In feinen Kreisen
haben. Der Schädel wies ein großes Loch auf, als hätte ihn ein schwerer Gegenstand getroffen. Der Schlag hat sie allem Anschein nach getötet.«
»Ich danke Ihnen«, sagte Rathbone leise. »Sie müssen müde sein und gewiss haben die Erlebnisse der vergangenen Nacht Ihnen sehr zugesetzt.«
Sie nickte.
Rathbone wandte sich zu Tobias um.
Tobias trat vor und schüttelte kaum merklich den Kopf. Als er zu sprechen begann, war seine Stimme sehr sanft. Er war viel zu gerissen, um nicht zu wissen, dass das Gericht auf ihrer Seite war.
»Mrs. Monk, darf ich Sie zu Ihrem Mut beglückwünschen und zu Ihrer Entschlossenheit, die Wahrheit herauszufinden. Es ist eine sehr noble Sache und Sie scheinen sich sehr dafür eingesetzt zu haben.« In seinen Worten schwang nicht ein Hauch von Sarkasmus mit.
»Vielen Dank«, sagte sie argwöhnisch.
»Sagen Sie mir, Mrs. Monk, wies der Leichnam dieser unglücklichen Frau irgendwelche Spuren auf, die auf ihre Identität schließen ließen?«
»So weit ich weiß, nicht. Sergeant Robb versucht gerade, das in Erfahrung zu bringen.«
»Und wie will er das bewerkstelligen? Mit den Resten von Stoff und Leder, die er gefunden hat?«
»Das werden Sie ihn selbst fragen müssen«, antwortete sie.
»Wenn er glaubt, dass dieses Unglück irgendetwas mit dem gegenwärtigen Fall zu tun hat, und wenn er uns aus diesem Grund die Gelegenheit zu einer Befragung gibt, dann werde ich das sicher tun!«, pflichtete Tobias ihr bei. »Aber Sie scheinen der Meinung zu sein, dass dieser Todesfall für uns von Bedeutung ist. Warum sind Sie hier, Mrs. Monk, einmal abgesehen von Ihrem Wunsch, eine Ihrer Kolleginnen zu schützen?«
Rote Flecken breiteten sich auf Hesters Wangen aus.
Wenn sie sich eingebildet hatte, er würde freundlich mit ihr umgehen, hatte er sie jetzt eines Besseren belehrt.
»Weil wir die Tote genau dort gefunden haben, wo sie laut Miriam Gardiner ermordet wurde!«, erwiderte sie mit einem Anflug von Schärfe.
»In der Tat?« Tobias hob die Augenbrauen. »Ich habe Mrs. Andersons Worten entnommen, dass Mrs. Gardiner – damals Miss Speake – absolut verwirrt war. Tatsächlich glaubte selbst Mrs. Anderson nicht mehr, dass es einen Mord gegeben hatte, dass eine Leiche dort zu finden sein würde!«
»Ist das eine Frage?«, erkundigte Hester sich.
»Nein – nein, es ist eine Feststellung«, sagte er schneidend.
»Sie haben also irgendwo in Hampstead Heath, in irgendeinem Baum, diese grässlichen Überreste eines Menschen gefunden. Alles, was wir wissen, ist, dass die Leiche sich in der Nähe von Green Man Hill befand. Weist irgendetwas darauf hin, wie lange sie dort gelegen hat – abgesehen davon, dass es offensichtlich mehr als zehn oder elf Jahre waren. Könnten es fünfundzwanzig gewesen sein? Oder, sagen wir, dreißig? Oder vielleicht sogar fünfzig Jahre, Mrs. Monk?«
Sie erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Ich habe nicht die notwendige Qualifikation, um das zu beantworten, Mr. Tobias. Sie werden Sergeant Robb fragen müssen oder sogar den Polizeiarzt. Mr. Monk untersucht jedoch gerade die Stiefel, weil er glaubt, mit ihnen vielleicht etwas beweisen zu können. Knöpfe haben oft ein spezielles Muster, wie Sie wissen.«
»Ihr Mann ist Experte für Knöpfe auf Damenstiefeln?«, fragte er.
»Er ist ein Experte, was das Auswerten von Beweismitteln betrifft«, antwortete sie kühl. »Er wird wissen, bei wem er sich erkundigen muss.«
»Zweifellos«, sagte Tobias sarkastisch. »Aber wir müssen mit den Beweisen arbeiten, die wir haben, und anhand dieses Materials zu vernünftigen Schlussfolgerungen kommen.
Gibt es Ihres Wissens etwas, das uns beweist, dass diese unglückliche Frau, deren Leiche Sie gefunden haben, etwas mit den Morden an James Treadwell und Mrs. Verona Stourbridge zu tun hat?«
»Ja! Sie sagten, Miriam Gardiner rede Unsinn, weil in Hampstead Heath nie eine Frauenleiche gefunden wurde, wie sie beschrieben hat. Nun, jetzt ist eine Leiche gefunden worden! Mrs. Gardiner hat nicht gelogen, und das Ganze war auch keine Ausgeburt ihrer Phantasie. Es hat tatsächlich einen Mord gegeben. Da sie das Verbrechen beschrieben hat, liegt doch die Vermutung nahe, dass sie es mit angesehen hat, genau wie sie sagte.«
»Es wurde die Leiche einer Frau gefunden«, korrigierte Tobias sie. »Wir wissen nicht, ob es ein Mord war, obwohl ich akzeptiere, dass es durchaus einer gewesen sein könnte. Aber wir wissen nicht, wer die Frau war, was ihr zugestoßen ist
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