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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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neugierig und strich sich geistesabwesend das Haar zurück. »Ich fürchte, der Herr schläft noch.« Dann wurde ihr wohl bewusst, dass sie bereits zu viel gesagt hatte. »Ich meine, er hat noch nicht gefrühstückt.«
    Monk rang sich ein Lächeln ab. »Sie können mir sicher helfen, ohne die übrigen Bewohner des Hauses zu stören. Ich fürchte, ich habe mich verlaufen. Ich kenne mich nicht besonders gut aus hier in der Gegend. Ich suche eine gewisse Mrs. Miriam Gardiner, die, so weit ich weiß, irgendwo hier in der Nähe wohnt.« Er wusste sehr genau, dass sie ungefähr fünf Häuser weiter wohnte, aber er wollte so viel wie möglich von dieser jungen Dienerin erfahren. Sie musste Miriam Gardiner gekannt haben, und sie bekam sicher all den Klatsch und Tratsch der Nachbarschaft zu hören. Wenn zwischen ihr und Treadwell tatsächlich eine Beziehung bestanden hatte, dann waren sie hier, weit entfernt vom Cleveland Square, vielleicht weniger vorsichtig gewesen.
    »Mrs. Gardiner? O ja«, antwortete sie fröhlich. Sie trat einen Schritt weiter vor das Haus, um ihm den Weg zu weisen. »Sie müssen dort entlanggehen. Vier Häuser weiter wohnt Mrs. Gardiner. Vielleicht sind es auch fünf, jedenfalls hat sie Hausnummer acht. Gehen Sie einfach geradeaus. Sie können es nicht verfehlen.«
    »Wissen Sie zufällig, ob sie im Augenblick zu Hause ist?«, fragte er, ohne sich von der Stelle zu rühren.
    »Nein, da bin ich überfragt. Ich hab sie seit einer Woche nicht mehr gesehen. Die Leute sagen, sie wollte sich wieder verheiraten, und wenn Sie mich fragen, ist das eine gute Sache.«
    »Ihr zukünftiger Gemahl ist ein älterer Herr, der ungefähr eine Meile von hier entfernt wohnt, stimmt das?«, Monk gab sich bewusst ein wenig naiv.
    »Davon weiß ich nichts«, antwortete das Mädchen. »Aber irgendwie glaube ich das nicht. Er kommt immer mit einer richtig eleganten Kutsche vorgefahren, der Herr. Und tolle Pferde hat er! Laufen nebeneinander her, als wären es Maschinen. «
    »Haben sie auch die gleiche Farbe?«, erkundigte Monk sich interessiert.
    »Die Farbe ist nicht wichtig«, antwortete sie ein wenig ungeduldig. »Größe und Gangart machen ein gutes Paar aus.«
    »Verstehen Sie etwas von Pferden?«, fragte er weiter.
    »Mein Pa war Kutscher«, erwiderte sie. »Er war der Beste, auch wenn ich das selber sage.«
    Er lächelte und diesmal war sein Lächeln echt. Etwas an ihrem Stolz auf ihren Vater gefiel ihm. »Ich nehme an, Sie haben die Pferde ziemlich oft hier gesehen? Taugte der Kutscher was?«
    »Einigermaßen«, erwiderte sie mit Sachverstand. »Nicht annähernd so gut wie mein Pa allerdings. Eine zu harte Hand.«
    »Haben Sie ihn in letzter Zeit mal hier gesehen? Ich würde gern ein paar Worte mit ihm reden.« Er hielt es für besser, einen Grund für all seine Fragen anzugeben.
    »Nein, in den letzten paar Tagen war er nicht mehr hier, so weit ich weiß.« Sie schüttelte den Kopf, als verwundere sie dieser Umstand. »Aber normalerweise sieht man ihn ziemlich oft hier in der Gegend. Ich bin ihm neulich in der High Street begegnet. Diese Pferde würde ich überall erkennen. Er fuhr Richtung Heide.«
    »Sie meinen, die Kutsche war nicht auf dem Weg zu Mrs. Gardiners Haus«, fragte er überrascht. »Ist es möglich, dass er in ein Wirtshaus wollte?«
    »In der Richtung gibt es kein Wirtshaus«, antwortete sie. »Er muss jemanden da gekannt haben.«
    »Ich danke Ihnen! Ich danke Ihnen ganz herzlich.« Er trat zurück. »Auf Wiedersehen.«
    Sie sah ihm lächelnd nach, als er davonging, dann kehrte sie ins Haus zurück.
    Monk unterhielt sich gerade mit einem Gärtner, der eifrig Unkraut jätete, als er Sergeant Robb um die Straßenecke biegen sah. Er war tief in Gedanken und hatte die Hände in den Taschen vergraben. Seinem konzentrierten Gesichtsausdruck nach zerbrach er sich über etwas den Kopf, das ihm schwer zu schaffen machte.
    Monk war dankbar für diesen Umstand, denn sonst hätte Robb ihn sicherlich erkannt, und das wollte er gern vermeiden. Der Sergeant schien genauso gründlich nach Miriam zu suchen wie er selbst. Aber Monk musste sie als Erster finden und sei es nur, um ihr Zeit zu geben, sich auf ihre Aussage bei der Polizei vorzubereiten.
    Er bedankte sich bei dem Gärtner, machte auf dem Absatz kehrt und ging so schnell er konnte weiter, ohne allzu große Aufmerksamkeit zu erregen. Er bog in die erste Nebenstraße ein.
    Aber Robb überquerte nicht die Straße. Verdammt! Er musste stehen geblieben sein, um

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