schrieb an seiner Sonntagspredigt und die Rosenkranztanten kochten sicher schon alle das Mittagessen. Ich kam mir unglaublich tapfer und mutig vor, als ich die Mülltonne öffnete. Ich hatte mir extra einen Haselnussstecken abgeschnitten, um nach den wirklich ekeligen Dingen nicht mit der Hand wühlen zu müssen. Allerdings hatte ich mir eine besonders blöde Tarnung ausgedacht, nämlich meinen Hund mitzunehmen.
Mein Hund heißt Sissi, weil ich als
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