In feinen Kreisen
Qual, die er darin las, weckte ernste Zweifel in ihm. War es richtig, was er hier tat? Er hatte Angst vor dem, was er möglicherweise enthüllen würde.
»Er weiß nicht, was er glauben soll«, fuhr Monk behutsam fort, »abgesehen davon, dass Sie nicht wissentlich etwas Böses tun könnten.«
Sie holte Luft und begann zu weinen. Ungeduldig wischte sie die Tränen fort, aber es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte.
»Ich kann nicht zurückkommen.« Es war eine Feststellung, an der es nichts zu rütteln gab. In ihrer Stimme lag nicht der Schimmer einer Hoffnung, dass sich etwas an ihrer Entscheidung ändern würde.
»Ich kann versuchen, die Polizei von Ihnen fernzuhalten«, sagte er, als sei dies eine Antwort auf ihre Worte. »Aber es wird mir vielleicht nicht gelingen. Sie sind mir dicht auf den Fersen.«
Mrs. Whitbread ging um ihn herum und nahm die Töpfe vom Herd. Sie sah Monk mit Abscheu an.
Miriam machte ihr Platz.
»Was ist passiert?«, fragte Monk, so sanft er konnte.
Sie räusperte sich. Ihre Stimme war heiser. »Geht es Cleo – Mrs. Anderson – gut?«
»Ja.«
Es hatte keinen Sinn ihr zu sagen, dass Cleo Anderson in Gefahr war, falls Robb den Eindruck gewann, dass sie ihm Informationen vorenthielt oder dass es kein Zufall war, dass man Treadwell vor ihrem Haus gefunden hatte.
Miriam schien sich ein wenig zu entspannen. Ihre Wangen röteten sich wieder.
»Wo haben Sie Treadwell das letzte Mal gesehen?«, fragte er. Sie biss sich auf die Lippen und schüttelte kaum merklich den Kopf.
Er sprach mit Bedacht sehr leise und geduldig, um möglichst wenig einschüchternd zu klingen.
»Sie werden diese Fragen irgendwann beantworten müssen, wenn nicht mir, dann der Polizei. Er wurde ermordet, erschlagen …« Monk brachte den Satz nicht zu Ende. Sie war so aschfahl geworden, dass er fürchtete, sie werde in Ohnmacht fallen. Er machte einen Satz auf sie zu und hielt sie an den Armen fest, dann schob er sie rückwärts zu einem Küchenstuhl, wo er sie noch einen Augenblick stützte, bevor sie sich auf den Stuhl sinken ließ.
»Raus!«, hörte er Mrs. Whitbreads wütende Stimme.
»Verlassen Sie mein Haus!« Sie griff nach der Stielpfanne und machte einen Schritt auf ihn zu.
Er wich nicht zurück, behielt sie aber im Auge. »Setzen Sie den Kessel auf«, befahl er. »Mich wegzuschicken, ist keine Lösung. Wenn die Polizei auftaucht, und das wird sie, dann kommt sie nicht in Freundschaft, wie ich es tue. Die Polizei wird nur nach Beweisen suchen und Gerechtigkeit fordern – oder was sie dafür hält.«
Miriam schloss die Augen. Sie brauchte ihre ganze Kraft, um langsam ein und auszuatmen und nicht ohnmächtig zu werden.
Mrs. Whitbread füllte widerstrebend den Kessel mit Wasser und stellte ihn auf den Herd. Sie musterte Monk argwöhnisch, bevor sie schließlich Tassen und eine Kanne aus dem Schrank kramte. Dann ging sie mit klappernden Absätzen zur Speisekammer, um die Milch zu holen.
Monk setzte sich auf den Stuhl Miriam gegenüber.
»Was ist passiert?«, wiederholte er. »Wo war Treadwell, als Sie ihn das letzte Mal sahen? Lebte er zu diesem Zeitpunkt noch?«
»Ja…«, flüsterte sie, aber als sie den Blick hob, stand ein so tiefes Entsetzen darin, dass ihre Worte ihm wenig tröstlich erschienen.
»Waren Sie dabei, als er getötet wurde?«
Sie schüttelte den Kopf, eine Bewegung, die Monk kaum wahrnehmen konnte.
»Wissen Sie, wer ihn getötet hat oder warum?« Sie sagte nichts.
Mrs. Whitbread kam mit einem Krug Milch zurück. Sie funkelte Monk wütend an, aber sie unterbrach ihn nicht. Sie ging durch den Raum und goss ein wenig kochendes Wasser in die Kanne, um sie wärmen.
»Wer hat Treadwell getötet?«, fragte Monk noch einmal.
»Und warum?«
Miriam sah ihn mit großen Augen an. »Ich kann es Ihnen nicht sagen«, flüsterte sie. »Ich kann Ihnen gar nichts sagen. Ich kann nicht mit Ihnen kommen. Bitte gehen Sie. Ich kann nicht helfen – es gibt nichts – nichts, was ich tun könnte.«
In ihrer Stimme lag eine solche Hoffnungslosigkeit, dass alle Einwände auf seinen Lippen erstarben.
Der Kessel begann zu pfeifen. Mrs. Whitbread nahm ihn vom Herd und drehte sich zu Monk um.
»Gehen Sie jetzt«, sagte sie ruhig, aber ihr Blick war hart. »Es gibt hier nichts für Sie zu erfahren. Sagen Sie Lucius Stourbridge, was immer Sie ihm sagen wollen, aber gehen Sie jetzt. Wenn Sie zurückkommen, wird Miriam nicht mehr hier sein. Es gibt genug andere Leute, die sie
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