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In fremderen Gezeiten

In fremderen Gezeiten

Titel: In fremderen Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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hatten kaum Zeit, ihre Degen zu ziehen, bevor die brüllenden Piraten über ihnen waren.
    Während der ersten Sekunden herrschte auf dem Deck ein chaotisches Wirrwarr von wildem Heulen, Klirren, Stampfen, Hauen, untermalt von gelegentlichen Pistolenschüssen, während die Piraten sich mit ihren schweren Entermessern durch die Linie der Marinesoldaten hieben und sie sich dann von der anderen Seite erneut vornahmen. Viele Marinedegen zerbrachen bei dem Versuch, die schweren Schläge der ungeschlachten Entermesser zu parieren. Das Deck war schon bald schlüpfrig von dem Blut, das aus Armstümpfen spritzte, aus aufgerissenen Bäuchen und aufgeschlitzten Kehlen, und die Luft, die von Gebrüll und Geklirr erzitterte, stank nach dem heißen Eisengeruch von frischem Blut.
    Aber die Marinesoldaten hatten doch die ganze Zeit über nach Möglichkeit versucht, den mächtigen, weiten Hieben der Entermesser auszuweichen, statt ihre eigenen, schwächeren Klingen damit zu messen, und nach den ersten furchtbaren Minuten schwangen die keuchenden, schwitzenden Piraten ihre zehn Pfund schweren Stahlbrocken nicht mehr mit der Schnelligkeit und dem Nachdruck, mit dem sie den Kampf begonnen hatten, und die leichten Rapierklingen konnten immer häufiger an den langsameren Schlägen vorbei ihr Ziel finden und den Piraten Kehle, Augen oder Brust durchstoßen. Obwohl weniger spektakulär verwundet, fielen jetzt ebenso viele Piraten wie Marinesoldaten.
    Schwarzbart kämpfte am Mast, Rücken an Rücken mit einem seiner Männer. Aber als eine Rapierspitze dem niedersausenden Entermesser seines Partners auswich und zustieß, um diesem das Herz zu durchbohren, und der Pirat sofort erschlafft auf die Planken fiel, trat Schwarzbart vom Mast weg und zog mit der Linken seine letzte Pistole.
    Der Marineleutnant, der direkt vor ihm stand, zog seine.
    Beide Schüsse fielen fast gleichzeitig, aber während Schwarzbarts Kugel ihr Ziel verfehlte, traf die Kugel des Leutnants den gewaltigen Piraten im Bauch.
    Der Schuss warf ihn zurück, aber einen Moment später brüllte Schwarzbart und sprang vor; er ließ sein Entermesser in einem Hieb herabsausen, der die Degenklinge des Leutnants knapp über dem Griff abbrach. Schwarzbart hob das Entermesser erneut, um dem Mann den Kopf zu spalten – aber ein anderer Marinesoldat schlug dem Piraten die schwere, axtähnliche Klinge einer Hellebarde in die linke Schulter, knapp am Ohr vorbei. Das Schlüsselbein brach mit einem hörbaren Knacken und der Pirat wurde auf ein Knie gezwungen. Er hob den Kopf, und dann streckte er unglaublicherweise seine massigen Beine, stand auf und taumelte gerade in dem Moment rückwärts, als die Hellebarde wieder herabsauste, sodass sie ihm Stirn und Wange aufriss, statt ihm den Schädel zu zertrümmern.
    Schwarzbart hatte die abgefeuerte Pistole fallen lassen, aber seine unversehrte rechte Hand umklammerte noch immer das Entermesser, und er schwang es in weitem, seitlichem Bogen durch den Hals des Hellebardenträgers. Kopf und Körper des Mannes rollten getrennt über das Deck davon.
    Eine weitere Pistole wurde direkt auf Schwarzbarts Brust abgefeuert, und als er zurücktaumelte und überall um ihn herum Blut auf Deck verspritzte, wurden ihm zwei Rapiere tief in den Rücken getrieben; er wirbelte so schnell herum, dass eine der Klingen in ihm abbrach und er mit dem ausgestreckten Entermesser dem Mann, der nur noch den Griff seines Degens in der Hand hielt, den Arm zerschmetterte. Zwei weitere Schüsse trafen ihn und eine weitere Klinge bohrte sich ihm tief in die Seite.
    Endlich bekam er wieder festen Stand und richtete sich zu seiner vollen Größe auf – die Marinesoldaten wichen ängstlich zurück –, und dann stürzte er, aufrecht wie ein gefällter Baum, nach vorn, und das nasse Deck erzitterte unter seinem Aufprall.
    » Großer Gott«, stieß der Leutnant aus und setzte sich abrupt hin. Seine von der Erschöpfung angespannten Hände krampften sich noch immer um die abgefeuerte Pistole und das zerbrochene Schwert.
    Nach einer Pause hob einer der Marinesoldaten Schwarzbarts Entermesser auf, kniete sich neben den Leichnam und hob die schwere Klinge über den Kopf; offensichtlich versuchte er zu erraten, wo unter dem Gewirr verfilzten schwarzen Haars der Hals des Piratenkönigs war. Einen Moment später entschied er sich und schwang die Klinge; sie durchschlug knirschend Schwarzbarts Rückgrat und bohrte sich in die Decksplanken, und Schwarzbarts abgetrennter Kopf rollte herum, um

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