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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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mir folgen würden. Es schien das Naheliegende zu sein, wenn Ihnen selbst nichts eingefallen wäre.« In seiner Stimme lag Verachtung. »Warum haben Sie hier auf mich gewartet? Ich nehme an, Sie wussten, dass ich zu meinem Großvater gehen würde.«
    Monk zuckte zusammen und stellte zu seiner eigenen Überraschung fest, dass die Worte des anderen ihn kränkten. Das hatte er nicht verdient. Sicher, er versuchte Robb bei der Suche nach Miriam zuvorzukommen, aber damit hatte Lucius Stourbridge ihn schließlich beauftragt. Und das war Robb bekannt.
    »Natürlich wusste ich, wo Sie hinwollten«, antwortete er mit beinahe ausdrucksloser Stimme. »Aber ich bin Ihnen deshalb nicht nachgegangen, weil ich Ihnen von Anfang an nicht gefolgt bin. Überrascht es Sie denn, dass meine Ermittlungen mich an dieselben Orte führen wie Sie?«
    »Nein«, sagte Robb sofort. »Sie haben einen weithin bekannten Ruf, Inspektor Monk.« Er äußerte sich nicht näher über die Art dieses Rufs, aber der Ausdruck in seinen Augen sagte alles.
    Die Erinnerungen an Runcorn kehrten zurück, an seinen stets latenten Zorn, den er unter einer dünnen Tünche von Selbstbeherrschung verbarg, die Angst, die durch die Fassade aufschimmerte, die Erwartung, dass Monk ihm, egal, was er tat, immer zuvorkommen würde, dass er seine Autorität untergraben und die Antwort als Erster finden würde. Diese Gefühle hatten sich im Lauf der Jahre so tief eingeprägt, dass sie keiner bewussten Überlegung mehr bedurften, sondern reiner Instinkt waren – so wie man zusammenzuckte, bevor man geschlagen wurde.
    Nach dem Unfall hatte Monk hier und da Dinge über sich selbst erfahren und sie zusammengefügt, wobei er sich manchmal gewünscht hätte, sie seien nicht wahr. Aber er hatte diese Eigenschaften doch im letzten Jahr abgelegt! Er besaß zwar immer noch eine scharfe Zunge und konnte Narren nicht ertragen – aber er war nicht ungerecht! Robb beurteilte ihn nach seiner Vergangenheit.
    »Offensichtlich«, erwiderte er kühl. Er wusste auch, dass er in dem Ruf stand, sein Handwerk zu verstehen. »Dann sollte es Sie nicht überraschen, dass ich dieselben Schlussfolgerungen gezogen habe wie Sie und auf dieselbe Person gestoßen bin , ohne Ihre Fährte verfolgen zu müssen!«
    Robb straffte die Schultern und versteifte sich. In seiner Miene spiegelten sich Verachtung und Abneigung, aber gleichzeitig auch die Erkenntnis, dass er es mit einem überlegenen Feind zu tun hatte.
    »Sie haben mir gegenüber einen Vorteil, Mr. Monk. Sie kennen meinen einzigen wunden Punkt. Sie müssen die Angelegenheiten so angehen, wie Sie es für richtig halten, aber ich lasse mich nicht erpressen, auf die Verfolgung des Mörders von James Treadwell zu verzichten – ob es sich dabei nun um Mrs. Gardiner handelt oder nicht.« Er sah Monk mit ruhigem Blick an.
    Monk war plötzlich übel. So ein Mensch konnte er nicht gewesen sein! Ein Mensch, der schäbig genug war, einen jungen Mann zu erpressen, weil dieser einen Teil seiner Dienstzeit darauf verwandte, seinen alten kranken Großvater zu versorgen?
    Sein Mund war mit einem Mal trocken geworden, und es fiel ihm schwer, Worte zu finden. Was hatte er sagen wollen? Er würde dem anderen nicht mit Bitten kommen, das wäre ebenso demütigend wie sinnlos gewesen.
    »Worüber Sie mit Ihren Vorgesetzten sprechen, ist Ihre Angelegenheit«, erwiderte er eisig, »wenn Sie überhaupt mit ihnen über etwas sprechen. Ich persönlich hielt es nie für nötig, meinen Vorgesetzten Erklärungen abzugeben. Meine Arbeit hat für mich gesprochen.« Er klang arrogant und er wusste es. Aber was er sagte, entsprach der Wahrheit.
    Er sah einen Anflug von Anerkennung in Robbs Gesicht aufschimmern und Vertrauen.
    »Und Sie werden feststellen, dass ich eine Menge Fehler gemacht habe«, fuhr er mit schneidender Stimme fort. »Aber Sie werden niemanden finden, der Ihnen sagen wird, ich hätte mich auf das Niveau eines Erpressers herabgelassen.«
    Ganz allmählich entspannte sich Robbs Haltung. Er sah Monk immer noch argwöhnisch an, aber während langsam die Furcht von ihm wich, verschwand auch die Feindseligkeit aus seinen Augen. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Es tut mir Leid – vielleicht habe ich Ihre Fähigkeiten unterschätzt.« Das war das Äußerste an Entschuldigung, was Monk von ihm zu hören bekommen würde.
    Monk ging es allerdings nicht um seine Fähigkeiten, sondern um seine Ehre, aber es hätte keinen Sinn gehabt, diese Frage im Augenblick

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