Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In fremderen Gezeiten

In fremderen Gezeiten

Titel: In fremderen Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
Vom Netzwerk:
todesmutigen Rolle, die er bei der Flucht von diesem Navyschiff gespielt hatte, und es half, die Unterstützung von Davies’ altem Bocor zu haben, obwohl sein bevorstehender Tod alles zu sein schien, worüber der Mann noch reden konnte; aber darüber, wie sehr das Vertrauen der Männer in ihn durch die drei Monate trunkener Apathie in New Providence gelitten hatte, konnte er nur Mutmaßungen anstellen.
    » Shandy weiß, was er tut«, brummte ein zahnloser alter Kerl.
    Skank nickte mit einer gewissen Überzeugungskraft. » Sicher«, sagte er. » Wir kämen nicht nach Grand Cayman zurück, bevor der Sturm uns überholen würde.«
    Shandy war sehr dankbar, denn er wusste, dass Skank nicht aufrichtig war.
    Venners Schultern sackten herunter, und sein Grinsen, das zuletzt den Knittern in einem lange nicht gewaschenen Hemd ähnlich geworden war, fand zu seiner vertraut falschen Pracht zurück. » Natürlich weiß er, was er tut«, sagte er heiser. » Ich wollte nur … sichergehen, dass wir alle … einer Meinung sind.« Er drehte sich um, stieß einige Männer aus dem Weg und stolperte zum Achterschiff hinüber, während Shandy Befehl gab, den Klüver einzuholen und Reffs in das Großsegel zu binden.
    Als die Schaluppe unter verminderter Segelfläche weiterlief und Shandy innehielt, um zu der Wolke hinaufzuspähen, die sie jetzt in Schatten hüllte, tippte Skank ihm auf die Schulter und zog ihn mit einer ruckartigen Kopfbewegung beiseite.
    » Was ist los?«, fragte Shandy mit angespannter, gepresster Stimme.
    » Venner ist alles andere als erfreut«, bemerkte Skank leise. » Behalte ihn im Auge. Es wird heute noch passieren, und wahrscheinlich von hinten.«
    » Ah. Nun, danke. Ich werde auf der Hut sein.« Shandy machte Anstalten, sich umzudrehen, aber Skank trat vor ihn hin.
    » Hast du gewusst«, fuhr der junge Pirat hastig fort, » nein, ich denke nicht, dass du es weißt – dass er Davies getötet hat?«
    Shandys Ungeduld war verflogen. » Erzähl es mir«, sagte er. Einige schwere Regentropfen fielen durch die stille Luft, klatschten auf das Deck und zogen lange, dunkle Streifen auf die Segel. Regen vor dem Wind, dachte Shandy und erinnerte sich an die Warnung, die der alte Hodge vor langer Zeit ausgesprochen hatte. » Schoten etwas auffieren«, rief er, dann wandte er sich wieder Skank zu. » Erzähl es mir.«
    » Nun«, sagte Skank schnell und spähte furchtsam zu dem dunklen Himmel empor, während er sprach, » der tote Seemann, der ihn umgebracht hat, wollte eine Minute zuvor dich umbringen – du bist auf das Mädchen in der Luft zugelaufen, und du hast den Toten nicht gesehen, der auf dich gewartet hat. Also lief Phil hin, um das Ding zu erledigen und dich zu retten, kein Problem – aber Venner sah, was er vorhatte, und blockte ihn ab –, Venner war nicht froh gewesen, dass Davies dich zum Quartiermeister gemacht hatte.«
    Es regnete jetzt in Strömen und noch immer hatte der Wind sie nicht erreicht. » Noch ein Reff ins Groß«, rief Shandy beklommen.
    » Es hat Davies aus dem Tritt gebracht«, fuhr Skank fort, » als Venner ihn anrempelte; aber Davies lief trotzdem weiter, konnte jedoch den Mann nicht mehr gut genug erwischen, um ihn mit einem Schlag zu erledigen. Mit dem zweiten Schlag hat er ihm dann den Kopf abgehauen, aber inzwischen hatte er ihm schon sein Entermesser in den Leib gerammt.«
    Dann traf die erste Sturmbö sie, und selbst unter gerefften Segeln verlor die Jenny sofort alle Fahrt, lief aus dem Ruder und legte sich so scharf über, dass die Männer sich an allem Verfügbaren festhalten mussten, um nicht an Backbord gegen das Schandeck geworfen zu werden. Der Mast lag fast in der Waagerechten.
    Kurz nach den ersten Böen kamen hohe Wellen, und Skank taumelte zum Achterschiff, um dem Rudergänger beizustehen, die Schaluppe gegen den Druck der anstürmenden See auf Kurs zu halten. Langsam, gegen den Widerstand der See und der pfeifenden Böen, richtete sich das Schiff wieder auf.
    Während die Jenny auf einer gischtgekrönten Welle balancierte und dann auf der anderen Seite in den Wellentrog hinunterglitt, das Ruder für mehr als einen Augenblick aus dem Wasser kam und der Bugspriet von dem nächsten grauen Wasserberg verschluckt wurde, hielt Shandy die Luft an und rechnete damit, dass die Spiere brach oder der Bug und der ganze Rumpf ihr in die See folgen würden, um nie wieder aufzutauchen. Aber nach acht schnellen Herzschlägen tauchte der Bug der Schaluppe wieder auf, mit unbeschädigtem

Weitere Kostenlose Bücher