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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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entfernt. Genau der richtige Punkt, um seine Suche wieder aufzunehmen. Er beschleunigte seinen Schritt. Jetzt hatte er ein Ziel vor Augen.
    Er öffnete die Tür und im Innern läutete eine Glocke, die ein wenig blechern klang. Ein älterer Herr trat hinter einem Vorhang hervor und sah Monk erwartungsvoll an.
    »Ja, Sir. Wunderschöner Tag heute, nicht wahr? Was kann ich für Sie tun, Sir? Tee, Kerzen, ein halbes Pfund Pfefferminzbonbons vielleicht?« Er deutete mit einer Hand auf das Durcheinander um ihn herum. »Oder eine Postkarte für einen Penny? Vielleicht brauchen Sie ja ein Knäuel Bindfaden oder Siegellack?«
    »Bindfaden und Siegellack klingen gut«, pflichtete Monk ihm bei. »Und Pfefferminzbonbons sind auch nicht schlecht an einem so warmen Tag. Vielen Dank.«
    Der Mann nickte mehrmals und machte sich auf die Suche nach den genannten Waren.
    »Mrs. Gardiner sagte, bei Ihnen würde ich fast alles bekommen, was ich brauche«, bemerkte Monk, der den Mann genau beobachtete.
    »Ach, das hat sie gesagt?« Der Krämer antwortete ihm, ohne aufzusehen. »Das ist wirklich eine nette Dame, zweifellos! Ich freue mich für sie, dass sie wieder heiraten wird, und das meine ich ernst. Ist viel zu früh Witwe geworden, das arme Ding. Oh! Da ist der Siegellack.« Er hielt ihn triumphierend in die Höhe.
    »Er hat auch eine schöne Farbe. Nicht zu orange. Ich hab’s nicht gern, wenn er zu orange ist. Rot ist besser.«
    »Sie kennen sie wahrscheinlich schon lange«, bemerkte Monk beiläufig, während er mit einem Kopfnicken seine Zustimmung zum Kauf des Lacks signalisierte.
    »Mein lieber Herr, ich kenne sie, seit sie als kleines Mädchen hierherkam, und das ist nicht gelogen«, stimmte er Monk zu.
    »Armes kleines Ding!«
    Monk versteifte sich. Was konnte er sagen, um dem Mann weitere Vertraulichkeiten dieser Art zu entlocken, ohne seine Neugier zu verraten?
    Der Krämer hatte den Bindfaden gefunden und richtete sich mit einem Knäuel in jeder Hand aus seiner gebückten Haltung auf.
    »Bitte schön, Sir!«, sagte er triumphierend und mit strahlender Miene. »Welche Sorte möchten Sie? Das da ist ein guter Bindfaden für Päckchen und dergleichen und der andere ist weicher und eignet sich besser zum Zusammenbinden von Pflanzen. Schneidet nicht in die Stängel, verstehen Sie?«
    »Ich nehme beide«, antwortete Monk, dessen Gedanken sich überschlugen. »Und zwei Stangen Siegellack. Wie Sie bereits sagten, die Farbe ist sehr ansprechend.«
    »Gut! Gut! Und die Pfefferminzbonbons. Vergessen Sie nur nicht die Pfefferminzbonbons!« Er legte die beiden Knäuel Bindfaden auf die Theke und verschwand wieder darunter, wahrscheinlich auf der Suche nach einer zweiten Stange Siegelwachs. Monk hoffte, dass es nicht die Pfefferminzbonbons waren, die in den staubigen Schubfächern lagerten.
    »Ich wusste gar nicht, dass sie so jung war, als es passierte«, sagte Monk beiläufig.
    »Mein lieber Herr, nicht mehr als zwölf oder dreizehn war sie, und das ist nicht gelogen«, antwortete der Mann, der auf allen vieren die Regalfächer unter der Theke durchsuchte. Schließlich zog er einen großen Karton voller Umschläge und Leinenpapier hervor. »Armes kleines Geschöpf. Wie winzig sie war, einfach schrecklich. Und sie hatte keinen Menschen auf der Welt. Damals jedenfalls nicht. Aber natürlich hat unsere Cleo sie bei sich aufgenommen.« Er zog einen weiteren Kasten mit verschiedenen Papieren hervor. Monk interessierte sich nicht im Mindesten für den Siegellack, aber er wollte den Redefluss des Mannes nicht unterbrechen. »Eine gute Frau, die Cleo Anderson. Ein Herz aus Gold, lassen Sie sich da bloß nichts anderes einreden«, fuhr der Mann mit großem Nachdruck fort.
    »Bitte, machen Sie sich keine Mühe.« Monk war bestürzt, dass er dem alten Krämer so viel Arbeit machte, außerdem hatte er jetzt, was er wollte. »Ich benötige die zweite Stange Siegellack nicht dringend, mir gefiel lediglich die Farbe.«
    »Man darf sich nie geschlagen geben«, murmelte der Mann aus den Tiefen der Theke. »Das haben sie einem immer bei Trafalgar eingetrichtert – und bei Waterloo bestimmt auch. Man darf einen Kunden nicht unzufrieden weggehen lassen.«
    »Ich nehme an, Sie kennen auch Mr. Treadwell?« Monk versuchte es mit einer letzten weiteren Frage.
    »Ich glaube nicht. Ah! Da ist es ja! Ich wusste doch, dass ich noch irgendwo welches habe. Eine halbe Kiste!« Er erhob sich mühsam, die Schultern voller Staub und einen Pappkarton in einer Hand. Er

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