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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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Pudschek sterben würde. Der Pudschek war noch nicht tot, denn ich sah ganz genau . . .
    Plötzlich war ich wieder in der Gegenwart. Der Film war von einem auf den nächsten Moment ausgeschaltet, und ich sah in Rosis erwartungsvolle Augen.
    »Keine Ahnung. Wie er gestorben ist«, sagte ich mit etwas piepsiger Stimme. Ich wollte nicht, dass der Film weiterlief.
    »Triffst du dich mit dem Kommissar?«, fragte die Rosl, anstatt eine Antwort zu geben.
    Ich verdrehte die Augen in der Hoffnung, sie würde mich für durchgeknallt halten.
    »Grüß dich, Lisa«, sagte hinter mir die Kathl.
    Nicht noch mehr Inquisition.
    »Grüß dich, Kathl«, antwortete ich entkräftet. Die Kathl war eigentlich nicht so schlimm wie die anderen. Sie war viel älter, aber geistig bedeutend jünger als die zwei Giftspritzen. Man sah es schon an ihrer Kleidung. Sie trug Jeans, die ihr um die Beine schlotterten, eine Art Parka und eine hochmodische Skimütze. Das war für eine 85-jährige Frau nicht schlecht, fand ich. Außerdem hatte sie Dreck unter den Fingernägeln, was ich ausgesprochen sympathisch fand.
    »Wennst schwanger bist, müsst’s heiraten«, sagte die Bet streng neben mir.
    »Ich bin nicht schwanger«, ächzte ich matt. Wobei ich mir unter dem stechenden Blick von der Bet plötzlich nicht mehr sicher war. Irgendwie war mir gerade wirklich furchtbar blümerant.
    Die Kathl zwinkerte mir zu. »Und heiraten tut ma heutzutag ned so schnell«, antwortete sie dann für mich.
    »Des sagst auch nur, weil deine Jacqueline so eine Bixn ist«, fauchte die Bet.
    Jacqueline war Kathls Enkelin. Sie lebte in Berlin mit einem Maler zusammen und hatte drei Kinder. Jeder in unserem Dorf sprach den Namen falsch aus. Denn alle sagten Tschakliiin. Drum ist die Tschakliiin wahrscheinlich auch weggezogen.
    Kathl lächelte erstaunlicherweise nur und sagte zu mir: »Dein Max ist schon ein fescher Bursch.«
    Die Kathl wieder. Das hätte ich ihr nie zugetraut, dass sie sich so auf meine Seite schlagen würde. Mir blieb der Mund offen stehen.
    »Außerdem war’s nicht richtig, dass du dem Blomberg des erzählt hast«, sagte die Kathl zur Bet. »Des ham wir noch nie g’macht.«
    »Ich hab nimma ruhig schlafen können«, sagte die Bet mit einem kalten Blick. »Und was wahr is, muss wahr bleiben.«
    Hä? Ich sah von einer zur anderen.
    »Kannst ihr sagen, dass ich ned wollt«, sagte sie zu mir, als müsste ich wissen, um was es geht. »Aber schließlich ham s’ g’sagt, wir solln sagen, was wir g’sehn ham.«
    Hä? Ihr? Sie? Wir? Wer denn nun?
    Sie war wahrscheinlich die Polizei. Wir waren nämlich aufgefordert worden, alles dem Schorsch zu erzählen, was uns gerade einfiel. O.k. Das gerade nicht, aber was wir an dem Mordtag gesehen hatten. Und besonders diejenigen, die gegenüber von der Kirche wohnten, waren prädestiniert dazu, alles Mögliche zu sehen. Gerade der Bet traute ich es zu, dass sie den ganzen Tag die Kirche beobachtete, um zu sehen, wer wie lange putzte, wer zum Beten ging und wer schnurstracks, ohne mit der Wimper zu zucken, die Kirche links liegen ließ.
    »Was wolltest du nicht?«, fragte ich schließlich nach, obwohl ich es lieber gar nicht wissen wollte.
    »Ich hab deine Großmutter g’sehn. An dem Tag.«
    Diese Zeugenaussage war bestimmt der Renner gewesen. Ich konnte mir richtig vorstellen, wie detailgetreu die Bet Großmutters Kirchgang beschrieben hatte. Und eigentlich war ich heilfroh, dass sie uns nicht angezeigt hatte wegen Verschmutzung des Kirchenvorplatzes durch unseren däm-lichen Hund, Lärmbelästigung (auch Hund) und unrühmlichen Quietschens beim Auffinden einer Leiche (ich). Aber Letzteres war ja im Orgelklang untergegangen.
    »Vater, wir haben gesündigt vor dir. Wir sind schuldig geworden an unseren Mitmenschen. Wir sind schuldig geworden an der Gemeinde deines Sohnes, an der Kirche . . .«, rasselte die Rosl leise vor sich hin.
    »Sonst ist keiner in die Kirche gangen«, stellte die Bet zufrieden fest. »Ich hab die alten Astern abg’schnitten, bei mir im Garten. Deswegen hab ich’s g’sehn. Da war kein anderer. Nur deine Wawa.«
    »Der Herr sei euch gnädig«, murmelte die Rosi, ihr Blick sah aus, als würde sie sich denken, wow, super.
    »Dann ist der Mörder halt durch eine andere Tür raus«, fauchte ich böse.
    »Du weißt doch, dass die anderen Türen zug’sperrt sind. Wenn ned Sonntag is.«
    »Dann hat halt einer offen gelassen.«
    »Wennst meinst«, sagte die Bet, und in ihren Augen lag so etwas wie ein

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