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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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ein Schatten seiner selbst.
    Leichte Unruhe breitete sich im Saal aus, als die Türen geöffnet wurden und alle Anwesenden die Hälse reckten, um zu sehen, wer es war.
    Monk trat ein. Er nickte Rathbone kaum merklich zu. Rathbone drehte sich wieder um. »Falls vor der Mittagspause noch Zeit ist, Euer Ehren, würde ich gern Mr. William Monk in den Zeugenstand rufen. Er hat möglicherweise Beweise, was die Identität der Frau betrifft, deren Leiche in der letzten Nacht gefunden wurde.«
    »Dann rufen Sie ihn unbedingt in den Zeugenstand«, sagte der Richter nachdrücklich. »Wir würden alle sehr gern hören, was er zu sagen hat.«
    Erregung machte sich breit, während Monk die Stufen zum Zeugenstand hinaufstieg und dann vereidigt wurde. Es war keiner im Raum, der seine Blicke nicht auf ihn gerichtet hielt. Selbst Tobias beugte sich vor, das Gesicht sorgenvoll und mit den Fingern leise auf die Tischkante trommelnd.
    Rathbone stellte fest, dass seine Stimme ein wenig zitterte. Er musste sich räuspern, bevor er begann.
    »Mr. Monk, Sie sind damit beauftragt worden, so viel wie möglich über die Leiche, die gestern Nacht in Hampstead Heath gefunden wurde, in Erfahrung zu bringen.«
    »Seit man mich heute Morgen etwa gegen ein Uhr davon in Kenntnis gesetzt hat«, erwiderte Monk. Und tatsächlich sah er so aus, als sei er die ganze Nacht auf gewesen. Seine Kleider waren zwar in tadellosem Zustand, aber auf seinen Wangen lag ein dunkler Schatten, wo er sich noch nicht rasiert hatte.
    »Konnten Sie etwas herausfinden?«, fragte Rathbone.
    »Ja. Ich habe die Knöpfe von den Stiefeln der Leiche entfernt und ein wenig von dem Leder der Sohlen, die kaum abgetreten waren. Diese speziellen Knöpfe waren etwas Besonderes und wurden nur kurze Zeit hergestellt. Es ist kein absoluter Beweis, aber aller Wahrscheinlichkeit nach ist sie vor zweiundzwanzig Jahren getötet worden. Länger liegt es auf keinen Fall zurück, und da die Stiefel fast neu waren, ist es unwahrscheinlich, dass es weniger als zweiundzwanzig Jahre her ist. Wenn Sie den Polizeiarzt in den Zeugenstand rufen, wird er Ihnen sagen, dass es sich um eine Frau zwischen fünfundvierzig und fünfzig Jahren handelt, von mittlerer Größe und durchschnittlichem Körperbau und mit langem, grauem Haar. Irgendwann in der Vergangenheit hat sie sich einen Fuß gebrochen, der vollkommen verheilt war. Sie wurde durch einen einzigen, sehr kräftigen Schlag auf den Kopf getötet. Der Täter stand ihr gegenüber und war Rechtshänder. Oh… und sie hatte vollkommen gesunde Zähne – was für eine Frau ihres Alters ungewöhnlich ist.«
    Die Spannung im Gerichtssaal war mit Händen zu greifen. Als ein Mann auf der Galerie nieste, stieß die Frau hinter ihm einen Schrei aus, den sie sogleich zu ersticken suchte.
    Sämtliche Geschworene starrten Monk an, als sei außer ihm niemand im Saal.
    »War das derselbe Polizeiarzt, der die Leichen von Treadwell und Mrs. Stourbridge untersucht hat?«, fragte Rathbone.
    »Ja«, antwortete Monk.
    »Und war er der Meinung, dass die Schläge von ein und derselben Person geführt wurden?«
    Tobias erhob sich. »Euer Ehren, Mr. Monk verfügt über keinerlei medizinische Sachkenntnis…«
    »So ist es«, pflichtete der Richter ihm bei. »Wir können uns hier nicht mit Hörensagen abgeben, Sir Oliver. Wenn Sie diesen Beweis dem Gericht vorlegen wollen, wird der Polizeiarzt zweifellos selbst hier erscheinen. Aber wie dem auch sei, die Antwort auf diese Frage würde ich selbst gern hören.«
    »Ich habe die Absicht, das zu tun«, antwortete Rathbone. Der Gerichtsdiener trat hinter ihn, und er fügte an den Richter gewandt hinzu: »Entschuldigen Sie mich bitte, Euer Ehren.« Er nahm den Zettel, der ihm überreicht wurde, und las.
    Bei dem Täter kann es sich nicht um einen Erpresser von Cleo handeln – sie hat damals noch keine Medikamente gestohlen. Der Apotheker kann das beweisen. Rufen Sie mich in den Zeugenstand. Hester.
    Das Gericht wartete.
    »Euer Ehren, darf ich Mrs. Monk in den Zeugenstand rufen, und zwar bezüglich der Frage, ob Mrs. Andersen vor zweiundzwanzig Jahren bereits wegen Medikamentendiebstahls erpresst worden sein kann?«
    »Kann sie denn zu dem Thema etwas sagen?«, fragte der Richter überrascht. »Sie muss damals doch noch ein Kind gewesen sein?«
    »Sie hat Zugang zu den Unterlagen des Krankenhauses, Euer Ehren.«
    »Dann rufen Sie sie auf, aber ich werde vielleicht darum bitten müssen, dass die Unterlagen hergebracht und als

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