In Ewigkeit, Amen
stilles Lächeln.
»Dann hast halt nicht genügend aufgepasst«, antwortete ich. Die dumme Kuh. Und dann auch noch zum Blomberg rennen. Der glaubt jedes Wort, so wie ich den kenne. Der denkt sich bestimmt, die Bet, die neugierige Bixn, die neugierige, die passt den ganzen Tag auf. Aber dass auch eine Bet mal piesln muss, das bedenkt er wieder nicht. Außerdem – bei wem hatten sie denn blutige Metzgerschürzen gefunden? Bei uns ja wohl nicht!
»Wennst meinst«, sagte die Bet.
»Man hätt’s ned unbedingt dem Blomberg sagen müssen«, sagte die Kathl.
»Wennst dann noch ruhig schlafen kannst«, sagte die Bet. Und die Rosl sagte so etwas Ähnliches wie: »Jede Sünde ist ein Stein in der Mauer, die wir zwischen uns und Gott aufrichten.«
Wieso es eine Sünde sein sollte, wenn die Bet einmal den Mund hielt, war mir nicht ganz klar.
»Ich hab auch ned alles g’sagt, was ich weiß«, sagte die Kathl. Sie sah dabei die Bet mit einem scharfen Blick an.
»Wennst meinst«, sagte die Bet nur, als hätte sie einen Sprung in der Schallplatte.
»Ja. Des mein ich«, antwortete die Kathl.
Hinter mir schepperte etwas, als hätte der Müllwagen ein Fahrrad überfahren. Wir zuckten alle vier zusammen und drehten uns um. Am Boden lag mit einem leicht verwirrten Blick der Fischer Loisl. Wir starrten ihn alle einen langen Moment an, dann rappelte er sich auf.
»Brauchst Hilfe?«, fragte ich automatisch. Denn eigentlich wollte ich ihm gar nicht helfen. Einem Betrunkenen aufzuhelfen konnte sehr böse enden. Anscheinend hatte auch Loisl keine Lust, sich von mir helfen zu lassen. Sein Blick war voller Entsetzen, er wich vor mir zurück und versuchte sein Rad wieder aufzustellen. Was war hier eigentlich los?
»Ich hab damit nix zu tun!«, keuchte er leise vor sich hin und kämpfte mit seinem Rad, als wäre dieses lebendig geworden und würde sich gegen ihn wehren. Dabei sah er hin und wieder auf, als wollte er sich vergewissern, dass ich mich ihm nicht näherte. Ich sah vom Loisl zu den Frauen. Alle drei wirkten so, als wüssten sie, wovon er sprach. Was mich dabei mehr störte war, dass dabei jeder meinem Blick auszuweichen schien.
»Mit was denn?«, rutschte mir versehentlich heraus. Dem Loisl Fragen zu stellen, während er hackedicht war, war eine wirklich dumme Idee.
»I hab di ned g’sehn«, keuchte er mich an. Er hatte mich nicht gesehen? Was wollte er mir damit sagen?
Er sah mich an, als hätte ich vor, ihn umzubringen, und verhedderte sich fast panisch in den Pedalen, bis ihm schließlich die Flucht gelang.
Sprachlos sah ich ihm nach. Jetzt flohen schon die Betrunkenen vor mir, das war doch wohl die Höhe! Natürlich hatte er mich nicht gesehen! Bei was gesehen überhaupt? Aber bevor ich noch Fragen stellen konnte, war der Loisl schon längst über alle Berge. Als wäre der Teufel hinter ihm her, würde Großmutter sagen. Aber er hatte so ausgesehen, als wäre ihm der Teufel um einiges lieber als die Lisa Wild. Die Bet sah mich reichlich zufrieden an.
»Irgendwann überfahrn s’ den, so b’soffen, wie der Radl fährt«, kommentierte die Kathl, bevor sie sich mit einem kurzen Gruß umdrehte und ging.
»Wir haben damit nix zu tun«, sagte ich noch, obwohl das selbst in meinen Ohren ziemlich schwach klang. Wie der Fischer Loisl mich angesehen hatte. Als wäre ich eine Kettensägenmörderin und er mein nächstes Opfer.
Ich drehte mich schnell zur Kathl und ging ihr nach. Das war bestimmt alles ein Missverständnis.
Hinter mir hörte ich die Rosl beten: »Herr, du liebst mich von Ewigkeit, hast mich gewollt und gerufen, wartest auf mich. Ich vergesse dich, stelle mich taub und laufe davon.«
Ich stellte mich auch taub und lief davon. Dann war ich Gott sei Dank um die Ecke.
Ich musste ziemlich laufen, dass ich die Kathl noch einholte.
»Die Rosl und die Bet, die ham s’ ned alle«, sagte die Kathl, während sie mit energischen Schritten neben mir ging. Ich schaffte es kaum, mit ihr Schritt zu halten. Vielleicht sollte ich genau wie sie die Pfarrbriefe austragen, dann wäre meine Kondition irgendwann in 60 Jahren auch so wie ihre. Dann noch so ein paar schneidige Wanderschuhe, und ich hätte bestimmt den Mut, den dummen Dorftratschen über den Mund zu fahren, wenn sie blödes Zeug redeten.
»Besonders die Bet. Was für eine Einstellung die zu ledigen Müttern hat. Schlimm«, sagte sie auf Hochdeutsch.
»Schlimm«, bestätigte ich, fragte mich aber insgeheim, was die Kathl wohl noch alles wissen mochte. Die
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