In fremderen Gezeiten
die Turbet gewesen … ein Schiff aus Barbados. Schon damals hatte er gewusst, dass er jeden an Bord hätte töten sollen, damit niemand übrig blieb, der Zeugnis ablegen konnte, aber er hatte es nicht über sich gebracht, den Befehl zu erteilen … und außerdem hätte David Herriot niemals stillschweigend mitangesehen, wie Menschen, mit denen er sein Leben lang gesegelt war, ermordet wurden.
Und bei der Vorstellung, jetzt seine Frau wiederzusehen, wurde er beinahe ohnmächtig. Sie war schon eine zänkische alte Vettel gewesen, noch bevor er – wie widerstrebend auch immer! – zu seiner verbrecherischen Unternehmung aufgebrochen war, und er erwachte noch immer regelmäßig schweißgebadet, während ihre geringschätzigen Rufe noch in seinen Ohren widerhallten: » Geh weg von mir, du brutaler Klotz! Du mieses Schwein!« Immer war er aus dem Haus geflohen, aus seinem eigenen Haus, und hatte gezittert, beseelt von dem Wunsch, Gattenmord oder Selbstmord zu begehen … oder beides.
Aber eine Rückkehr nach Barbados und zu ihr war das, was die Zukunft für ihn bereit hielt … es sei denn, er konnte die Pläne zunichtemachen, die Schwarzbart für ihn hatte. Und so hatte er am vierzehnten September Herriot in die Stadt geschickt, damit er so viele Mitglieder seiner ursprünglichen Mannschaft, wie er nur finden konnte, zusammentrieb – er wollte niemanden, der in der Vergangenheit mit Schwarzbart oder Davies gesegelt war – und sie an Bord der Revenge brachte. Das Schiff war keine Beute der Piraterie – er hatte für jede Planke und jeden Fußbreit des Riggs bezahlt –, und so hatten die Hafenbehörden keine Einwände dagegen, dass er mit ihr auslief. Sobald sie den Hafen verlassen hatten, ließ er seine Männer den Namen vom Heck abkratzen und stattdessen Royal James auf die Bretter malen.
Und dann hatte Bonnett sich daran gemacht, seine Begnadigung so gründlich und so schnell wie möglich zu verwirken. Bevor die Sonne an diesem Mittwoch unterging, hatte er ein Schiff gekapert, und während der nächsten zehn Tage kaperte er noch elf weitere. Die Beute war nicht wertvoll – Tabak, Schweinefleisch, Eisenwaren und Nadeln –, aber er betrieb demonstrativ Seeräuberei. Er sagte den Mannschaften der ausgeraubten Schiffe, sein Name sei Kapitän Thomas, denn er wollte nicht, dass Schwarzbart von seinem Rückfall in die Freibeuterei erfuhr, solange er nicht sicher außer Reichweite war.
Um das zu bewerkstelligen, beschloss er, Schwarzbarts für sich selbst geplante Untergangsszene zu stehlen. Als er noch ganz unter Schwarzbarts Kontrolle gestanden hatte, war Bonnett der Einzige gewesen, mit dem der Piratenkönig seinen Plan – sich absichtlich besiegen zu lassen – zu diskutieren gewagt hatte. Allerdings setzte Bonnett sich damit jetzt ein bescheidenes Ziel, denn während Schwarzbart plante, sich töten zu lassen, um Unsterblichkeit zu erlangen, hoffte Bonnett lediglich auf einen schnellen Tod oder, wenn das nicht möglich war, eine Verhandlung mit anschließender Erhängung fern von Barbados.
Er segelte die Royal James den Cape Fear River hinauf, angeblich um sie für Reparaturen aufzulegen – sorgte aber dafür, dass der Kapitän und die Mannschaft des letzten Schiffes, das er kaperte, sahen, wo sein Ankerplatz war, bevor er sie freiließ.
Piratenjäger des Gouverneurs unter Colonel Rhett waren am Abend des sechsundzwanzigsten entgegenkommenderweise an der Flussmündung eingetroffen; und Bonnett sorgte dafür, dass sein vorgetäuschter Fluchtversuch bei Ebbe am nächsten Morgen stattfand. Obwohl Herriot ihn angesichts der Undurchführbarkeit seiner letzten Befehle erstaunt angestarrt hatte, war es Bonnett gelungen, das Schiff in einer Position auf Grund zu setzen, aus der man es unmöglich verteidigen konnte. Im letzten Moment hatte Bonnett versucht, seine eigenen Pulverfässer explodieren zu lassen, was seine Überreste und die der meisten seiner Matrosen über die sumpfige Landschaft versprengt hätte, aber man hielt ihn auf, bevor er die Lunte entzünden konnte.
Dann hatte man ihn nach Charles Town zurückgebracht – in Ketten. Seine Mannschaft wurde prompt im Versammlungshaus der Wiedertäufer am Südende der Stadt eingesperrt, unter der Bewachung einer vollen Kompanie Miliz … aber Bonnett und Herriot hielt man einfach im Wachhaus südlich der Stadt gefangen, an den Ufern des Ashley River, mit nur zwei Männern zu ihrer Bewachung.
Eines Abends, zwei Wochen nach ihrem Eintreffen dort, waren beide Wachen
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