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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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Spontan fiel mir kein einziger Fremder ein, der in den letzten drei Jahren durch unser Dorf gekommen wäre. Und verrückte Fremde hatten wir eigentlich noch weniger. Aber rein aus Solidarität hätte man doch leicht sagen können, dass es ein Fremder gewesen sein musste. Wenn nicht sogar ein verrückter Fremder.
    Der Schorsch hätte dann wieder seine Lehrgangsunterlagen herausgeholt und eingewendet, dass der Mörder nicht nur Gelegenheit, sondern auch ein Motiv haben sollte. Aber was wusste man schon über verrückte Fremde. Also konnten sie sowohl Motiv als auch Gelegenheit gehabt haben. Und aus der Kirche geschwebt sein, während die Bet gerade bei der Kathl ins Küchenfenster spähte, um zu sehen, ob sie schon abgewaschen hatte.
    Die Bet. Also ehrlich.
    Wenn ich meine Ermittlungen auf verrückte Fremde konzentrierte, würde ich allerdings nur schleppend vorwärtskommen.
    Aber die Bet war wirklich neugierig und hing ständig über dem Gartenzaun. Was, wenn wirklich keiner aus der Kirche gekommen war außer Großmutter? Es stimmte leider, dass werktags nur ein Kircheneingang offen war, nämlich der kleine, vorne neben dem Altar. Und dann hätte der Mörder da herauskommen müssen. Allerdings nur, wenn er nicht einen Schlüssel zu einer der anderen Türen gehabt hätte.
    Ich zählte gedanklich auf, wer das hätte sein können.
    Der Daschner, das ist unser Pfarrer. Einen Mesner hatten wir noch nicht, seit ich den letzten tot aufgefunden hatte. Und sonst? Vielleicht hatten ein paar Ministranten den Schlüssel aus der Sakristei geklaut. So was soll’s geben. Dann waren sämtliche Ministranten verdächtig.
    Irgendetwas an Bets Aussage war aber höchst seltsam. Obwohl ich mich eine ganze Weile konzentrierte, fiel mir nicht ein, was es sein könnte. Mein Zorn über die Bet blockierte meine ganzen Gedanken. Ich versuchte, eine Weile nicht an den Mord zu denken, vielleicht half das ja meiner Konzentrationsfähigkeit. Und da fiel mir zum Thema Bet seltsamerweise eine Geschichte aus meiner Jugend ein, die allerdings mit dem Metzger zu tun hatte. Also eigentlich hatte sie nur mit dem Metzger zu tun und gar nichts mit der Bet, und wieso mir die Geschichte gerade jetzt einfiel, wusste ich auch nicht.
    Der Metzger hatte nämlich einmal mit dem Troidl gewettet, wer am längsten Seil springen konnte und dazu schreien. Von dieser olympischen Disziplin hatte vorher und nachher kein Mensch mehr etwas gehört. Aber der Metzger, der von jeher im Boxclub in der Stadt war, hatte im Seilspringen große Übung. Und im Schreien wahrscheinlich auch. Wenn er zum Beispiel Beinscheiben mit der Kreissäge schnitt – zack-zack –, dann unterhielt er sich trotzdem weiter mit der Kundschaft.
    A bisserl Suppeng’müs dazu, das war sein Standardsatz. Des gibt a gute Suppn. Da musste man ganz schön brüllen, dass die Kundschaft einen auch verstand, bei dem Lärm, den so eine Kreissäge machte. Manchmal ließ er die Kreissäge weiterlaufen, obwohl er sie nicht benutzte, da musste man also den ganzen Einkauf durchbrüllen. Und manchmal brüllte er sogar noch weiter, auch wenn die Kreissäge schon lange nicht mehr lief.
    Jedenfalls hatte der Troidl keine Chance. Wahrscheinlich hätte der Metzger noch stundenlang brüllen und hüpfen können. Oder zumindest brüllen.
    Allerdings war der Troidl ein schlechter Verlierer. Nachdem er sich ein bisschen erholt hatte von dem vielen Springen und Schreien, hatte er Anlauf genommen und war dem Metzger mit dem Kopf voraus in den Bauch gerannt. Dem Metzger war das ein bisschen zu viel geworden, und er hatte sich über Troidls Rücken übergeben und danach mehrere Minuten Atemnot gehabt. Der Troidl hatte sich gleich mitübergeben, vor lauter Ekel, und die Zuschauer hatten beeindruckt zugesehen.
    »Troidl, du alte Sau«, hatte der Schmalzl-Wirt gesagt. »Den Saustall machst du weg!« Denn das mit dem Hüpfen und Brüllen war ihnen beim Sonntags-Frühschoppen beim Schmalzl-Wirt eingefallen. Und der Troidl hatte ihm den Vogel gezeigt und war gegangen. Das wusste ich noch ganz genau, denn das war eine der Geschichten, die jeder aus unserem Dorf aus dem Effeff kannte.
    Eine Weile sann ich darüber nach, ob und wie diese Erinnerung mit dem Wanninger zu tun hatte. Oder mit der Bet. Weil eigentlich hatte es doch auch nichts mit der Bet zu tun, oder? Aber es fiel mir nichts ein. Und ein klein wenig war ich auch froh, dass mir dazu nichts einfiel. Denn es wäre bestimmt nichts Gescheites gewesen.
    Großmutter war die ganze

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