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In fremderen Gezeiten

In fremderen Gezeiten

Titel: In fremderen Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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Er drehte sich zur Leiter um, dann hielt er inne und winkte, ohne sich umzublicken, über seine Schulter Miller zu und den Männern, die sich über die Kanonen beugten. » Ähm … vielen Dank.«
    Wieder auf Deck sah er, dass der Tag tatsächlich angebrochen war. Das schwache Rosa im Osten hatte sich zu einem den ganzen Himmel überspannenden hellen Schein ausgebreitet. Eine Reihe von Pelikanen flatterte halbhoch über dem Sand vorbei und querab auf Backbord huschte eine Handvoll stelzenbeiniger Vögel emsig auf dem Strand von Ocracoke umher.
    » Da kommen sie, Käpten«, sagte Richards grimmig.
    Die Segel der beiden Schaluppen aus Virginia waren jetzt gesetzt worden und standen voll im Wind, aber die schmalen Rümpfe glitten wegen der vielen Sandbänke nur langsam durch das ruhige, silbrige Wasser.
    » Ich frage mich, ob sie einen Lotsen haben, der das Inlet kennt«, überlegte Richards laut.
    Eine der Schaluppen lief auf und stand so schnell, dass sich die Masten bogen; einen Moment später saß auch die andere fest.
    » Nein«, sagte Schwarzbart, » haben sie nicht.« Ich hoffe, dachte er grimmig, dass all das nicht umsonst war. Ich hoffe, diese Leute von der Navy sind keine inkompetenten Idioten.
    Er konnte Wasser spritzen sehen, als die Matrosen auf den Schaluppen begannen, Ballast über Bord zu werfen. Beeilt euch, ihr Narren, dachte er. Das Wasser läuft ab. Und wenn ich nicht … bis Weihnachten, und das sind nur noch fünf Wochen, umgepflanzt bin, werde ich sie verpassen, und Hurwood wird sein albernes eheliches Zauberkunststückchen ausgeführt und sie verbraucht haben.
    Er wünschte, er hätte früher erfahren – oder erraten –, dass seine Heiratsmagie bei gewöhnlichen Frauen nicht länger wirkte. Schon früh in seiner Laufbahn als Magier hatte er entdeckt, dass Magie weibliche wie männliche Aspekte hatte und dass kein Mann aus eigener Kraft ausreichenden Zugriff auf die weiblichen Bereiche erlangen konnte. In der Vergangenheit hatte er das Hindernis stets überwunden, indem er sich durch ein Sakrament mit einer Frau verband und dieses Band, das sie im Wesentlichen zu gleichberechtigten Partnern machte, dann benutzte, um seine ansonsten einseitigen magischen Fähigkeiten zu vervollkommnen. Die bequeme Verfügbarkeit von frischen Ehefrauen hatte ihn achtlos gemacht, was die einzelnen betraf, und sie waren alle kurz nach der Hochzeit gestorben oder wahnsinnig geworden, während er sie verbrauchte, und diejenige, die heute zur Witwe werden würde, war seine vierzehnte.
    Sie würde jetzt sechzehn Jahre alt sein und war noch immer hübsch gewesen, als er sie das letzte Mal gesehen hatte, damals im Mai. Er hatte sich zuvor ziemlich heftig mit ihr verbunden und die der Magie fähigen Bereiche ihres weiblichen Verstandes benutzt, um Bonnett unter Kontrolle zu halten – aus irgendeinem Grund war Bonnett empfänglicher für die weiblichen Aspekte der Magie gewesen –, und hatte dabei zu guter Letzt ihren Geist gebrochen. Sie lebte jetzt in einem Irrenhaus in Virginia, und als er sie im Mai dort besucht hatte, um festzustellen, ob sie ihm noch von Nutzen sein konnte, hatte sie geschrien und war vor ihm geflohen, dann hatte sie ein Fenster zerbrochen und versucht, sich mit einem langen Glassplitter das Leben zu nehmen. In der darauf folgenden Verwirrung hatte man eine Hebamme und einen Priester gerufen, denn die Wärter, die sie eingefangen hatten, waren zuerst davon ausgegangen, dass sie versuchte, eine Abtreibung vorzunehmen.
    Aber jetzt war Schwarzbart in seinem magischen Status weit über jede durchschnittliche Frau hinaus. Er hatte eine andere Ebene erreicht, er hatte im Erebus sein Blut vergossen … und so konnte er sich gewinnbringend nur mit einer Frau verheiraten, die gleichfalls dort ihr Blut vergossen hatte.
    Soweit er wusste, gab es unter den Lebenden nur eine einzige Frau, die das getan hatte.
    » Wir könnten versuchen, an ihnen vorbeizukommen, während sie festsitzen«, bemerkte Richards vorsichtig. » Ich denke, wenn wir …« Er seufzte. » Vergiss es. Sie sind schon wieder frei.«
    Schwarzbart unterdrückte ein befriedigtes Grinsen, während er hinüberspähte. » In der Tat.«
    » Oh Gott«, murmelte Richards heiser, » das ist genau die Art und Weise, wie sie sich vor zwei Monaten Bonnett geschnappt haben – sie haben ihn morgens bei Ebbe in einer der Durchfahrten gestellt.«
    Schwarzbart runzelte die Stirn. » Du hast recht«, knurrte er.
    Richards schaute zu ihm auf und hoffte

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