In feinen Kreisen
würde auch gern mit Ihrer Köchin reden. Vielleicht weiß sie etwas über Treadwell.«
Es klopfte an der Tür, die geöffnet wurde, bevor sie Zeit zu einer Antwort hatte. Der Mann, der eintrat, war groß und breitschultrig und ein wenig zu voll um die Hüften. Seine Gesichtszüge waren sehr ausgeprägt und die Familienähnlichkeit nicht zu übersehen.
»Das ist mein Bruder, Mr. Monk«, sagte Mrs. Stourbridge.
»Sie müssen der Privatermittler sein, den Lucius hinzugezogen hat.« Der Mann sah Monk ernst an und in seiner Stimme schwang eine Traurigkeit mit, die man beinahe für Verzweiflung halten konnte. »Aiden Campbell«, stellte er sich vor und reichte Monk die Hand. »Ich fürchte, Sie werden kaum Erfolg haben«, fuhr er mit einem entschuldigenden Blick in Richtung seiner Schwester fort. Dann wandte er sich wieder Monk zu. »Mrs. Gardiner hat das Haus aus freien Stücken verlassen. Obwohl wir sonst nur wenig über die genauen Umstände wissen, scheint das zumindest unbestreitbar zu sein. Vielleicht überkamen sie plötzlich schwer wiegende Zweifel, was ihre bevorstehende Heirat betraf, die sie bis zu diesem Augenblick hatte unterdrücken können. Wir werden vielleicht nie erfahren, was ihren jähen Sinneswandel ausgelöst hat.« Er sah Monk stirnrunzelnd an. »Ich bin nicht davon überzeugt, dass die Suche nach ihr nicht zu weiterem Unglück führen wird.« Er holte tief Luft. »Keiner von uns möchte das. Bitte, seien Sie sehr vorsichtig bei Ihren Ermittlungen, Mr. Monk. Sie würden vielleicht Entdeckungen machen, von denen wir besser nichts erfahren sollten. Ich hoffe, Sie verstehen mich?«
Monk verstand ihn nur zu gut. Er teilte Campbells Ansicht. Jetzt wünschte er, er wäre klug genug gewesen, seinem ursprünglichen Gefühl nachzugeben und den Fall abzulehnen, als Lucius ihn mit den Tatsachen vertraut gemacht hatte.
»Ich bin mir dieser Möglichkeiten bewusst, Mr. Campbell«, antwortete er leise. »Ich teile Ihre Meinung, dass ich Mrs. Gardiner vielleicht nicht werde finden können und dass sie, falls ich es doch tue, möglicherweise zu ihrem Entschluss stehen wird. Ich habe jedoch Mr. Stourbridge mein Wort gegeben, dass ich nach ihr suchen werde.« Als er den Unwillen in Campbells Gesicht sah, fügte er hinzu: »Ich habe ihm meine Ansicht bezüglich der Erfolgsaussichten mitgeteilt, und ich werde ihm offen über meine Fortschritte beziehungsweise deren Ausbleiben Bericht erstatten.«
Campbell schwieg weiterhin, vergrub die Hände in den Taschen und starrte zu Boden.
»Aiden«, sagte seine Schwester sanft, »ich weiß, du glaubst nicht, dass sie zurückkommen wird, und dass die Suche nach ihr nur weiteres Unglück nach sich ziehen könnte, aber weder Harry noch Lucius werden das akzeptieren. Sie haben beide das Gefühl, alles in ihrer Macht Stehende tun zu müssen, um herauszufinden, wo sie ist, ob es ihr gut geht und warum sie weggegangen ist – Harry tut es wahrscheinlich nur für Lucius, aber er ist nichtsdestoweniger fest entschlossen. Ich glaube, wir sollten sie lieber unterstützen, anstatt ihnen das Gefühl zu geben, allein dazustehen.«
Er hob den Blick und sah sie fest an. »Natürlich.« Er lächelte, aber die Mühe, die dieses Lächeln ihn kostete, entging Monk nicht. »Natürlich, Verona. Du hast vollkommen Recht. Die Sache muss ihren Lauf nehmen. Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Mr. Monk? Vielleicht führe ich Sie am besten zum Stall, damit Sie sich dort nach James Treadwell erkundigen können. Möglich, dass er hinter der ganzen Geschichte steckt.«
Monk nahm das Angebot an, dankte Mrs. Stourbridge und entschuldigte sich. Dann folgte er Campbell die Treppe hinunter und durch eine Nebentür zu den Stallungen. Der Tag draußen war strahlend hell, und in der stickigen Hitze des Hofs mischten sich die Gerüche von Heu, Pferdeschweiß und dem durchdringenden Gestank von Mist. Er hörte ein Pferd wiehern und mit den Füßen stampfen.
Ein rothaariger Junge, der in einer Hand eine Bürste hielt, blickte neugierig zu ihm auf.
»Beantworte Mr. Monks Fragen, Billy«, befahl Campbell. »Er ist hier, um Major Stourbridge zu helfen, Treadwell und die verschwundene Kutsche zu finden.«
»Die sehen Sie nie wieder, wenn Sie mich fragen«, antwortete Billy voller Abscheu. »So ‘ne Kutsche ist ganz schön was wert.«
»Du glaubst, er hat die Kutsche verkauft und sich davongemacht?«, fragte Monk.
Billy sah ihn mit unverhohlener Verachtung an. »Klar glaub ich das! Was ‘n sonst? Er ist hier
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