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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Augenblick lang sah die junge Frau ihn verständnislos an, aber sie wollte gern hilfsbereit sein. »Sind Sie sicher, dass Sie das richtige Haus erwischt haben, Sir? Hier wohnt niemand außer dem alten Mr. Hornchurch.«
    »Oh.« Er war verwirrt. Was konnte Robb von dem alten Mr. Hornchurch gewollt haben?
    Ihre Miene hellte sich auf. »Vielleicht meinte sie die Haushälterin, Mrs. Whitbread, die tagsüber herkommt und für Mr. Hornchurch kocht. Sie war sehr krank im vorletzten Winter, und Mrs. Gardiner hat sie damals gepflegt.«
    Er spürte, wie ihm vor Erleichterung ganz flau im Magen wurde. Bevor er wieder richtig durchatmen konnte, schluckte er.
    »Ja. Natürlich. Das hätte ich erwähnen sollen. Vielleicht wäre es einfacher, wenn ich Mrs. Whitbread in ihrem eigenen Heim besuchen würde? Können Sie mir sagen, wie ich von hier aus dorthin komme?« An wen sollte Miriam sich in ihrer Lage wenden, wenn nicht an Menschen, denen sie in ihrer Not beigestanden hatte?
    Das Mädchen sah ihn zweifelnd an. »Vielleicht. Ich werde sie fragen. Sie hat es nicht gern, wenn jemand zu ihr nach Hause kommt. Ich schätze, wenn man mit seiner Arbeit fertig ist, möchte man gern für sich sein.«
    »Natürlich«, pflichtete er ihr bei. Er stand noch immer ein gutes Stück von der Treppe entfernt. »Aber Sie könnten ihr doch sicher eine Nachricht übermitteln, wenn Sie so freundlich sein wollten?«
    »Das kann ich ganz sicher«, stimmte sie erleichtert zu.
    Er nahm ein Stück Papier und einen Bleistift aus der Tasche und schrieb. »Sagen Sie Sergeant Robb nichts über Miriam«, dann faltete er das Papier zweimal zusammen, knickte die Enden um und gab es dem Mädchen. »Es ist wichtig, dass Mrs. Whitbread die Nachricht sofort erhält«, schärfte er der jungen Frau ein. »Und wenn die Polizei Sie besucht, seien Sie sehr vorsichtig, was Sie sagen.«
    Ihre Augen weiteten sich. »Das mach ich«, versprach sie.
    »Man soll nie mit denen sprechen, das sagt mein Vater auch immer. Das ist das Beste. Ich habe nichts gehört und nichts gesehen.«
    »Sehr klug«, nickte er und lächelte ihr noch einmal zu , »vielen Dank.« Dann drehte er sich um und wandte sich zum Gehen.
    Er würde warten, bis Mrs. Whitbread ihre Arbeit beendet hatte, und ihr dann folgen. Seine Hoffnung, dass sie ihn vielleicht zu Miriam. führen könnte, war sehr groß. In der Zwischenzeit würde er sich etwas zu essen besorgen und sich möglichst von Robb fern halten, wenn dieser wieder auftauchte, um selbst mit Mrs. Whitbread zu sprechen.
    Er schlenderte über den Gehsteig und kaufte einem Händler ein Sandwich mit Rindfleisch und Zwiebeln ab. Es war frisch, und er verzehrte es mit beträchtlichem Appetit. Und weil es so gut mundete, leistete er sich noch ein zweites. Er fragte sich, wie Robb Mrs. Whitbread gefunden haben mochte. Es war eine anerkennenswerte Leistung und nötigte ihm einigen Respekt ab.
    Er musste in Sichtweite von Mr. Hornchurchs Haus bleiben, gleichzeitig aber durfte Robb ihn bei seiner Rückkehr nicht bemerken.
    Er nahm an, dass dieser auf demselben Weg zurückkommen würde, über den er ihn hatte weggehen sehen, daher war er mehr als überrascht, als er Robbs Stimme direkt hinter sich hörte und ihn, als er herumfuhr, mit grimmiger Miene vor sich stehen sah.
    »Warten Sie auf mich, Inspektor Monk?«, fragte er eisig. Monk war, als hätte man ihn geohrfeigt. Mit einem einzigen Satz hatte Robb gezeigt, dass er von Monks Vergangenheit bei der Polizei wusste. Und er wusste auch, dass er für seine Tüchtigkeit wie auch für seine Skrupellosigkeit bekannt gewesen war. Er sah es in seinem wachsamen, herausfordernden Blick. Monk spürte auch den Zorn des anderen Mannes und noch etwas anderes, das vielleicht Furcht war.
    Hatte es einen Sinn zu lügen? Er wollte sich Robb nicht zum Feind machen, weder aus praktischen noch aus persönlichen Gründen. Seine erste Sorge galt Miriam. Möglicherweise hing ihre Freiheit, vielleicht sogar ihr Leben, von seinem Verhalten ab.
    Er verlagerte sein Gewicht, um ein wenig lockerer zu wirken. Dann hob er die Augenbrauen. »Eigentlich hatte ich gehofft, Ihnen aus dem Weg gehen zu können«, sagte er wahrheitsgemäß.
    Robbs Mund verzog sich. »Sie dachten, ich würde auf demselben Weg zurückkommen, auf dem ich weggegangen war? Das war auch meine Absicht, hätte ich Sie nicht vorhin gesehen, und ich gebe zu, das war reiner Zufall. Aber ich kenne die Gegend hier besser als Sie, das ist ein Vorteil. Ich habe mich gefragt, ob Sie

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