In feinen Kreisen
weiterzuverfolgen. Wichtiger als alles andere war es, in Sichtweite des Hauses zu bleiben, damit er Mrs. Whitbread folgen konnte, wenn sie das Haus verließ. Gleichzeitig durfte er Robb keine Gelegenheit geben, sich seinerseits auf Monks Fährte zu setzen. Und auch das spielte natürlich nur dann eine Rolle, wenn das Dienstmädchen an der Tür Robb nicht die gleiche Information wie ihm gab. Das Ergebnis hing wahrscheinlich von Mrs. Whitbreads Geistesgegenwart ab.
Er sah Robb an, lächelte dann und verabschiedete sich. Er würde einen Kreis um das Haus machen und äußerst vorsichtig zurückkehren.
Mrs. Whitbread brach um Viertel vor fünf auf. Robb war nirgends zu sehen. Während Monk ihr in sicherem Abstand folgte, fiel seine Müdigkeit, die er inzwischen verspürte, von ihm ab, und seine Sinne schärften sich. Ein Gefühl der Hoffnung erfüllte ihn.
Sie waren nicht weit gegangen, vielleicht eineinviertel Meilen, als Mrs. Whitbread, eine hagere Frau mit einem sanften Gesicht, sich einem kleinen Haus auf der Kemplay Road näherte und mit einem Schlüssel die Haustür öffnete.
Monk wartete ein paar Sekunden, sah sich nach beiden Seiten um und trat dann, als er niemanden entdecken konnte, an die Tür. Er klopfte.
Einen Moment später stand Mrs. Whitbread vor ihm und musterte ihn argwöhnisch. »Ja?«
Er hatte lange darüber nachgedacht, was er sagen sollte. Es lag auf der Hand, dass Miriam weder von der Polizei noch von Lucius Stourbridge gefunden werden wollte. Wenn sie Letzterem gegenüber vertraut hätte, hätte sie sich schon lange bei ihm gemeldet. Entweder fürchtete sie, er werde sie an die Polizei verraten, oder aber sie wollte ihn schützen.
»Guten Abend, Mrs. Whitbread«, sagte Monk mit fester Stimme. »Ich habe eine dringende Nachricht von Mrs. Anderson – für Miriam. Ich muss sie sofort sprechen.« Cleo Anderson war der einzige Name, der vielleicht Vertrauen weckte.
Sie zögerte nur kurz, dann zog sie die Tür weiter auf.
»Sie kommen besser herein«, sagte sie hastig. »Man kann nie wissen, wer einen beobachtet. Ich hatte heute erst einen Besuch von der Polizei, in dem Haus, in dem ich arbeite.«
Monk trat ein, und sie schloss die Tür hinter ihm. »Ich weiß, ich war derjenige, der sie unbeabsichtigt auf Ihre Spur gebracht hat. Haben Sie dem Polizisten etwas gesagt?«
»Natürlich nicht«, antwortete sie und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Denen traue ich nicht über den Weg. Kann ich mir gar nicht leisten.«
Er sagte nichts, sondern folgte ihr durch den Flur in die Küche. Am Herd stand, mit weit aufgerissenen Augen, die Frau, nach der er gesucht hatte. Er wusste sofort, dass es Miriam Gardiner war. Sie entsprach ganz genau Lucius’ Beschreibung: durchschnittlich groß, sanft gerundete Figur, ein schön proportioniertes, weiches Gesicht, in dem jedoch eine gewisse Stärke verborgen lag. Auf den ersten Blick wirkte sie sehr sanftmütig, eine Frau, die denen, die sie liebte, gehorchte und ihnen gefallen wollte, aber sie besaß eine natürliche Würde. Schon in diesen wenigen Augenblicken wurde Monk klar, warum Lucius Stourbridge so leidenschaftlich nach ihr suchte , ungeachtet der Umstände, unter denen James Treadwell zu Tode gekommen sein mochte.
»Mrs. Gardiner«, sagte er leise, »ich bin nicht von der Polizei. Aber ich komme auch nicht von Mrs. Anderson. Ich habe in diesem Punkt gelogen, weil ich befürchtete, Sie würden nicht mit mir sprechen. Aber ich komme von Lucius Stourbridge.«
Sie erstarrte und schien plötzlich nicht mehr wahrzunehmen, dass die Deckel der Töpfe auf dem Herd laut klapperten. Bis auf dieses Geräusch war es vollkommen still im Raum. Miriams Angst war beinahe mit Händen zu greifen.
Monk wusste, dass Mrs. Whitbread mit vor Zorn funkelnden Augen neben ihm stand. Er war froh, dass die Stielpfanne an der Wand gegenüber für sie außer Reichweite war, denn er hätte es ihr durchaus zugetraut, dass sie damit auf ihn losging.
»Ich bin nicht hier, um Sie nach Bayswater zurückzubringen«, sagte er sanft und ohne den Blick von Miriam abzuwenden. »Ich will Sie auch nicht zur Polizei bringen. Wenn Sie wünschen, dass ich Mr. Stourbridge nicht mitteile, wo Sie sich befinden, werde ich das auch nicht tun. Ich werde ihm lediglich sagen, dass Sie noch leben und unverletzt sind. Er macht sich große Sorgen um Sie und das wird ihn zumindest beruhigen, auch wenn es wohl kaum etwas erklärt.«
Miriam erwiderte seinen Blick. Ihr Gesicht war leichenblass. Die
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