In fremderen Gezeiten
richtigen Körperbau ausgewählt und ihm schroff gesagt, er solle ins Haupthaus kommen. Ohne Erklärung hatte er den Mann in sein Schlafgemach geführt und ihm einen mit einer Droge versetzten Wein gegeben, und als die verwunderten Augen des Mannes sich schließlich in Bewusstlosigkeit schlossen, hatte Hicks ihn ausgezogen, seine Kleider in den Kamin geworfen und dem schlaffen Mann sein eigenes Nachthemd angezogen. Er hatte eine Donnerbüchse mit einer doppelten Handvoll Ringe und Münzen und Goldketten beladen und den ganzen Rest seines Goldes und Schmucks in drei Truhen gepackt. Segundo war mit mehreren krank aussehenden, aber kräftigen Seeleuten vor Einbruch der Morgendämmerung zurückgekehrt, und das Letzte, was Sebastian Chandagnac tat, bevor er das Haus seiner Vorfahren verließ und den Namen Joshua Hicks annahm, war ein Schuss mit der Waffe in das Gesicht des bewusstlosen Dieners. Der Rückstoß bescherte ihm ein verstauchtes Handgelenk, und er war entsetzt von dem Lärm und der angerichteten Zerstörung – der Schuss vernichtete eine ganze Seite des Raums und ließ den Kopf des Dieners in eine Million Stücke explodieren und direkt durch das geschlossene Fenster in den Garten fliegen.
Segundo war jedoch bester Laune gewesen, und als sie in einem von vier Pferden gezogenen Wagen davongefahren waren, hatte er behauptet, in der Lage zu sein, dass Blut des ermordeten Dieners in der nächtlichen Brise riechen zu können. » Das ist es, worauf ich jetzt aus bin«, hatte er bemerkt, während er die Peitsche auf die Pferde niedersausen ließ. » Ich habe so ziemlich allen Wohlstand, den ich brauche – was ich jetzt brauche, ist Meerwasser und Blut – geradezu wahnsinnige Mengen frischen, roten Blutes.« Sein herzhaftes, beinah jungenhaftes Gelächter hallte zwischen den Kokospalmen und Brotfruchtbäumen zu beiden Seiten der zum Meer führenden Straße wider. Sebastian Chandagnac, der jetzt auf seinem Balkon in Jamaika saß, grinste unglücklich in seinen Brandy. Ja, dachte er, ich hätte warten und die Sache mit Schwarzbart selbst nachprüfen sollen. Segundo wollte lediglich einen absolut zuverlässigen Diener – eine Marionette mit guten Manieren, die das Mädchen oben bewacht und, wenn Segundo bis Weihnachten nicht zurück sein sollte … wie hatte Segundo es ausgedrückt … » das Ritual vollführt, dass sie zu einem leeren Gefäß machen wird, bereit, neu gefüllt zu werden.« Ich bete zu Gott, dass er vor Weihnachten zurückkommt – nicht nur weil ich den Gedanken an die Vollziehung dieses Rituals nicht ertragen kann, das er mich auswendig zu lernen gezwungen hat, sondern auch wegen des Essens, das ich am Weihnachtsabend hier geben werde. Nachdem ich all die lästige Mühe auf mich genommen habe, mir einen Bart wachsen zu lassen, für den Fall, dass jemand mich als Sebastian Chardagnac erkennen könnte, wäre es eine Schande, wenn ich an meiner eigenen Feier über und über bedeckt mit Blut, Hühnerfedern und Graberde teilnehmen würde.
Chandagnac schüttelte bekümmert den Kopf und dachte an das Haus und die Plantage, die er in Port-au-Prince zurückgelassen hatte … für nichts und wieder nichts. Er bekam regelmäßige Zahlungen von einer von Segundos Banken, aber für all das, was er Segundo überschrieben hatte, war niemals eine Zahlung vereinbart worden, und erst vor einer Woche hatte er bei einem kurzen Gespräch mit dem Postboten erfahren, dass Schwarzbart getötet worden war – nicht gefangen genommen –, und das Mitte November: volle drei Monate nach dem mitternächtlichen Gespräch, währenddessen Segundo Chandagnac überzeugt hatte, dass Schwarzbart gefangen worden sei und jeden beschuldige, an den er sich erinnerte.
Er hörte, dass im oberen Stockwerk die Tür geschlossen wurde und anschließend der Messingriegel vorgelegt. Er sprang auf die Füße, kippte hinunter, was noch in seiner Teetasse war, dann nahm er die Karaffe, rannte zurück ins Haus und hoffte, sich in seinem Schlafgemach einschließen zu können, bevor die grässliche Krankenschwester nach unten kam.
Kapitel 25
Hoch im Rigg, mit beiden Füßen auf der obersten Rah und an die Stenge gelehnt, ließ Jack Shandy endlich sein Teleskop sinken, nachdem er fast eine Viertelstunde auf die Wellen gestarrt hatte, die duftigen Wolken am Himmel und, am eindringlichsten, auf die massive, dunkle, scharf umrandete Wolke, die am östlichen Horizont anschwoll. Er ging im Geiste alle Wetterregeln durch, die er von Hodge und Davies
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