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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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Sprache angesprochen werden und, ohne nachzudenken, in dieser Sprache antworten. Erstaunt darüber, dass man die Wörter wusste.
    Auf unserem Dach. Ich hörte wieder die Blätter auf der Straße rennen, und in meinen Ohren dröhnten lauter kleine Mini-Bisons. So war das. Genau. Und Großmutter hatte gesagt: »Sag ihm, sie soll’n jetzt runterkommen. Wenn s’ Dachziegel zertreten, regnet’s uns rein.«
    Mit den Erinnerungen war es wie mit Dominosteinen. Stieß man einen an, dann ging es ruckzuck. Zack, zack, zack, fiel einer gegen den nächsten.
    »Und, wieso war er dort?«, unterbrach Max meine Erinnerungen. Der Metzger. Er war wahrscheinlich vor dem Metzger geflohen. Und der Metzger war ihm aufs Dach gefolgt und hatte ihn runtergeworfen.
    »Ausgerechnet von unserem Dach«, schimpfte die Großmutter. »Des hängt uns doch ewig nach.«
    Ich blieb mit offenem Mund stehen. Ja. Auf unserem Dach war das gewesen. Aber der letzte Kampf vom Pudschek und dem Metzger – ausgerechnet auf unserem Dach? Konnten sie sich da nicht einen besseren Platz aussuchen für ihr großes Finale? Und überhaupt, die Bet! Das war wohl unglaublich! Sie hatte schon immer so ausgesehen, als würde sie keiner heiraten. Und dann so etwas! Zwei Rivalen, die sich auf dem Dach der Wilds prügelten, bis einer schwer verletzt vom Dach stürzte.
    Wow.
    Das war ja wie im Film.
    Ich sah den Metzger vor mir, wie er ein riesiges Schlachtermesser als Schwert einsetzte und mit gewaltigen Sprüngen über unser Dach hetzte.
    »Von unserem Dach? Der Metzger und der Pudschek haben sich auf unserem Dach geschlagen?«, fragte ich fassungslos. »Aber wie kommen die auf die Idee, dass sie dazu auf unser Dach müssen?«
    Großmutter blieb stehen und drehte sich zu mir um. »Geh, Mädl, was redst denn wieder für ein Zeug«, sagte sie tadelnd und schüttelte den Kopf. »Was sollt der Metzger bei uns am Dach?«
    Ja. Das fragte ich mich auch. Da hätten sie sich doch jedes beliebige Dach aussuchen können. Der junge Jedl zum Beispiel hatte ein Flachdach, da fiel man nicht so leicht runter.
    Wobei die Frage war, wieso überhaupt ein Dach? Sie hätten sich ja auch bei uns im Vorgarten schlagen können.
    »Wegen der damischen Katz, der damischen. Die Katz von deiner Mutter. Die wollt ned mit mit ihr.« Sie sah mich böse an, als wäre ich daran schuld, dass die Katze bei ihr auf dem Dach geblieben war. Und Mutter das Weite gesucht hatte.
    »Und der Metzger?«, fragte ich.
    »Was hast denn immer mit dem Metzger«, schimpfte sie. »Der is jedenfalls ned so g’spinnert und klettert bei Sturm auf a Dach rauf.«
    »Und der Pudschek wollte die Katze retten?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Die wär schon wieder runterkommen. Ich hab’s ihm glei g’sagt. Lass s’ oben, die Mistmatz. Wer raufkommt, der kommt auch runter. Oder?«
    Na ja.
    »Und dann hat ihn der Wind runterblasen?«, hakte ich nach. Ich sah ihn plötzlich wieder ganz deutlich vor mir liegen, in seinem Janker. Ich hörte, wie er stöhnte. Und das Laub rannte, trappelte und raste. Und die Rosenkranztanten wisperten: »Der liegt auf Intensiv. Der wird nimmer.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Meinst, ich hab Zeit g’habt, dem Pudschek beim Kraxeln zuzuschaun? Ich bin reingangen. Bei dem Wind hast ja Angst ham müssen, dass es dir die Dachziegel aufs Hirn bläst. So hat das g’wachelt. . .«
    »Und die Bet?«, fragte ich weiter. Ich hielt erstaunt inne. Ja, die Bet. Nicht der Metzger war dabei gewesen, sondern die Bet. Sie war direkt neben mir gestanden und hat geschimpft und gescholten. Ich kniff kurz die Augen zusammen. Ich hatte am Dachboden gestanden, die Dachluke war offen, der Wind pfiff herein. Manchmal nahm mir das richtig den Atem. Und neben mir war die Bet.
    Großmutter zuckte wieder nur mit den Schultern und ging weiter.
    »Die Bet war auch dabei?«, fragte Max nach.
    »Die Bet war auch dabei«, antwortete ich. Seltsam. Die Bet hatte neben mir gestanden. Geschrien hatte sie, er solle reinkommen und die Katze Katze sein lassen. Der Pudschek hatte jedenfalls gar nicht auf die Bet reagiert.
    Ausgerechnet von meinem Dach, der ung’schickte Kerl, der ung’schickte, hörte ich die Stimme meiner Großmutter aus einer vergessenen Vergangenheit sprechen.
    Ich sah plötzlich einen Janker bei uns im Vorgarten liegen, aufgerissen. Der Janker aus unserem Gartenhäusl. Das Blaulicht. Die Bet, die geschrien und gejammert hat. Und Großmutter, die mich zum Haus schob mit den Worten: »Geh rein, bei dem Wind. Es

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