In fremderen Gezeiten

Seiten abzuwehren.
    » Flechtet Ihr einen Korb?«, fragte Beth Hurwood hinter ihm.
    Er hatte sie nicht näher kommen hören, und für einen Moment wollte er gereizt antworten, aber dann grinste er. » Es soll eine Hütte werden, in der ich schlafen kann.«
    » Es wäre einfacher, etwas in der Art eines Indianerzeltes zu bauen – hier, ich zeige es Euch.«
    Es war ein Tag im Juli gewesen, während der Überholung der Carmichael; Beth hatte ihm gezeigt, wie man einen viel stabileren Bau zustande brachte, und es hatte einen Moment gegeben, in dem sie auf den Zehenspitzen stand, um eine Schnur um die Spitzen der Stangen zu binden, und mit ihm zusammengestoßen war, und für einen Augenblick hatte sie in seinen Armen gelegen, und ihre braunen Augen und das kupferrote Haar hatten ihn schwindlig gemacht, erfüllt von einem Gefühl, das körperliche Anziehung nur in dem Maße mit eingeschlossen hatte, wie ein Orchester eine Gruppe Blechbläser mit einschließt. Es war eine Erinnerung, die in seinen Träumen häufig wiederkehrte.
    Doch diesmal würde es anders sein. Diesmal benutzte sie Hammer und Nägel statt Zwirn, und ihre Augenlider und Lippen waren so weit geöffnet, wie sie sich öffnen ließen, und ihre Zähne und das Weiß in ihren Augen funkelten in der Tropensonne, während sie seine Arme um die Bambuspfosten legte und ihm den ersten Nagel hinhielt …
    … und wieder stand er auf dem Deck der Carmichael und blinzelte Hurwood an.
    Hurwood wirkte jetzt unverkennbar unbehaglich. » Was zur Hölle stimmt mit Eurem Verstand nicht?«, knurrte er. » Er ist wie eine durchdrehende Schraube.«
    Shandy war geneigt, ihm Recht zu geben. Er versuchte immer wieder, sich daran zu erinnern, was er hier tat, und wann immer er den Albtraumkampf verfolgte, der um ihn herum ausgefochten wurde, war er aufs Neue erstaunt und entsetzt. Und jetzt, wie um all seine vorausgegangene Orientierungslosigkeit zu übertreffen, drückte sich das Deck nicht länger gegen seine Stiefelsohlen, und er begann langsam und ungestützt in die Luft aufzusteigen.
    Instinktiv streckte er die Hände aus, um sich festzuhalten – und was er zu fassen bekam, war nicht die Reling oder die Takelage, sondern der Griff seines Säbels. Die herausragende Kompassnadel stach ihm in die Handfläche, aber der gleiche Impuls, der ihn getrieben hatte, den Säbel zu packen, trieb ihn dazu, ihn festzuhalten. Er begann zu sinken und einige Sekunden später stand er wieder auf Deck.
    Er schaute sich um: Die Kämpfe tobten genauso schrecklich wie zuvor, obwohl für ihn alle Geräusche immer noch gedämpft waren, aber keiner der Kämpfer kam in Hurwoods oder Shandys Nähe – anscheinend betrachteten sie ihr Duell als eine Privatangelegenheit.
    Auf Hurwoods Gesicht stand ein Ausdruck erschrockenen Staunens, und er sagte etwas, zu leise, als dass Shandy es hätte hören können. Dann zog der alte Mann einen eigenen Degen und kam leichtfüßig auf ihn zugelaufen.
    Shandy umklammerte noch immer unter Schmerzen sein eigenes Schwert und riss es jetzt gerade rechtzeitig aus seinem Gürtel, um Hurwoods Degenspitze mit einer unbeholfenen Parade seitwärts zu schlagen, dann sprang er zurück und parierte etwas leichter den nächsten Stoß, den Hurwood führte, und dann den übernächsten. Die grauen Unterarme, die an seiner Jacke befestigt waren, baumelten hin und her und stießen auf übelkeiterregende Weise gegeneinander.
    Blut von seiner aufgerissenen Hand machte den Säbelgriff schlüpfrig, und jedes Mal, wenn seine Klinge gegen Hurwoods prallte, bohrte sich die Kompassnadel in das Fleisch seiner Handfläche und sandte einen scharfen Schmerz seine Schulter hinauf.
    Hurwood stieß ein raues, kurzes Lachen aus und griff mit einem Ausfall an, aber Shandy ballte die Faust um dem Säbelgriff – was die Nadel noch tiefer in seine Hand trieb – und fing die zustoßende Klinge mit einer Korkenzieherbindung ab, die das Rapier aus Hurwoods Fingern schlug; der Schmerz war so groß, dass Shandy für einen Moment schwarz vor Augen wurde, aber mit einer letzten Drehung schleuderte er Hurwoods Schwert über die Reling, dann starrte er einfach auf das Deck und holte tief und keuchend Atem, bis seine Sicht wieder klar wurde.
    Hurwood war rückwärts gestolpert, und nun blickte er zur Seite und zeigte herrisch auf Shandy. Offensichtlich war ihr Duell nicht länger eine Privatangelegenheit.
    Einer der verwesten Matrosen torkelte gehorsam über das Deck auf sie zu; seine Kleider waren zerlumpte