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In fremderen Gezeiten

In fremderen Gezeiten

Titel: In fremderen Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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folgte ein allgemeines Knurren der Zustimmung, denn die meisten seiner Männer hatten die vergangene Nacht durch an den Lenzpumpen gearbeitet und sich auf gelegentliche kurze Pausen gefreut, in denen sie ein oder zwei Hände voll nasser Zwiebäcke herunterwürgen konnten; und das Rumfass war während des Sturms freigekommen und zerbrochen.
    » Ist irgendetwas von unserem Pulver trocken geblieben?«, erkundigte Shandy sich.
    Skank zuckte die Achseln. » Vielleicht.«
    » Hm. Nun, wir wollen die Orpheus sowieso nicht zerstören.« Er ließ das Teleskop sinken. » Vorausgesetzt, unser Mast bricht nicht ab, sollten wir auf Südkurs gehen und sie abfangen können … und dann sollten wir, denke ich, einfach versuchen, die Orpheus zu entern.«
    » Entweder das oder nach Jamaika schwimmen«, stimmte ein zerlumpter, rotäugiger junger Pirat zu.
    » Meinst du nicht, dass er versuchen wird zu fliehen, wenn er sieht, dass wir hinter ihm her sind?«, fragte Skank.
    » Vielleicht«, entgegnete Shandy, » obwohl ich wette, dass wir ihn einholen können, selbst in unserem Zustand – und außerdem machen wir wohl keinen allzu einschüchternden Eindruck.« Er hob das Teleskop erneut. » Nun, vergiss es«, sagte er einen Moment später. » Sie kommt auf uns zu.«
    Es folgte ein Augenblick des Schweigens. Dann bemerkte einer der Älteren grimmig: » Ich schätze, er hat in diesem Sturm einige Männer verloren. Er wird Ersatz wollen.«
    Skank biss sich auf die Unterlippe und sah Shandy stirnrunzelnd an. » Als du das letzte Mal mit ihm gekämpft hast, hat er dich einfach ins Meer geworfen. Was verleitet dich zu der Annahme, dass das nicht wieder passieren wird?«
    Shandy hatte über diese Frage nachgedacht, seit sie von New Providence aufgebrochen waren. Im Blut, erinnerte er sich, hatte Gouverneur Sawney gesagt, ist offensichtlich Eisen. Verbinde dein Blut mit dem kalten Eisen des Schwertes. Lass die Teilchen des Blutes und des Eisens sich ausrichten, wie eine Kompassnadel sich nach Norden ausrichtet. Oder umgekehrt. Es ist alles relativ …
    Shandy grinste, ein wenig kränklich trotz seiner besten Bemühungen. » Wir tun gut daran, genau das alle zu hoffen. Bringt mir einen Säbel zum Kompass … und einen Hammer und einen schmalen Meißel.«
    Die Orpheus hatte tatsächlich gewendet und lief jetzt mit achterlichem Wind direkt auf die Jenny zu. Die Morgensonne hinter ihr warf die Schatten ihres Riggs und ihrer Masten auf die glänzenden Segel. Shandy hielt ein Auge auf sie, während er mit Hammer und Meißel an dem Griff des Säbels arbeitete, den Skank ihm gebracht hatte, und als die Orpheus noch eine Viertelmeile entfernt war, richtete er sich auf und hielt das Schwert an der Klinge hoch.
    Er hatte die Lederumhüllung und die Hälfte des Holzgriffs weggehauen und das Eisen bloßgelegt, das die Klinge mit dem beschwerten Knauf verband, und genau dort, wo der Handballen eines Schwertkämpfers Druck ausübte, hatte er einen schmalen Spalt in den Stahl gemeißelt.
    Shandy stand auf und lehnte sich an die Kompasssäule. Dann schaute er durch das Glas hinunter. » Falls es, nun, falls es heute Morgen schlecht für uns laufen sollte«, sagte er zu Skank, der ihn während der letzten Minuten verständnislos angestarrt hatte, » lauf östlich an ihm vorbei – in dem Zustand, in dem sich die Carmichael befindet, kann sie ebenso wenig kreuzen wie fliegen – und versuch, Jamaika zu erreichen.«
    » Dazu sollte es besser nicht kommen.«
    Shandy lächelte und irgendwie ließ ihn das noch müder aussehen. » Richtig.« Er hob den Hammer und ließ ihn auf das Glasgehäuse des Kompasses herunterkrachen, dann ließ er den Hammer fallen und tastete unter den Glasscherben herum; einen Moment später hob er die Kompassnadel mit blutigen Fingern hoch. » Sag den Leuten, sie sollen Enterhaken und Leinen bereithalten. Mit etwas Glück können wir entern, bevor er überhaupt begreift, dass wir ihn angreifen.«
    Skank stöhnte schwach, nickte jedoch und eilte davon.
    Shandy schob sorgfältig das nordweisende Ende der Kompassnadel in den Spalt, den er in den Griffzapfen des Säbels geschnitten hatte, dann ging er in die Hocke, hob den Hammer wieder auf und klopfte die Nadel in ihrer Position fest.
    Vorsichtig schob Shandy den präparierten Säbel in seinen Gürtel und dann atmete er für eine Minute einfach mit geschlossenen Augen tief durch. Als die Ascending Orpheus herangerauscht kam, sich mit einer scharfen Halse an Backbord der Jenny setzte und ihren

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